Herr Blatti-Cardinaux, wie sieht Ihre tägliche Arbeit aus?
Stéphane Blatti-Cardinaux: Unsere Arbeit bei Micarna ist sehr vielseitig: Wir beraten unsere Produzenten vor Ort und telefonisch und behandeln ihre Tiere. Unser Ziel ist, dass die Tiere gesund sind und es auch bleiben.
Welche Rolle spielt die Prävention bei der Gesundheit des Geflügels?
Die Prävention ist zentral. Wir sprechen hier insbesondere von der Biosicherheit als wichtigster Präventionsmassnahme.
Die Biosicherheit auf den Geflügelbetrieben umfasst unterschiedliche Massnahmen, um die Gefahr der Einschleppung und Ausbreitung von Infektionserregern zu minimieren – immer mit dem Ziel, dass die Tiere gesund bleiben. Eine Massnahme sind beispielsweise die strengen Hygienevorschriften beim Betreten einer Masthalle. So soll verhindert werden, dass Bakterien oder Viren eingeschleppt werden.
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«Wir behandeln nur wenige Tiere – dank hoher Biosicherheit.»
Stéphane Blatti-Cardinaux, Geflügeltierarzt Micarna
Unsere Geflügelmäster werden regelmässig von unseren Beratern betreut, die zum einen mit ihrem Know-how unterstützen und zum anderen sicherstellen, dass alle Vorschriften eingehalten werden. Durch alle unsere Präventionsmassnahmen müssen wir nur wenige Tiere behandeln. Bei einer Behandlung setzen wir zuerst auf Futterergänzungsmittel (Mineralstoffe, pflanzliche Produkte oder Probiotika). Damit können wir das Immunsystem stärken.
Welche Krankheiten oder Seuchen beschäftigen Sie aktuell am stärksten?
Ein Thema ist sicherlich die Aviäre Influenza, die Vogelgrippe. Da es sich hierbei um eine Seuche handelt, werden die Massnahmen vom Bund definiert und überwacht. Der Geflügelproduzent oder der Berater kontaktiert den Tierarzt. Dieser beurteilt anhand des Gesprächs, ob ein Verdacht auf Tierseuche besteht oder nicht. Im Verdachtsfall kontaktiert der Tierarzt den Kanton, um sich zu koordinieren. Der Kanton entscheidet über die weiteren Massnahmen.
Die Micarna steht stets im engen Kontakt mit dem Kanton und Bund. So könnten wir, falls es einen Verdachtsfall geben sollte, möglichst schnell reagieren.
Die Schweiz erlaubt derzeit keine Impfung gegen die Vogelgrippe.
Welchen weiteren Herausforderungen begegnen Sie?
Die private Haltung von Hühnern ist eine weitere Herausforderung für die Geflügelgesundheit. Auch hier ist die Einhaltung der Hygienevorschriften eine wichtige Massnahme, um Tierseuchen wie die Vogelgrippe einzudämmen. Diese Tiere werden nicht so engmaschig kontrolliert wie in der professionellen Haltung. So können leichter Seuchen ein- und verschleppt werden. Des Weiteren sind sich Privatpersonen teilweise nicht immer bewusst, welche wichtige Rolle sie einnehmen in der Geflügelgesundheit.
Laut Berichten des Bundes ist das Mastgeflügel eine Tierart, die wenige Antibiotika-Behandlungen braucht. Ich folgere daraus, dass diese Tierart recht gesund ist. Stimmt der Eindruck?
Ja, das ist so – wir behandeln nur wenige Tiere. Dies liegt daran, dass die Biosicherheit beim Geflügel viel höher ist als bei anderen Tiergattungen.
Braucht es doch einmal Antibiotika, werden diese immer durch uns, die Tierärzte, vor Ort verschrieben, aufgrund einer Diagnose. Aufgrund dieser Diagnose wird entschieden, ob ein Antibiotika-Einsatz nötig ist und welches Medikament eingesetzt werden sollte. Von uns wird die notwendige Menge Antibiotika für eine Therapie auf dem Betrieb gelassen.
Antibiotika werden nicht auf Vorrat an die Landwirte abgegeben. Gegebenenfalls werden Proben für die Erstellung eines Antibiogramms genommen.
Das Interview wurde schriftlich geführt.