Die Auswirkungen globaler Herausforderungen wie Klimawandel und Energiekrise begegnen uns auf Schritt und Tritt. Der Klimawandel stellt den Wald und Waldbewirtschaftung vor ganz neue Herausforderungen: Wie kann und muss sich der Wald anpassen, wie nutzen wir den Wald am besten zur Bewältigung der Klimakrise?

Die Energiekrise befördert die hiesigen Preise für Energieholz in ungeahnte Sphären. Auch die Preise für Schnittholz und Industrieholz steigen, aber bei Weitem nicht in gleichem Masse. Durch die gesetzlich festgehaltene CO2-Neutralität von Bioenergie, wird die Attraktivität von Holzenergie zusätzlich gesteigert, die Waldbesitzer kommen mit der Lieferung kaum nach. Aber wie gut ist diese aktuelle Entwicklung für die Klimapolitik als Ganzes? Nutzen wir den Wald klimatechnisch optimal?

Die 3S-Strategie zur Waldbewirtschaftung

Unsere Studien zeigen ein anderes Bild. Der grösste Klimanutzen bringt demnach der Wald, wenn er ganz nach der 3S-Strategie des Bundes bewirtschaftet wird.

  1. Sequestrieren (Aufnahme) von Kohlenstoff im Wald.
  2. Speichern des Kohlenstoffs in Holzprodukten.
  3. Substituieren von Material und Energie.

Diese Strategie lässt sich folgendermassen umsetzen:

  • Der Wald wird so bewirtschaftet, dass er bei hohen Vorräten immer noch sehr gut zuwächst.
  • Der Zuwachs an Holz wird durch Holzschlag genutzt.
  • Durch die vermehrte Nutzung und durch gezieltes Pflanzen neuer Baumarten liesse sich der Wald zudem besser an zukünftige Klimabedingungen anpassen.
  • Aus dem geernteten Holz entstehen dann Produktemit möglichst langer Lebensdauer.

Somit bleibt der Kohlenstoff weiterhin gebunden und zugleich können energieintensive Materialien wie Stahl oder Beton substituiert werden. Wird das Holz oder die Holzfaser zudem noch mehrfach recycelt, sei es als Baumaterial oder Werkstoff, und in Zukunft vielleicht auch in der chemischen oder pharmazeutischen Industrie, kann der materielle Substitutionseffekt vervielfacht werden.

Dies nennt man Kaskadennutzung. Das Klimaschutzpotenzial von Holzprodukten vergrössert sich, je länger die Nutzungsdauer der Holzprodukte ist, je mehr fossilproduzierte Produkte durch Holzprodukte ersetzt werden können und je zahlreicher die Optionen zur Kaskadennutzung sind. Klimatechnisch sollte Holz erst dann energetisch genutzt werden, wenn keine weitere materielle Nutzung mehr möglich ist.

Klarer politischer Wille ist nötig

Damit ein solches Szenario näher rückt, braucht es einen klaren politischen Willen. Die im Dezember 2021 veröffentlichte Schweizer Waldpolitik 2030 und die Ressourcenpolitik Holz 2030 zielen in diese Richtung. Ihr definiertes Ziel ist eine nachhaltige und multifunktionale Wald- und Holzwirtschaft, welche das Potenzial an nutzbarem Holz ausschöpft. Gezielte Massnahmen sollen günstige Rahmenbedingungen für eine kosteneffiziente und innovative Wald- und Holzwirtschaft schaffen.

Ebenfalls weitergehend fördern sollte man aber auch die Innovation in der Verwendung von Holz. Speziell der materielle Absatz von Laubholz und qualitativ schlechtem Holz muss steigen. Dafür braucht es neue Verarbeitungswege, zum Beispiel chemische Verfahren für neue Holzwerkstoffe, neue Wertschöpfungsketten und neue Vermarktungswege.

Hier ist dann nicht mehr nur die Politik gefragt. Essenziell ist auch die Neugier und Offenheit von Holzbau-Ingenieurinnen, Finanzinvestoren, Architektinnen und Bauherren, mit Holz und speziell auch mit Laubholz zu arbeiten und im Bauwesen zu experimentieren.