Kurz & bündig
- Eine Begleitgruppe soll im Kanton St. Gallen Landwirten bei Tierschutzproblemen helfen.
- Hintergründe für Tierschutzverstösse liegen oft im persönlichen Bereich.
- Die Zusammenarbeit zwischen Landwirt und Begleitgruppe basiert auf Vertrauen und Stillschweigen gegenüber aussen.
- Für den Landwirt entstehen keine Kosten.

Es ist zwar selten, aber es kommt immer wieder vor, dass das Veterinäramt wegen Tierschutzverstössen ein Tierhalteverbot androht. Der St. Galler Bauernverband SGBV bietet betroffenen Landwirten Unterstützung durch die «Begleitgruppe Nutztierhaltung» an.

Die Gründe liegen oft im persönlichen Umfeld

Meistens verfügt das kantonale Veterinäramt ein Tierhalteverbot wegen einer Summe von Mängeln. Schlechte Pflege und Fütterung, zu wenig Platz oder ein schlechtes Stallklima können solche Mängel sein. Äussere Anzeichen dafür sind, dass Tiere über längere Zeit stark verschmutzt, schlecht ernährt oder krank sind.

Die Hintergründe für Tierschutzverstösse sind oft im persönlichen Umfeld des Landwirtes zu finden. «Es können Überforderung, gesundheitliche oder Beziehungsprobleme sein. Alles spielt zusammen», sagt Andreas Widmer, Geschäftsführer des SGBV.

Die Betroffenen verlieren die Zeit und die Lust, sich mit ihren Tieren zu beschäftigen. Dahinter steckt allerdings keine böse Absicht. «Es gibt keinen Landwirt, der mutwillig seine Tiere schlecht hält», sagt Widmer.

Der SGBV hat mit dem kantonalen Amt für Verbraucherschutz und Veterinärwesen AVSV eine Vereinbarung abgeschlossen. Dieses bietet dem betroffenen Landwirt an, die Hilfe der Begleitgruppe des Bauernverbandes in Anspruch zu nehmen.

In der Begleitgruppe auf den Landwirt eingehen

Das Amt gibt die Daten des Landwirtes erst und nur dann an die Begleitgruppe weiter, wenn dieser eine Einverständniserklärung unterschrieben hat. Damit entbindet er das Amt von der Einhaltung des Amtsgeheimnisses gegenüber der Begleitgruppe.

Die Zusammenarbeit des Landwirtes mit der Begleitgruppe basiert auf Vertrauen. «Nur wir wissen davon», betont Widmer, der die Begleitgruppe Nutztierhaltung initiiert hat. Zwei Personen der Begleitgruppe besuchen den Landwirt. «Wir sitzen mit ihm zusammen und fragen, wieso es nicht geht und wo unsere Hilfe gebraucht wird.»

Widmer hat die Erfahrung gemacht, dass die Landwirte auch bei den Ursachen sehr offen sind. Im Gespräch geht er auf die Überlegungen des Landwirtes ein und gibt Anstösse für praxistaugliche Lösungen. Gemeinsam suchen sie nach Lösungen. Bei baulichen Mängeln kommt es auf gute Ideen an, diese geschickt und ohne grossen finanziellen Aufwand zu beheben.

Ist der Landwirt bei der Arbeit überfordert, kann der Bauernverband einen Betriebshelfer oder eine Familienhilfe organisieren. Bei persönlichen Problemen kann er einen Coach vermitteln. Das Coaching ist ein spezielles, gemeinsames Angebot des Kantonalen Bäuerinnenverbandes, des St. Galler Bauernverbandes und des Landwirtschaftlichen Zentrums St. Gallen LZSG.

Gegenseitiges Vertrauen ist das Wichtigste

Die Begleitgruppe besteht aus Mitarbeitern der Geschäftsstelle und des Kontrolldienstes KUT. Es brauche dafür keine Psychologen, sondern Menschen, die das nötige Fachwissen mitbringen und gleichzeitig die Sprache der Landwirte verstehen, erklärt Widmer. Das Wichtigste ist, ein gutes Vertrauensverhältnis aufzubauen.

Die Begleitgruppe möchte dem Landwirt das Leben nicht noch schwerer machen, sondern ihm helfen, aus dem «Schlamassel» herauszukommen. Ihre Herausforderung liegt nicht zuletzt auch in der Vermittlungsrolle zwischen Landwirt und Veterinäramt. Die Lösungen müssen für beide stimmen.

Widmer zieht eine positive Bilanz. «Wir hatten bis jetzt bei allen Betroffenen Erfolg», fasst er zusammen. Es ist aber nicht so, dass alle Landwirte, denen das Veterinäramt ein Tierhalteverbot androht, die Hilfe der Begleitgruppe in Anspruch nehmen. Für manche scheint die Hürde, fremde Hilfe anzunehmen, einfach zu gross, hat Widmer den Eindruck.

Positiver Einfluss auf die Qualität der Tierhaltung

Ziel der Begleitgruppe sei es in erster Linie, den Landwirten zu helfen. Der St. Galler Bauernverband möchte aber auch zu einem hohen Niveau der Tierhaltung beitragen und verhindern, dass die Landwirtschaft als Ganzes wegen Einzelfällen in ein schlechtes Licht gerät.

In den Jahren 2019 und 2020 sei im Kanton St. Gallen insgesamt nur ein Tierhalteverbot für Landwirte ausgesprochen worden, während es in den Jahren davor drei bis fünf pro Jahr gewesen seien.

Ein Teil der Reduktion dürfte auf die Arbeit der Begleitgruppe zurückzuführen sein, die seit 2018 aktiv ist. Obwohl die Arbeit der Begleitgruppe sehr zeitaufwändig ist, ist sie für die Tierhalter gratis. Der kantonale Bauernverband übernimmt die Kosten. Widmer beobachtet im Austausch mit dem Veterinäramt, dass Verstösse gegen den Tierschutz in der Landwirtschaft generell abnehmen. Er folgert daraus, dass sich die Qualität der landwirtschaftlichen Tierhaltung verbessert.

Brancheninterne «Ombudsstelle Tierwohl»
Während die Begleitgruppe Landwirten Hilfe anbietet, denen das Veterinäramt ein Tierhalteverbot androht, will die «Ombudsstelle Tierwohl» der Proviande Tierschutzverstösse möglichst früh branchenintern lösen.

Das Veterinäramt soll nur bei schwerwiegenden Fällen einbezogen werden – oder wenn es keine brancheninterne Kontrollinstanz gibt.
Wer Tierschutzverstösse feststellt, kann diese bei der Ombudsstelle melden. Diese behandelt die Meldung vertraulich – das heisst, der Name der Meldeperson wird nicht weiter gegeben. Die Ombudsstelle involviert die zuständigen Label-/Markenprogramme, an denen der Landwirt teilnimmt, u.a. QM-Schweizer Fleisch, IP-Suisse und Mutterkuh-Schweiz.

Dies gilt nicht nur für Tierhalter, sondern auch für Transportunternehmen und Schlachthöfe.
www.proviande.ch/ombudsstelle-tierwohl