Wenn die Tage kürzer und die Temperaturen niedriger werden, wird es allmählich Zeit, im Wald zu holzen. Fast alle LandwirtInnen haben ein Stück Wald und stehen vor demselben Problem: Wie soll man die Waldpflege richtig angehen?
Klare Ziele helfen, geeignete Strategie zu finden
Philipp Egloff, Co-Leiter des Forstbetriebes der Burgergemeinde Bern, erklärt anhand von Beispielen im Könizbergwald, dass auf verschiedenen Flächen auch unterschiedliche Gegebenheiten herrschen. Egloff betont: «Für Privatwaldbesitzer, also auch für LandwirtInnen, ist es daher äusserst wichtig, klar definierte Ziele zu erarbeiten.»
- Möchte ich meinen Wald zur Holzproduktion nutzen oder als Naturwald und nur geringe Eingriffe tätigen?
- Was will ich produzieren? Will ich Bauholz, Wertholz, Brennholz oder Hackschnitzel produzieren? Die Baumarten sollten entsprechend anders gewählt werden.
Kurz & bündig
Für eine erfolgreiche Naturverjüngung braucht es Samenbäume, eine waldverträgliche Wildtierpopulation und eine Gewährleistung der Lichtsteuerung.
Klar definierte Ziele sind Ausgangspunkt jeder Verjüngungsstrategie.
Das vorhandene Wissen sollte auch abgeholt werden. Förster oder Waldbesitzer-Organisationen fungieren als Beratungsorgan.
Es ist ratsam, die Natur für sich arbeiten zu lassen und erst dann lenkend einzugreifen, wenn sie den gesetzten Zielen entgegenläuft.
Die Musterlösung gibt es nicht; individuelle Beratung hilft
Auch bei den Baumarten gibt es keine Musterlösung. «Das ist ein wenig wie Kaffeesatzlesen. Niemand weiss genau, welche klimatischen Anforderungen die Bäume in 100 Jahren erfüllen sollten», sagt Egloff. Deshalb setzt der Forstbetrieb auf verschiedene Baumarten, welche für den jeweiligen Standort angepasst sind. Letztlich sollen maximal zwei bis drei Zielarten für die Stammholzproduktion und eine oder mehrere Begleitarten pro Parzelle zu finden sein.
Hier sei es zudem wichtig, dass LandwirtInnen das Wissen dort abholen, wo es zu finden ist. Denn Pflegeentscheidungen können ziemlich komplex sein. Förster, Revierförster oder Waldbesitzerorganisationen sollen hierbei eine Beratungsfunktion einnehmen.
Voraussetzungen für eine erfolgreiche Naturverjüngung
Philipp Egloff steht inmitten von jungen Lärchen, Föhren und Eichen im Könizbergwald. Mit weit gespreizten Armen und funkelnden Augen schwärmt er: «Das hier ist ein Traum, so eine Naturverjüngung, alles ist von selbst gewachsen.» Dies ist jedoch nicht immer der Fall, denn für eine erfolgreiche Naturverjüngung braucht es dreierlei Voraussetzungen:
- Es müssen zwingend Samenbäume der Zielart vorhanden sein.
- Der Bestand muss über das Licht gesteuert werden können. Ausgangslage ist ein geschlossenes Kronendach. Auf Kahlflächen nach Stürmen oder Käferbefall ist die Lichtsteuerung nicht mehr möglich.
- Es braucht eine waldverträgliche Wildtierpopulation.
Lichtverhältnisse als Schlüssel zur Artenzusammensetzung
«Der Könizbergwald ist ein super Beispiel, um die Verjüngungsprozesse zu verstehen», sagt Egloff. «Hier kann bereits beobachtet werden, welche Auswirkungen unsere Eingriffe auf die Zusammensetzung der Baumarten haben.» Egloff zeigt zwei Waldstücke mit unterschiedlicher Herangehensweise.
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Auf einer Fläche wurde das Kronendach stark geöffnet, was Lichtbaumarten wie Lärche und Douglasie begünstigte. Diese konnten sich gegen schattentolerante Arten wie Buche und Weisstanne durchsetzen. Auf einer anderen Fläche wurde das Kronendach nur leicht geöffnet, wodurch die Weisstanne erfolgreich wachsen konnte. Ob ein Baum genügend Licht hat, lässt sich einfach feststellen: Wenn die obersten Seitentriebe länger sind als der Haupttrieb, dann hat der Baum zu wenig Licht.
Naturverjüngung erfordert viel Zeit und Geduld
Am Beispiel der Weisstanne erklärt Egloff, wie lange es dauert, bis sich ein Bestand natürlich verjüngt hat. Es werden drei bis vier Eingriffe in einem Intervall von fünf bis sechs Jahren durchgeführt. So braucht es etwa 15 bis 20 Jahre, bis sich ein Bestand natürlich verjüngt.
Wenn der Altbestand erntereif ist, werden mit einem Besamungshieb die nötigen Lichtverhältnisse für die Zielbaumart geschaffen – vorausgesetzt, es sind genügend Samenbäume vorhanden. Der aufkommende Jungwuchs wird mit Lichtungshieben kontinuierlich freigestellt. Beim letzten Eingriff – der Räumung des Altbestandes – wartet im unteren Stockwerk des Waldes bereits die nächste Generation. Bestenfalls sind diese dann schon 10 bis 15 Jahre alt und haben einen Stammdurchmesser von etwa 10 cm.
Manchmal zwingt die Natur zum Handeln
Im Könizbergwald gibt es mehrere Flächen, welche vom Borkenkäfer heimgesucht wurden. Auf den betroffenen Flächen wurden im Abstand von vier bis fünf Metern Jungbäume verpflanzt. Diese wurden mit einer Kunststoffhülle versehen, welche gegen das Fegen und den Verbiss schützen soll.
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Egloff sieht den Gebrauch solcher Hüllen skeptisch. «Uns wäre es lieber, wenn wir auf die Kunststoffhüllen verzichten könnten. Der hohe Wilddruck lässt dies jedoch nicht zu.» Es müssen mit Pflanzungskosten von 15 bis 20 Franken für jeden Baum gerechnet werden. Auf einer dieser Flächen haben sich zum Erstaunen Egloffs nach einigen Jahren neben den gepflanzten Bäumen weitere «wild» gewachsene Arten etabliert. Die Lärche und die Föhre haben sich natürlich verjüngt. Die Standortsverhältnisse erlaubten, dass sich diese erfolgreich ansamen konnten.
Naturverjüngung ist gratis, das Pflanzen hingegen teuer
Die Wirtschaftlichkeit der Naturverjüngung ist immens besser im Vergleich zu einer Pflanzung. Das wird ersichtlich, wenn man die «wild» verjüngte Fläche betrachtet: Wäre eine ähnliche Dichte gewünscht, müssten rund 10 000 Bäume je Hektare verpflanzt werden. So würden sich die Pflanzungskosten auf 150 000 bis 200 000 Franken für eine Hektare belaufen. Dies wäre alles andere als wirtschaftlich.
Deshalb setzt der Forstbetrieb auf eine Mischung aus Naturverjüngung und Pflanzung. Gepflanzt wird meist im Halb-Endabstand (4 bis 5 m) der erwachsenen Bäume und in den Zwischenräumen wird Platz für natürliche Verjüngung gelassen. So hat der Forstbetrieb bei 500 Stück pro Hektare eine genügend grosse Auswahl für die Zukunftsbäume, die bis am Ende der Umtriebszeit stehenbleiben sollen. Die «zu viel» gepflanzten Bäume können im Stangenholzalter als Vornutzung bereits kostendeckend geerntet werden.
Zu guter Letzt empfiehlt Egloff allgemein: «Es ist ratsam, die Natur für sich arbeiten zu lassen und erst dann lenkend einzugreifen, wenn sie den gesetzten Zielen entgegenläuft.»
Betriebsspiegel Forstbetrieb der Burgergemeinde Bern
Eigener Wald: 3682 ha
Wald für Dritte: 498 ha
Reservatsfläche: 137 ha
Länge der Waldstrassen: 235 km
Jährliche Holzproduktion: 30 000 bis 40 000 m3
Arbeitskräfte: 10 Mitarbeitende