Kurz & bündig
- Niklaus Dähler führte seinen Pachtbetrieb zwischenzeitlich in einer Betriebsgemeinschaft BG.
- Wegen trockener Jahr und Futterzukauf konnte sich die BG wirtschaftlich kaum entwickeln.
- Die Idee zur Nutzung von BG-Besitz für private Zwecke führte zur Auflösung.
- Niklaus Dähler fühlt sich seither freier. Die beiden Betriebe arbeiten wieder wie vor BG-Zeiten zusammen.

Niklaus Dähler ist ein feinfühliger Landwirt mit einem guten Gespür für Tiere. Auch die Feldarbeiten erledigt er überlegt. Er redet nicht nur von Nachhaltigkeit, sondern handelt auch danach. Um den Boden zu schonen, hatte er wegen dem Gewicht beispielsweise noch nie einen Traktor über 80 PS. Mit dieser Haltung hat der 62-Jährige während 30 Jahren auch Lehrlinge ausgebildet.

Den Pachtbetrieb Klingenzellerhof will er noch bis zu seiner Pensionierung weiterführen. Zusammen mit seiner Frau wohnt er seit 2015 ausserhalb des Betriebs. Er hat sich jedoch ein Betriebsbüro eingerichtet, in welchem er wegen der Tiere auch einmal nachts vor Ort sein kann.

Erfahrung mit verschiedenen Gemeinschaftsformen

Niklaus Dähler hat im Jahr 1988 zusammen mit seinem Bruder den Pachtbetrieb der Kirchgemeinde Klingenzell im Rahmen einer einfachen Gesellschaft übernommen. Zum Betrieb gehörte ein Restaurant, welches Niklaus Dähler nebst der Landwirtschaft zusammen mit seiner Frau führte.

DossierJahresthema 2021«Hand in Hand» – die Serie zum Thema ZusammenarbeitMittwoch, 27. Januar 2021 Dabei war der Meisterlandwirt auch als Koch sehr begabt, seine Kochkünste waren weitherum bekannt. Das Handwerk hat er von seiner Mutter gelernt, wie er nicht ohne Stolz anmerkt. Auch seine Frau hatte das Einfühlungsvermögen für die zahlreichen Gäste und die Ausflugsküche. Wenn sie einmal etwas nicht wussten, so fragten sie gelernte Köche in ihrem Freundes- und Familienkreis.

Die Brüder Dähler gehen seit 25 Jahren ihre eigenen Wege

Nach 25 Jahren kam es zu einer Veränderung. Die Gebrüder Dähler lösten ihre Gemeinschaft auf. Niklaus Bruder hatte immer mehr ausserbetriebliche Arbeiten, welche nicht über den gemeinsamen Landwirtschaftsbetrieb abgerechnet wurden. Beide gingen ihren eigenen Weg, die Auflösung war für beide eine gute Lösung.

Später gaben Niklaus Dähler und seine Frau auch das Restaurant ab. Seine Frau hatte im Jahr 2005 den «Tröpfel» erfunden. Tröpfel ist ein alkoholfreies Getränk aus Trauben und Äpfeln. Das Unternehmen ist sehr erfolgreich. Als Geschäftsführerin ist sie heute mit ihrer Geschäftspartnerin in diesem Business voll ausgelastet.

Betriebsspiegel der Familie Dähler
Niklaus Dähler, Mammern TG

LN: 28 ha
Kulturen: Mais, Weizen, Gerste, 10 ha Kunstwiese, 13 a Naturwiesen und Weiden
Tierbestand: 37 Kühe, 5 Rinder,1 Hund
Arbeitskräfte: 1 Mitarbeiter ca. 80 Prozent. Weitere Aushilfen,um das Ziel zu erreichen, jeden zweiten Sonntag frei zu machen.

Niklaus Dähler war ab 2013 nicht mehr auch noch Wirt, dafür war er für den Landwirtschaftsbetrieb alleine verantwortlich. Eine Nachfolge war nicht in Sicht, weil keines der Kinder den Betrieb weiterführen wollte. «Aufgrund der betrieblichen Veränderungen habe ich mir viele Gedanken gemacht. Und ich habe festgestellt, dass ich mich allein fühlte, nicht seelisch allein, aber als Verantwortlicher des Betriebs. Was passiert, wenn ich mir das Bein breche? Ich konnte mir keinen Ausfall erlauben und diese Situation war für mich eine Belastung.»

Zwar waren auch Lehrlinge auf dem Betrieb, bei Bedarf halfen auch Verwandte und Bekannte mit. Die Arbeitsbelastung war nicht das Problem, sondern die Verantwortung.

Intensive Zusammenarbeit mit dem Nachbarn zur BG ausgebaut

In dieser Zeit wurde die Zusammenarbeit mit einem Nachbarn, welche schon immer stattgefunden hat, noch intensiviert. «Nach zwei Jahren entschieden wir, uns zu einer Betriebsgemeinschaft zusammenzuschliessen.»

Die BG startete Anfang 2015. Beide Betriebe verfügten über Anbindeställe für die Milchkühe, beide waren Pachtbetriebe. Investitionen in einen neuen Stall oder sonstige Umbauten waren nicht geplant. «Wir haben so optimiert, dass wir alle Kühe auf meinem Betrieb gemolken haben. Dazu schafften wir Platz für 43 Kühe, indem wir die Rinder und die Galtkühe auf dem Partnerbetrieb hielten. Hier war es rasch möglich, Einsparungen zu machen, wenn die Melkeinrichtung mit allem Reinigungs- und Verbrauchsmaterial und dem Service nur einmal notwendig ist. An den Wochenenden haben wir uns immer abgelöst, da hat uns die BG viel gebracht.»

Die Gemeinschaft bewirtschaftete 70 Hektaren. Dabei mussten 7 Kilometer Waldrand gepflegt werden und das Land liegt am Hang. Die Bewirtschaftung ist also aufwändig und erfordert viel Handarbeit. «Man darf bei einer BG nicht davon ausgehen, dass man automatisch weniger Arbeit hat. Die Strukturen bleiben etwa gleich und man ist versucht, die Arbeit mit weniger Personal zu machen, um Lohnkosten zu sparen. Gibt es tatsächlich freie Zeit, wird diese meist mit neuen Projekten gefüllt. Hier ist es aus meiner Sicht wichtig, nicht zu viel neues Zeugs anzureissen und sich auch Zeit für sich zu nehmen.»

Niklaus Dähler meint, dass es hier wichtig sei, dass BG-Partner die Situation gleich oder ähnlich beurteilen sollten. Und man müsse sich eingestehen, dass man ab einem gewissen Alter nicht mehr so tatkräftig sei wie in jüngeren Jahren. Eine BG löst dieses Problem. Er selbst fühlte sich im Verlauf der BG-Jahre zum Teil etwas erschöpft, «vielleicht hatte ich zu hohe Erwartungen, dass weniger Arbeit anfällt.»

Wetterpech liess Ackerfläche schrumpfen

So richtig in Fahrt kam die BG nie, es wollte einfach nie so recht Stimmung aufkommen, gesteht sich Niklaus Dähler ein. Das lag nicht nur an der Arbeitsbelastung. Es gab äussere Einflüsse, bei denen die beiden Betriebspartner machtlos waren.

«Ab 2017 hatten wir schlechte ‹Landwirtschaftsjahre›. Es begann damit, dass uns der Mais verhagelt wurde und wir Futter zukaufen mussten. Beim Ackerbau hatte der Weizen Mykotoxin und wurde deklassiert. Wir konnten unsere Löhne und Rechnungen bezahlen, aber eine nachhaltige Betriebsentwicklung war so nicht möglich.»

Die folgenden drei Jahre waren extrem trocken. Im ersten Jahr musste für 20 000 Franken Futter für die Milchkühe zugekauft werden. Die Betriebspartner reagierten, indem die Futterfläche auf Kosten der Ackerkulturen ausgedehnt wurde.

Auch im nächsten Jahr wurde noch mehr Kunstwiese angebaut. Von ursprünglich 15 Hektaren Ackerbau blieben noch acht übrig. Der Erlös von sieben Hektaren Ackerbau fehlte in der Kasse. «Wir verloren in drei Jahren auf der ganzen Fläche fünf volle Schnittnutzungen und konnten die Tiere teilweise nicht immer mit eigenem Futter versorgen. Das schlägt auf das Gemüt und man stellt auch die Betriebsgemeinschaft in Frage.»

Neue Arbeitskräfte und neue Ideen

Niklaus Dähler stellte die Zusammenarbeit auch in Frage, als durch den Partnerbetrieb zusätzliche Familienarbeitskräfte in die BG gebracht wurde. Arbeit hatte es zwar genug, aber die Entlöhnung belastet die Kosten. Mit der Hoffnung, das würde dann schon funktionieren, gab Dähler nach.

«Hier hätte ich konsequenter sein müssen», ist er heute überzeugt. Als vom Partnerbetrieb die Idee auftauchte, während des Sommers, wenn der dortige Stall leer ist, eine Kälbermast auf eigene Rechnung zu betreiben, schrillten bei Niklaus Dähler die Alarmglocken.

In Gedanken sah er eine Situation zwei gegen eins, in welcher er den Kürzeren zog. «Auf meinem Partnerbetrieb hatte man bestimmt keine bösen Absichten.» Aber man sei sich dort nicht bewusst gewesen, dass in einer BG durch solche Sololäufe, mit Nutzung von Infrastruktur, die zur BG gehört, konfliktträchtige Voraussetzungen geschaffen werden. Es wäre dann auch kaum möglich, die eingesetzte Arbeitszeit der BG oder den privaten Geschäften zuzuordnen.

Konfrontiert mit Dählers Bedenken, wollte sich der Partner von der BG trennen. Niklaus Dähler ermunterte ihn, die Situation noch einige Tage zu bedenken. Letztlich war es für ihn jedoch wie ein Aufschnaufen, als der BG-Partner bei seiner Meinung blieb.

«Wir lösten dann die BG auf und jeder erhielt seine ursprünglichen Anteile zurück. Bei den Tieren und den Maschinen war ich mit rund zwei Dritten dabei. Entsprechend fand die Aufteilung statt.»

Beide Betriebe wirtschaften nun wieder selbstständig. Es waren genügend Maschinen vorhanden, damit beide mechanisiert werden konnten. «Beim Maschinenpark haben wir immer darauf geachtet, dass mit den vorhandenen Maschinen beide Betriebe jederzeit wieder einzeln hätten bewirtschaftet werden können.»

Keine finanziellen Auswirkungen der Betriebsgemeinschaft

Finanziell hat die BG den beiden Betrieben nichts gebracht, sie standen am Ende nicht besser da als zu Beginn. Das lag nicht an den Betriebsleitern, sondern wie erwähnt an den trockenen Jahren, welche unglücklicherweise dann zuschlugen, als die BG hätte Fahrt aufnehmen sollen. Allerdings wären diese Jahre an den Betrieben auch nicht spurlos vorbei gegangen, hätten sie ohne BG gewirtschaftet. Heute arbeiten die beiden Betriebe wieder nachbarschaftlich zusammen und helfen bei Bedarf aus, wie sie es bereits vor BG-Zeiten taten.

Eine BG verändert die Einstellung zur Arbeit massiv

«Man muss schon wissen, was eine BG bedeutet. Ich bin beispielsweise nur dann zum Coiffeur gegangen, als ich frei hatte, sonst hätte ich ja die Arbeit geschwänzt. Selbst solche Kleinigkeiten muss man sich als bisher ‹freier› Landwirt bewusst sein. Heute gehe ich wieder dann zum Coiffeur, wenn es mir gerade passt», sagt Niklaus Dähler und lacht.

Das Beispiel mit dem Coiffeur ist offensichtlich. Es gibt aber auch viele andere Situationen, in denen während der Arbeitszeit für die BG private Tätigkeiten gemacht werden: Beispielsweise die Aufbereitung von Brennholz für eine Wohnung, welche nichts mit der BG zu tun hat.

Niklaus Dähler geht heute mit der Situation gelassener um

«Heute bin ich wieder allein verantwortlich für den Betrieb, aber ich kann besser mit der Situation umgehen als vor sieben Jahren und ein ehemaliger Lehrling hilft mir regelmässig aus. Wenn ich frei machen möchte, kann ich auf meine Brüder oder meine Freunde zählen.»

Und wie ist der Gedanke, sich das Bein zu brechen heute? «Sollte ich länger ausfallen, ist es aus für mich. Es ist schwierig, einen Betriebsleiter zu finden. Doch ich habe in den letzten Jahren auch Gelassenheit gefunden, indem ich es einfach nehme, wie es kommt. Man kann sich auch zu extrem auf alle Eventualitäten vorbereiten. Mit dieser Haltung kann ich je länger desto besser umgehen», meint der fitte 62-Jährige.

Tipps von Niklaus Dähler für eine Betriebsgemeinschaft

Vor der Gründung bewusst sein:
- Man verliert Selbstständigkeit und Freiheit.
- Stunden müssen abgearbeitet und Rechenschaft abgelegt werden.
- Sozialkompetenz abwägen, Partnerbetrieb vorgängig einige Tage begleiten, beobachten, wie der Partner mit Tieren umgeht oder andere Bereiche, die einem selber wichtig sind.
- Kompetenzen festlegen.
- Erfüllt der Partner die eigenen Ansprüche im Umgang mit Tieren oder auch mit Maschinen usw.?
- Hat einer Ordnung und der andere nicht, geht es nicht.
- Wenn Zweifel bestehen, keine Gemeinschaft eingehen.
- Nicht erwarten, dass sich der Partner dann schon den eigenen (höheren) Ansprüchen anpassen wird.

Nach der Gründung:
- Keine gemeinsamen Investitionen in Bauten.
- Möglichkeit, jederzeit auszusteigen.
- Darauf achten, dass genügend Maschinen in der Gemeinschaft vorhanden sind, damit die beteiligten Betriebe jederzeit alleine geführt werden können.
- Freizeit festlegen.

Hand in Hand
Unsere Serie «Hand in Hand» zeigt 2021 die verschiedenen Formen der Zusammenarbeit mit vielen konkreten Beispielen aus der Praxis, mit Tipps und Ratschlägen, die Hand und Fuss haben.

Alle Beiträge finden Sie auch auf www.diegruene.ch/hand-in-hand

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