Kurz & bündig

  • Der Privatkonsum von Schweizer Weinen ist gestiegen.
  • Für reine Traubenproduzenten ist der Markt schwierig.
  • Kooperationen und Direktvermarktung sind mögliche Auswege.
  • Es bestünde ein Marktpotenzial für Schweizer Tafeltrauben.

Bei Stephan Herter aus Hettlingen ZH dreht sich alles um den Wein. Früher als Koch, Weintechnologe und Weinsensoriker ebenso – wie heute als Winzer mit gepachteter Rebfläche. Herter keltert und vermarktet seinen Wein selber und sieht darin einen Schlüssel für den Erfolg: «Es ist sehr schwierig für Rebbauern, die nur Rohstoffproduzenten sind», erklärt Herter.

Er macht einen Vergleich zur Milchproduktion. «Wenn ich Wertschöpfung auf meinem Betrieb will, muss ich das Produkt verarbeiten und vermarkten, also beispielsweise Käse oder Joghurt herstellen. Das ist beim Wein dasselbe: Wenn ich nur Trauben für einen grossen Abnehmer produziere, dann bin ich austauschbar, habe viele Konkurrenten und stehe unter enormem Preisdruck», so Herter.

Herter sieht die Zusammenarbeit unter Rebbauern als Chance

Auch wenn bei weitem nicht jeder Rebbauer auch ein guter Winzer ist, sieht Herter dennoch Chancen für die Landwirte. «Man kann beispielsweise seine Trauben von einem Profi keltern lassen und den Wein zurückkaufen, um ihn dann selber zu verkaufen», sagt Herter. Das sei insbesondere für Betriebe, die bereits Erfahrungen in der Direktvermarktung haben, ein gangbarer Weg.

Eine grosse Chance sieht Herter im Zusammenschluss und der genossenschaftlichen Organisation von Landwirten. «Wenn sich einige Rebbauern zusammenschliessen, könnten sie beispielsweise einen Winzer anstellen, der ihnen den Wein professionell ausbaut und dabei hilft, ein qualitativ hochwertiges Produkt herzustellen», ist Herter überzeugt.

Er bildet selber Lehrlinge aus und weiss, dass es viele motivierte Leute in der Branche gibt. In seinem alten Bauernhaus, wo Herter seine Weine keltert, sind zwei ehemalige Lernende eingemietet, die dort ebenfalls Weine keltern. «Das ist eine fruchtbare Zusammenarbeit. Wir profitieren gegenseitig von unserem Know-how, tauschen uns aus und entwickeln neue Ideen», so Herter.

Die Zeichen der Zeit sind in Herters Augen günstig für solche Projekte, in denen es darum geht, in kleinen Zusammenschlüssen grosse Qualität zu produzieren. «Der Markt ist überschwemmt mit Masse, für Qualität aber hat es Platz», sagt er. Die Konsumenten schätzen regionale Produkte – unter der Voraussetzung, dass die Qualität stimmt.

Dem pflichtet auch Jürg Bachofner, Geschäftsführer des Branchenverbandes Deutschschweizer Weine, bei. Er weist aber darauf hin, dass die Lage am Weinmarkt weiter angespannt sei. «Vor allem die Gastro-Zulieferer haben grosse Probleme. Aber auch die ausgefallenen Grossveranstaltungen fallen ins Gewicht, denn hier werden oft grosse Mengen an regionalem Wein konsumiert», sagt Bachofner.

Erfreulich war hingegen, dass der Absatz von Schweizer Weinen im Privatbereich in der Deutschschweiz um 25 Prozent gesteigert werden konnte.

PIWI-Sorten sind nicht der einzige ökologische Weg im Rebbau

Eine Bedrohung sehen gemäss Bachofner viele Traubenproduzenten in den bevorstehenden Pflanzenschutz-Initiativen. Eine mögliche Antwort für einen ökologischeren Weinbau sind sogenannte PIWI-Sorten, also pilzwiderstandsfähige Rebensorten, die eine hohe Resistenz gegenüber echtem und falschem Mehltau sowie gegen Botrytis aufweisen.

Bachofner mahnt allerdings: «Im Rebbau arbeiten wir während 30 bis 35 Jahren mit einmal gepflanzten Stöcken, die Zyklen sind also lang. Jährlich werden etwa drei Prozent der Rebfläche erneuert. Selbst wenn ein Drittel dieser Neupflanzungen PIWI-Sorten sind, hätten wir bis ins Jahr 2030 nur rund 30 Prozent PIWI-Sorten am Gesamtanteil», rechnet Bachofner vor.

Auch wenn viele Rebbauern zunehmend für ökologische Belange sensibilisiert seien, könne es sich niemand leisten, eine produktive Anlage im Vollertrag auszureissen und vorzeitig zu ersetzen, sagt Bachofner.

Winzer Stephan Herter hingegen weist darauf hin, dass PIWI-Sorten nicht der einzige Weg zu einem ökologischen Rebbau sind. Auch mit den Edelsorten sei vieles möglich, so der Weinproduzent, der selber den Verzicht auf chemische Fungizide befürwortet.

Anders sieht das Jürg Bachofner. «Die Direktzahlungen sind mit 3500 Franken pro Hektare nicht unwichtig für die Traubenproduzenten. Wenn wir weiterhin die Nachfrage nach europäischen Edeltrauben mit inländischer Produktion befriedigen wollen, sind wir auf Pflanzenschutzmittel angewiesen.»

Neue Weinbaugebiete, Potenzial für Tafeltrauben

Es gibt auch positive Signale. Der Klimawandel spielt den Weinbauern tendenziell in die Karten. So hat sich der Weinbau gerade in Regionen, wo das früher undenkbar war, ausgeweitet. Beispiele sind die Kantone Ob- und Nidwalden, Luzern, Uri oder Schwyz, wo Rebbauern ihre Anbaufläche ausgedehnt haben.

Potenzial sieht Bachofner auch im Anbau von Tafeltrauben. Diese werden derzeit grösstenteils importiert. «Hier sehe ich ein gewisses Potenzial für Schweizer Betriebe, Marktanteile zu gewinnen.»

 

Schweizer Weinbau in Zahlen

Im Jahr 2019 gewannen die Schweizer Weine an Marktanteil dazu, insbesondere die Weissweine, deren Konsum hierzulande um 7,5 Prozent zulegte.

Die Rebfläche in der Schweiz umfasste im Jahr 2019 insgesamt 14 704 Hektaren. Sie nahm gegenüber dem Vorjahr um 8 Hektaren ab auf:

  • 8318 ha rote Rebsorten (–32 ha)
  • 6386 ha weisse Rebsorten (+25 ha)
  • 2019 wurden in der Schweiz rund 50 Millionen Liter Weisswein und 48 Millionen Liter Rotwein produziert.

Im gleichen Zeitraum wurden rund 47 Millionen Liter inländischer Weisswein (+7,5 Prozent) und rund 47,5 Millionen Liter inländischer Rotwein (+4,3 Prozent) konsumiert.

Insgesamt wurden in der Schweiz im Jahr 2019 rund 255 Millionen Liter Wein getrunken. Der Weinkonsum nahm damit verglichen mit dem Vorjahr um ungefähr 11 Millionen Liter zu, was einem Plus von knapp 5 Prozent entspricht.

Der Konsum von Schweizer Wein stieg um 5,2 Millionen Liter auf 94 Millionen Liter. Der Marktanteil des Schweizer Weins erhöhte sich damit um 0,4 Prozent auf 37 Prozent.

Die im Vergleich zu den Importen weniger umfangreichen Exporte nahmen zu und beliefen sich auf 1,3 Millionen Liter (+7,6 %), wobei darin auch die eingeführten und wieder ausgeführten ausländischen Weine enthalten sind.

Quelle: Agrarbericht 2020