Der Landwirt Fritz Salzmann ist während den Dreharbeiten der Drama-Serie «Neumatt» auf dem Landwirtschaftsbetrieb Tüllacker als Tierbetreuer im Einsatz.

AboNeumatt-Hauptdarsteller Julian Koechlin liest das Fachmagazin «die grüne».Fernsehserie«Neumatt» – die 2. Staffel des umstrittenen TV-Dramas auf dem Bauernhof startetDonnerstag, 26. Januar 2023 Wir konnten mit Tierbetreuer Fritz Salzmann am Rande der Dreharbeiten für die 2. Staffel der Drama-Serie «Neumatt» ein Interview führen.

«Einige Schauspieler haben in wirklich sehr authentischen Szenen mitgearbeitet, zum Beispiel beim Kalben einer Kuh. Das ist so authentisch wie in einem Dokumentarfilm», erzählt Fritz Salzmann.

Fritz Salzmann, wie wird man Tiertrainer für eine Fernseh-Serie?

Das ist eine gute Frage (lacht laut). Ich habe vier Jahrzehnte in der Nähe des Tüllackers einen Landwirtschaftsbetrieb geführt. Und der pensionierte Landwirt Werner Locher aus Bonstetten ZH, der als Fachberater für das Fernsehprojekt tätig ist, kannte mich. Er holte mich als Tierbetreuer zu den Dreharbeiten von «Neumatt».

Sie betreuen die Tiere und die Schauspieler, die mit den Tieren arbeiten?

Sowohl als auch. Was noch interessant ist, weil hier zwei Welten aufeinanderprallen: Die Film-Welt, die ihre Vorstellungen von einem schönen Bild hat, und die Landwirtschafts-Welt. Tiere sind einfach keine Requisiten, die man einfach hinstellen kann und dann bleiben sie dort. Manchmal musste ich dem Filmteam erklären, dass bestimmte Szenen mit einem Tier einfach nicht möglich sind.

Die Dreharbeiten haben mir immer Spass gemacht – aber Schauspieler werde ich sicher nie! So viel Gage kann man mir gar nicht bezahlen.

Gibt es ein Erlebnis während den Dreharbeiten für «Neumatt», das Ihnen besonders in Erinnerung ist?

Weniger ein einzelnes Erlebnis, als ein ständiges kleines Problem (er schmunzelt). Wenn die Requisiteure irgendetwas brauchten, haben sie es einfach genommen und an den Ort hingestellt, wo sie es brauchten. Ich habe ständig Sachen gesucht, von der Schaufel über den Kessel bis zur Mistgabel.

Dafür gab es im Umgang mit dem Vieh einige Mitarbeiter, die schon Erfahrung in der Landwirtschaft hatten und routiniert waren. Die kann man auf dem Bauernhof brauchen.

Andere aber glauben immer noch, dass unsere Kühe Kuscheltiere sind. Die sind auf dem Hof nicht zu gebrauchen. Das war für sie und für mich ein Kulturschock.

Offenbar sind aber einige der Schauspieler richtige Naturtalente, im doppelten Sinne.

Einige Schauspieler haben in wirklich sehr authentischen Szenen mitgearbeitet, zum Beispiel beim Kalben einer Kuh. Wenn man eine solche Szene im Drehbuch liest, denkt man sich, das funktioniert mit einem Schauspieler nie und nimmer. Aber dann läuft die Kamera – und es ist so authentisch wie in einem Dokumentarfilm.

Mir ist aufgefallen, dass die Kühe in der Fernsehserie nicht die gleichen Kühe sind wie auf dem Tüllacker. In der Serie sind es Holsteiner Milchkühe, auf dem Tüllerhof braune und gefleckte Mutterkühe. Wie kommt das?

Für die Fernsehserie brauchten wir Milchkühe. Deshalb mussten wir die Mutterkühe vom Tüllacker während den Dreharbeiten gegen Milchkühe austauschen.

Zwischendurch mussten wir die Milchkühe aber melken. Die interessiert es nicht, was dann gerade auf dem Drehplan steht. Sicherheitshalber habe ich Kühe ausgewählt, die nicht gerade in der höchsten Laktationsstufe stehen, bei denen eine Stunde mehr oder weniger kein Unglück ist.

Wichtiger als die Rasse und die Laktationsstufe ist aber, dass rund um die Kühe keine Hektik herrscht, sondern Ruhe. Ich konnte dem Filmteam vermitteln, dass die Kühe Ruhe brauchen, sonst spielen sie nicht mit. Man kann eine Kuh nicht einfach herumjagen. Da brauchten die Kameraleute und die Regie viel Geduld.

Nach den ersten zwei Staffeln rückblickend gesehen, zeigt «Neumatt» die Schweizer Landwirtschaft so, wie sie ist? Oder ist die TV-Serie weit neben der Realität?

Die Fernseh-Serie zeigt nicht die Welt der Bauern, das muss man sich bewusst sein. Es ist ein Bauernhof, auf dem die Familie mit Problemen kämpft. Probleme hat es auf jedem Betrieb, grössere und kleinere Probleme. In der Fernsehserie werden alle menschlichen, gesellschaftlichen, und wirtschaftlichen Probleme in einen Bauernbetrieb gepackt.

Diese Probleme gibt es immer irgendwo. Zum Glück nicht alle auf einem Haufen, das habe ich meiner Lebzeit noch nie gesehen.