Weil die Schweiz jeden Winter Strom in Europa zukauft, könnte es im Winter 2022/23 zu einer Strommangellage kommen. In einer solchen Situation könnte es phasenweise auch zu Teil-Netzabschaltungen kommen – und diese hätten starke Auswirkungen auf die Schweizer Landwirtschaft.

Der durchschnittliche Schweizer Landwirtschafts-Betrieb braucht rund 20'000 kWh Strom pro Jahr. Der Landwirtschafts-Betrieb hat damit – aus guten Gründen – den Stromverbrauch von 70 Familien: Ein Zweipersonen-Haushalt verbraucht 2750 kWh, eine Familie mit zwei Kindern 2850 kWh Strom pro Jahr.

Unterschiedlicher Strombedarf der Schweizer Landwirtschafts-Betriebe

Mit der Automatisierung und Digitalisierung in der Landwirtschaft ist die Abhängigkeit und Anfälligkeit infolge eines Stromunterbruchs stark gestiegen. Melkmaschinen, Fütterungsautomaten, Lüftungen – alles funktioniert nur mit Strom.

Der Strombedarf der Landwirtschafts-Betriebe variiert allerdings je nach Produktionsart stark. Und er ist über das Jahr oder gar über den Tag sehr unterschiedlich verteilt, wie zwei Extremfälle zeigen:

  • Milchbetriebe haben am Morgen und am Abend eine Verbrauchsspitze (Melken), 40 Milchkühe verbrauchen 24'000 kWh Strom pro Jahr.
  • Geflügelbetriebe haben dagegen eine konstantere Lastenverteilung, aber für 12 000 Poulets auch einen Stromverbrauch von 36'000 kWh Strom pro Jahr.

Der Bundesrat will im Notfall in vier Phasen (re)agieren

Im Notfall ist der Bundesrat gemäss Art. 102 der Bundesverfassung befugt, Vorbereitungen und Massnahmen zur Sicherstellung der Stromversorgung zu treffen. Der Bundesrat hat dazu vier Stufen zur Verbrauchslenkung bekannt gegeben:

  1. Spar-Apell an die Bevölkerung: Privathaushalte und Wirtschaft sollen Strom sparen und diesen effizienter nutzen. Die Landwirtschaft kann ihren Strombedarf mittels Energieeffizienz-Massnahmen über Förderprogramme von AgroCleanTech reduzieren (und selbstverständlich die gleichen Energiespar-Massnahmen wie die Privathaushalte ergreifen).
  2. Verbrauchseinschränkungen nicht notwendiger, energieintensiver Anlagen. Dazu gehören unter anderen Beleuchtungen von Schaufenstern, Werbetafeln, Rolltreppen, Klimaanlagen, Saunen und Strassenbeleuchtung.
  3. Kontingentierung für Grossverbraucher von über 100'000 kWh pro Jahr. Die meisten Landwirtschafts-Betriebe gehören nicht in diese Kategorie, gewisse nachgelagerte Stufen jedoch sehr wohl. Das kann zu Störungen bei den Abnehmern und dem Handel und allenfalls Absatz-Stau auf Produktionsstufe führen.
  4. Rotierende Netzabschaltungen von 4 Stunden Abschaltung und 4 bis 8 Stunden Versorgung je Teilgebiet.

Mit den ersten drei Stufen können bis zu 30 Prozent Strom eingespart werden. Erst wenn dies nicht reicht, kommt es zu Teil-Netzabschaltungen, die den Stromverbrauch noch einmal um 33 bis 50 Prozent reduzieren könnten.

Wie können sich Landwirtschafts-Betriebe auf Teil-Netzabschaltungen vorbereiten?

Kommt es zu Teil-Netzabschaltungen, ist der Bedarf einer Notstromversorgung abhängig von der Unterbruchsdauer und dem Betriebstyp. Jeder Landwirtschafts-Betrieb muss sich damit befassen, was das für ihn bedeuten würde und sich entsprechend wappnen.

Das Risiko lässt sich gemäss dem ausführlichen Bericht «Strommangellage in der Landwirtschaft- Betroffenheit und Vorsorgemassnahmen» des Schweizer Bauernverbandes SBV wie folgt vermindern:

  • Energetische Bedürfnisse des Betriebs erfassen
  • Stromeffizienzmassnahmen treffen
  • Arbeitsorganisation und kritische Aufgaben klären
  • Bei Bedarf Notstromaggregate installieren. Für eine Notstromversorgung gibt es verschiedene Technologien, die je nach Bedarf unterschiedlich geeignet sind. Eine eigene Stromproduktion (PV- oder Biogasanlage) ist nicht per se eine solche Absicherung. Dafür sind eine Netzentkoppelung und ein Inselbetrieb nötig.
  • Treibstoff einlagern

Mehr Informationen sind im ausführlichen Bericht «Strommangellage in der Landwirtschaft - Betroffenheit und Vorsorgemassnahmen» des Schweizer Bauernverbandes SBV zu finden.