Kurz & bündig
- Mithilfe von Satellitenbildern und Pflanzenwachstumsmodellen soll die Stickstoffdüngung im Winterweizen optimiert werden.
- Das ist das Ziel von Smart-N, einem Beratungsprojekt der Swiss Future Farm SFF und Partnern.
- Dabei wurde mit Praxisbetrieben zusammengearbeitet. Florian Abt präsentiert erste Erkenntnisse.
Neue Technologien vereinfachen die tägliche Arbeit, ermöglichen die präzisere Arbeit oder geben uns zusätzliche Informationen, die wir von Auge nicht sehen. Kurzum: Sie bringen etliche Vorteile mit sich.
Einen Haken gibt es allerdings: Die Technologien sind neu und somit fehlt die Erfahrung und das Wissen im Umgang damit. Neue Technologien stecken manchmal noch in den Kinderschuhen und sind noch nicht ganz ausgereift, um sich in der Praxis schlagkräftig und zuverlässig zu beweisen. Ausserdem können sie sehr teuer sein.
Hier kommt die Swiss Future Farm SFF ins Spiel. Sie testet Maschinen und Technologien auf dem Feld, was den LandwirtInnen zu viel Aufwand machen würde oder auch zu teuer wäre.
Erfahrungen mit innovativer Technologie sammeln
«Wir müssen realistisch sein: Nur weil wir von der SFF eine Maschine als nützlich anpreisen, werden die Landwirte nicht rennen und die Maschine gleich kaufen», sind sich Florian Abt vom Arenenberg, Roman Gambirasio von GVS und Nils Zehner von AGCO einig. Das ist auch nicht das Ziel. Auf der SFF geht es vielmehr darum, wichtige Erfahrungen mit innovativer Technologie zu sammeln. Das kann in der Beratung helfen.
Ein solches Beratungsprojekt ist Smart-N, ein Beispiel dafür, wie die Swiss Future Farm das Wissen zu den neuen Technologien in die Praxis bringt. Die SFF ist im Projekt zuständig für die technologische Umsetzung und die Beratung der Betriebe. Beteiligt sind ausserdem die Kantone Thurgau (mit der landwirtschaftlichen Beratung Arenenberg) und Schaffhausen, Agroscope und Agridea.
Betriebsspiegel der Swiss Future Farm
Swiss Future Farm in Tänikon, Ettenhausen TG
LN: 81 ha
Kulturen: 55 ha Ackerkulturen,20 ha Naturwiese, 6 ha Bio-diversitätsflächen
Tierbestand: 65 Milchkühe,60 Zuchtsauen
Betriebs-Mitarbeiter: 7 Mitarbeiter
Entwicklung und Support: 3 Mitarbeiter
Public-private-Partnership (öffentlich-private Partnerschaft): BBZ Arenenberg Thurgau, AGCO Corporation, GVS Agrar
www.swissfuturefarm.ch
Das Ziel von Smart-N ist es, die Stickstoff-Düngung von Winterweizen mithilfe von Satellitenbildern und Pflanzenwachstumsmodellen zu optimieren.
Dazu arbeiten die Smart-N-Projektpartner mit der deutschen Firma Vista GmbH zusammen, die mittels Satellitenaufnahmen und einem Wasserhaushalts- und Pflanzenwachstumsmodell den teilflächenspezifischen Stickstoffbedarf zu allen Düngeterminen ermittelt.
Die Teilflächen aus der Vogelperspektive beurteilen
Konkret können über die gemessene Reflexion der Sonne die Chlorophyll-Konzentration, die Stickstoffaufnahme und die Blattfläche des Bestandes ermittelt werden. Aus den langjährigen Mustern wird zudem das Ertragspotenzial pro Teilfläche abgeleitet. Aus der Vogelperspektive lässt sich das ganze Getreidefeld überblicken. Aber vielmehr als um das grosse Ganze geht es bei Smart-N um Details, nämlich um einzelne Teilflächen innerhalb des Feldes. Entsprechend dem ermittelten Ertragspotential dieser Teilflächen wird eine Dünger-Applikationskarte erstellt.
Diese Karte wird für jede Düngergabe aktualisiert – wiederum auf der Grundlage der Satellitenbilder, auf denen die Bestandesentwicklung laufend mitverfolgt wird. «Die Idee dabei ist, dass möglichst viel Dünger in der Pflanze landet und weniger davon ausgewaschen wird», erklärt Florian Abt.
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Umsetzung mit den betriebseigenen Maschinen
Soweit die Theorie. Im Rahmen des Smart-N-Projekts wurde 2022 auf drei Praxisbetrieben sowie auf der SFF mit Satellitenbildern teilflächenspezifisch gedüngt. Die Betriebe setzten dabei die eigenen Maschinen ein.
Drei Betriebsleiter besassen einen Traktor und einen Düngerstreuer mit automatischer Mengenregulierung, die auf Basis einer Dünger-Applikationskarte regulieren.
Auf dem vierten Betrieb wurde ebenfalls mit der vorhandenen Technik gearbeitet. Hier kam ein Düngerstreuer zum Einsatz, der auf dem Terminal manuell um 10 % nach oben oder unten verstellt werden kann.
Der Traktorfahrer hatte auf dem Smartphone die Applikationskarte, die ihm seine genaue Position und die Düngermenge anzeigte, die an diesem Standort appliziert werden soll. Im Praxisversuch wird neben der Satelliten-gestützten Düngung nach drei weiteren Varianten gedüngt:
- Betriebsvariante, bei welcher der Landwirt die Menge und Strategie vorgibt.
- Nmin-Variante nach «Grundlagen der Düngung» GRUD, bei der vor der Düngung der Stickstoffgehalt im Boden gemessen wird.Die erste Düngergabe wird ent-sprechend dieses Messresultats angepasst.
- Als Referenz wurden zudem an mehreren Stellen in den Feldern 0-Parzellen angelegt, auf denen kein Dünger ausgebracht wurde.
Auf den Kiesnestern keinen Dünger verschwendet
Zu welchen Erkenntnissen sind die Projektverantwortlichen nach diesem ersten Versuchsjahr gekommen? Das Projektziel im Smart-N besteht darin, durch die teilflächenspezifische, satellitengestützte Düngung die Stickstoffeffizienz zu verbessern und die Stickstoffüberschüsse möglichst gering zu halten. Dieses Ziel wurde im ersten Versuchsjahr auf 3 der 4 Flächen erreicht. «Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Agrarpolitik und die Bemühungen zur N-Reduktion erfreulich», sagt Florian Abt.
Gut abgeschnitten hat zudem die GRUD-Nmin-Variante auf einer Fläche mit hohen Nmin-Reserven zu Beginn der Saison: Der Ertrag im Verhältnis zum Düngerinput war auf dieser Fläche am grössten – während die Satelliten-gestützte Düngung dies nicht feststellte und dementsprechend mehr Dünger applizieren liess. «Die Satelliten-gestützte Düngung war bezüglich Stickstoffreservoir im Boden blind und lag deshalb daneben mit der Düngeempfehlung», stellt Florian Abt fest.
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«Die Stickstoffeffizienz ist im Hinblick auf die Agrarpolitik erfreulich.»
Florian Abt, Swiss Future Farm
Ist diese Technologie also in der Praxis unbrauchbar? Nein, so schnell schreibt Abt die Satelliten nicht ab. Die Nmin-Proben werden seit diesem Jahr auch in die teilflächenspezifische Methode integriert und diese damit zusätzlich optimiert.
Weiter war auf einem der anderen Betriebe die Heterogenität im Feld sehr hoch. Dort bewährte sich die teilflächenspezifische, satellitengestützte Dünger-Applikation: Es konnte teilflächenspezifisch gedüngt werden. Auf den Kiesnestern, bei denen das Ertragspotenzial nicht gross ist, wurde so kein Dünger verschwendet.
Wirtschaftlich noch nicht sonderlich interessant
Abt relativiert auch: «Die Datenmenge aus nur einem Versuchsjahr ist noch gering, die Resultate sollten daher nicht überinterpretiert werden.» Auch deshalb wurde die Anzahl der teilnehmenden Betriebe im aktuellen Jahr auf sieben Betriebe erhöht. Die Versuche werden dann auch 2024 nochmals wiederholt.
Die SFF stellte fest, dass der Aufwand zur Beratung und Begleitung der Betriebe bei der technischen Umsetzung nicht zu unterschätzen sei. «Aktuell rechnet sich die teilflächenspezifische Düngung für einzelne kleine Betriebe nicht, da nebst den technologischen Anschaffungen im Bereich Traktor und Düngerstreuer auch die Kartenprodukte erworben werden müssen und mit einem erhöhten Zeitbedarf gerechnet werden muss», so Abt.
Die Satelliten-gestützte teilflächenspezifische Düngung ist noch nicht massentauglich. Doch es wurden erste wertvolle Erfahrungen gesammelt. Praxisversuche wie Smart-N führten zu einer breiteren Akzeptanz der Technologien bei den LandwirtInnen, sagt Nils Zehner.
Interesse aus der Praxis nimmt zu
«Parallel zu unserer Arbeit und unserem Wissenstransfer in die Praxis entwickeln sich die Technologien auch immer weiter. Unser Auftrag ist, diese Entwicklung mitzuverfolgen und diese Technologien und deren Nutzen für die Praxis aufzuzeigen», so Zehner.
Und nicht nur die Technologien, sondern auch die LandwirtInnen entwickeln sich weiter: Seit der Anfangszeit der SFF beobachteten sie ein zunehmendes Interesse aus der Praxis, sagt Florian Abt: «Die 2022 und 2023 angebotenen Kurse zu Lenkungssystemen waren beispielsweise sehr gut besucht.» Im Rahmen des Smart-N-Projekts besteht das Ziel darin, durch die Erstellung von gutem Schulungsmaterial den Landwirtinnen und Landwirten den Einstieg in die teilflächenspezifische Düngung möglichst einfach zu gestalten.