Kurz & bündig
- Massnahmen zur Reduzierung von Ammoniak-Emissionen in landwirtschaftlichen Betrieben wirken sich auch positiv aufs Tierwohl aus.
- Unterschiedliche Tierarten erfordern spezifische Massnahmen zur Emissionsreduktion.
- Wichtig ist auch, Nährstoffe, insbesondere Stickstoff, im landwirtschaftlichen Kreislauf zu behalten.

Bauliche Massnahmen, welche die Ammoniak-Emissionen reduzieren, können teuer sein. Das ist Edith Paradis völlig bewusst. Die HAFL-Agronomin arbeitet seit August 2023 für Grangeneuve, das Kompetenzzentrum für Landwirtschaft des Kantons Freiburg. Ausserdem ist sie Baucoach der «Nationalen Drehscheibe Ammoniak».

Was sie jedoch betont: «Mein Ziel ist, LandwirtInnen mit meinen Beratungen weiterzubringen und ihnen dabei zu helfen, einen Stall für die Zukunft zu planen. Einen Stall, der vielleicht mehr kosten könnte, aber längerfristig Vorteile für das Tierwohl und die Umwelt bringen wird.»

Gesunde, nicht gestresste Tiere bringen mehr Leistung

Deshalb erläutert sie auch die langfristigen Auswirkungen von Baumassnahmen im Detail: Sind die Böden dank erhöhtem Fressstand, Böden mit spezieller Oberflächenstruktur oder Laufflächen mit Quergefälle sauber und trocken, hat dies eine direkte Wirkung aufs Tierwohl.

Sind die Tiere gesund, haben sie dank klug konzipiertem Stall Ruhe zum Liegen und fressen gerne und viel, steigert dies die Leistung. Der Mehrwert der Investition gehe also weit über die Ammoniak-Reduktion hinaus, sei aber nicht sofort sichtbar.

Unterschiedliche Massnahmen, um Ammoniak zu reduzieren

Je nach Tiergattung gibt es unterschiedliche Massnahmen. Bei den (Milch-)Kühen geht es vor allem darum, verschmutzte Flächen zu reduzieren bzw. möglichst sauber und trocken zu halten. Dazu dienen die erwähnten Massnahmen wie erhöhter Fressstand mit Abtrennung oder Laufflächen mit einem Gefälle von drei Prozent und einer Harnsammelrinne.

Bei den Schweinen ist es insbesondere die Kühlung der Luft und der Ställe, die eine Wirkung auf die Emissionen und die Leistung und Gesundheit der Tiere hat. Paradis erwähnt die Abluft-Reinigungsmassnahmen als letztes Mittel. Diese seien teuer in der Erstellung und im Unterhalt. Zudem wird in den Schweizer Label-Ställen mit Auslauf nicht dieselbe Effizienz der Abluftreinigung erreicht.

Beim Mastgeflügel muss die Einstreu trocken sein. Das lässt sich mit einer Bodenheizung und einem Wärmetauscher erreichen. Trockene Einstreu emittiert weniger Ammoniak. Auch hier nützt die Massnahme dem Tier, die Entstehung von Fussballengeschwüren kann stark reduziert werden.

«Gesunde Tiere bringen mehr Leistung – deshalb lohnen sich die Investitionen langfristig», ist Edith Paradis überzeugt.

Hofdünger optimal lagern und ausbringen

Zudem weist Edith Paradis darauf hin, dass das Thema «Reduktion von Ammoniak-Emissionen» unter LandwirtInnen noch zu wenig diskutiert wird. Es gehe darum, die wertvollen Nährstoffe, insbesondere Stickstoff, im landwirtschaftlichen Kreislauf zu behalten, sprich, auch den Hofdünger optimal zu lagern und auszubringen. Bei den Schweinen könne das zum Beispiel bei Neubauten mit einem Güllekanal erreicht werden, in welchem Kot und Harn getrennt werden.

Exemplarisch zeigt sich das auf dem Betrieb Bigler. Rasche Trennung von Kot und Harn reduziert die Emissionen im Stall. Bei der getrennten Lagerung ergeben sich neue Möglichkeiten für die weitere Verwendung der Nährstoffe – sei es die energetische Nutzung der Festmasse, die Kompostierung und die genaue Nährstoffgabe durch die unterschiedlichen Nährstoffgehalte von Mist und Harngülle.

Bis Ende 2024 gibt es mehr finanzielle Unterstützung

Die finanzielle Unterstützung für emissionsmindernde Massnahmen ist in der Strukturverbesserungsverordnung geregelt. Bis Ende 2024 richtet der Bund eine zusätzliche Unterstützung aus:
Für die Ausrüstung eines Laufgangs mit Quergefälle und den Neubau einer Harnsammelrinne gibt es bis Ende 2024 pro GVE 360 Franken, ab 2025 sind es 240 Franken. Zu beachten ist, dass es einen kantonal geregelten Höchstbetrag gibt.

Bei einem Umbau, bei dem die vorhandene Schieberrille als Harnsammelrinne umgenutzt und der Boden mit Gummimatten mit drei Prozent Gefälle ausgestattet wird, gibt es bis Ende 2024 pro GVE 180 Franken. Ab 2025 sind es 120 Franken. Für einen erhöhten Fressstand sind es pro GVE bis Ende 2024 210 Franken, danach 140 Franken.

Fürs Thema sensibilisieren und die Vorteile aufzeigen

Edith Paradis unterrichtet auch in der Grundbildung von LandwirtInnen. Sie will das Wissen rund um Ammoniak-Emissionen und Nährstoffoptimierung bereits dort weitergeben. Denn sie sieht noch viel Potenzial, um die Beratungen durch die Baucoaches bekannt zu machen. «Wir halten Vorträge, sind an Tagungen und versuchen, in den Medien präsent zu sein.»

Ammoniak sei unter Landwirten bisher kein bedeutendes Thema gewesen, sagt sie. Mit dem Schleppschlauch-Obligatorium sei die Thematik bekannter geworden. Wichtig scheint ihr, überhaupt darüber zu reden und sich Hilfe zu holen. «Eine erste Diskussion oder ein erster Besuch sind für den Landwirt kostenlos», sagt sie. Die Begleitung müsse aber von Anfang an erfolgen: «Ist das Baugesuch eingereicht, ist es zu spät.»

 

Musterstall für Schweine in Bätterkinden

Im bernischen Bätterkinden gibt es seit November 2023 einen Schweinemaststall, der die Ammoniak-Emissionen massiv reduziert. Gebaut hat ihn Familie Bigler in enger Zusammenarbeit mit der Stallbaufirma Schauer. Die Reduktion basiert auf mehreren Massnahmen: Dazu gehören Multiphasenfütterung, klar getrennte Bereiche, Trennung und separate Aufbereitung von Kot und Harn. Der Betrieb legt grossen Wert aufs Tierwohl und produziert nach IP-Suisse-Richtlinien. Deshalb ist der Stall auch offen.

Betriebsleiter Ruedi Bigler sagt, dass der alte Stall renovationsbedürftig gewesen sei. «Wir bauen für die Zukunft, deshalb ist ein neuer Stall besser», sagt Bigler. Als Vizepräsident der Branchenorganisation Milch sei er auf Klimathemen wie Ammoniak sensibilisiert und habe dies beim Bau des neuen Schweinestalls einbezogen.

Überzeugt haben ihn und seine Familie die innovativen Ideen der österreichischen Stallbaufirma Schauer. Dass es Fördermittel für Ammoniak-Reduktionen gebe, sei ihm während der Planungsphase nicht bekannt gewesen. Auch die Dienstleistungen der «Drehscheibe Ammoniak» habe er nicht gekannt.