Kurz & bündig

- Drei Wochen nach dem Abferkeln wechseln die Sauen und die Ferkel in eine Gruppenhaltung.
- Die Ferkel säugen sieben bis acht Wochen, das sind drei bis vier Wochen mehr als bei QM.
- Damit die Sauen trotz Laktation wieder rauschig werden, gehen sie ab der vierten Laktationswoche regelmässig zum Eber.
- Die Sauen tragen ab der fünften Woche wieder. Somit ist dieses Haltungssystem genau so effizient wie ein konventionelles.
- Die immunologisch kritische Phase wird dank der langen Säugedauer sehr gut überstanden.
- Die Ferkel lernen durch ihre Mütter besser fressen.
- Die Sauen erhalten eine TMR.
- Das Kraftfutter in der Ration mahlen Rucklis selber.

Zwei Muttersauen liegen im Stroh – in der gleichen Bucht. Ein Teil der Ferkel liegt bei den Sauen. Die anderen schlafen im Ferkelnest. Wir befinden uns im Gruppensäugestall der Familie Ruckli im luzernischen Sulz. Rucklis haben eine Gruppenhaltung für laktierende Sauen. Sie nennen es den «Kindergarten».

Ihr Stall sei eine «Umbau-Lösung», sagen Rucklis. Dennoch ist der Stall hoch und hell. Licht flutet durch die grossen Aussparungen an der Süd-Westfassade herein. Gleich darunter befinden sich die Ausgänge zu den Ausläufen. Dort döst eine dritte Muttersau.

Der Schweinezucht und -mastbetrieb der Familie Ruckli liegt hoch über dem Baldeggersee auf 800 m ü. M.

Bis im Jahr 2003 hielt die Familie Ruckli Milchkühe und stieg danach auf Schweinezucht und Schweinemast nach IP-Suisse-Richtlinien um.

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Der Vater und die Ruckli Juniors: Drei helle Köpfe für die Schweinehaltung

Schon immer hat Vater Anton Ruckli seine beiden Kinder Antonia und Gabriel bei Entscheidungen im Betrieb mit einbezogen.

«Während meinem Agrarstudium an der ETH Zürich, an der niederländischen Wageningen University & Research und auch jetzt durfte ich meine Projekte immer mit nach Hause nehmen und umsetzen», sagt Antonia Ruckli. Aktuell promoviert sie an der Universität für Bodenkultur in Wien in einem Projekt über nachhaltige Schweinehaltung, für das sie in Polen, Finnland und Österreich 55 Schweinebetriebe besucht hat.

Mit der Gruppenhaltung von laktierenden Sauen beschäftigte sie sich während ihrer Masterarbeit an der Wageningen University & Research. Antonia Ruckli kam mit dem Kopf voller neuen Ideen nach Hause. Am Familientisch wurde intensiv diskutiert und getüftelt. Drei Jahre lang haben Rucklis die Gruppenhaltung in verschiedenen Buchten getestet und Pläne für den grossen Stallumbau geschmiedet.

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Der Schweinestall ist in Funktionsbereiche unterteilt

Die Umbauphase im Winter 2019 und Frühling 2020 war intensiv und beanspruchte die ganze Familie Ruckli ebenso wie ihren langjährigen polnischen Mitarbeiter Grzegorz Spyra. «Der Betrieb mit den Schweinen musste auch während des Umbaus funktionieren», erklärt Vater Anton Ruckli. Der Galtsauenstall ist seit März 2020 fertig, und seit Mai auch der Gruppenstall der laktierenden Sauen.

«Ausreichend Platz und die Unterteilung in verschiedene Funktionsbereiche sind massgebend, damit ein solcher Stall funktioniert», sagt Antonia Ruckli. Mit Funktionsbereichen meint sie zum Beispiel den eingestreuten Liegebereich mit angrenzendem Ferkelnest, draussen den ungedeckten Auslauf, den Fressbereich mit Futterautomaten und den Kotbereich.

Vater Anton Ruckli arbeitet am meisten mit den Schweinen und bestätigt: «Es ist eine wahre Freude: Die Muttersauen wie die Ferkel koten draussen im Auslauf oder drinnen im Kotbereich.» Der eingestreute Liegebereich gebe kaum Arbeit und auch die Ferkelnester bleiben sauber.

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Die Ferkel säugen drei bis vier Wochen länger als normal

Die Abferkelbuchten befinden sich im ehemaligen Anbindestall der Kühe. Dort verbringen die Muttersauen die ersten drei Wochen nach dem Abferkeln mit den Ferkeln. Danach kommen die Muttersauen mit ihren Ferkeln in den Gruppensäugestall.

Rucklis lassen die Ferkel total sieben bis acht Wochen säugen, also drei bis vier Wochen länger als auf einem QM-Zuchtbetrieb (siehe Grafik). Das Problem dabei: Sauen kommen während der Laktation normalerweise nicht in den Östrus, werden also nicht rauschig oder wenn, dann nur spontan.

Würden Rucklis so lange warten bis die Ferkel abgesetzt sind, wären die Sauen erst neun Wochen nach der Geburt wieder trächtig. Das wären vier Wochen später als in einer QM-Haltung. Damit würden weniger Ferkel pro Sau und Jahr abgesetzt, was weder effizient und wahrscheinlich nicht kostendeckend wäre. Also was tun? Die Lösung ist verblüffend.

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Ein Schäferstündchen mit dem Eber für die Muttersau

Die Muttersauen gehen ab der vierten Laktationswoche für täglich 10 bis 12 Stunden zum Eber. «Quasi Ausgang und Ruhe von den Ferkeln», sagt Antonia Ruckli. Die schlafenden Ferkel merken jeweils nicht einmal, dass sich ihre Mütter aus dem Staub machen. Die Zeit mit dem Eber und die Ruhe über den Tag bewirken, dass die Muttersauen trotz Laktation nach ein paar Tagen einen Laktationsöstrus zeigen, also rauschig werden.

Dann werden die Sauen künstlich besamt und die meisten Sauen sind in der fünften Laktationswoche wieder tragend. Nach dem Belegen bleiben die Sauen wieder den ganzen Tag bis zum definitiven Absetzen mit den Ferkeln in der Bucht. «Damit können wir die gleiche Reproduktionsleistung behalten und dennoch das Tierwohl verbessern», hält Antonia Ruckli fest. Auf eine Trächtigkeitskontrolle verzichten Rucklis. «Es kommt sehr selten vor, dass eine Sau umrauscht. Und wenn eine umrauscht, dann haben wir einen Eber in der Galtsauengruppe, um die Umrauscher aufzuspüren», bemerkt Anton Ruckli.

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Vorteile durch Gruppenhaltung und verlängerte Säugedauer

«Ferkel in der freien Natur laufen 16 bis 20 Wochen mit der Muttersau mit und werden langsam entwöhnt. Das heisst, die Säuge-Intervalle werden immer grösser», sagt Antonia Ruckli. In der landwirtschaftlichen Praxis sind es aber meist nur vier bis sechs Wochen, das Absetzen erfolgt meist abrupt. Dies entspricht nur einem Bruchteil der natürlichen Säugedauer.

«Dies ist ein grosser Stress für die Ferkel und nicht selten treten Absetzprobleme auf, wie zum Beispiel Ödem oder Durchfall», sagt Antonia Ruckli. Auf dem Betrieb der Rucklis strebt man daher eine möglichst lange Säugedauer mit einem schrittweisen Absetzprozess an.

Weil die Sauen ab der vierten Woche täglich einen halben Tag beim Eber verbringen, gewöhnen sich die Ferkel daran, ohne ihre Mütter zu sein. «Wir sind überzeugt, dass die Ferkel so besser fressen lernen, weil sie länger bei den Müttern sind und das Fessverhalten von ihnen kopieren können», sagt Antonia Ruckli.

Rucklis beobachten, dass die Ferkel das Sauenfutter genauso oder gar lieber fressen als das Ferkelfutter. Die Ferkel sind beim Absetzen schon so gut an die Futteraufnahme gewohnt, dass der komplette Umstieg von Milch und Futter auf ausschliesslich Futter nur wenig Probleme bereitet. So überstehen die Ferkel die immunologisch kritische Phase sehr gut. Der Gruppenlaufstall ist seit einem halben Jahr in Betrieb, deshalb lassen sich noch keine abschliessenden Produktions-Kennzahlen nennen. Mit den bisherigen Erfahrungen rechnen Rucklis mit durchschnittlich 24 abgesetzten Ferkel pro Muttersau und Jahr.

Die Tierarzt-Kosten kommen vor allem von den Impfungen gegen Rotlauf und Porcines Circovirus (PCV-2). «Und Antibiotika gibt es nur noch für Einzeltierbehandlungen», sagt Antonia Ruckli. Für den ganzen Bestand seien das keine 200 Franken pro Jahr an Kosten für Antibiotika.

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Genügend Platz und sorgfältige Gruppenbildung

Jeweils zwei bis vier laktierende Sauen teilen sich eine Bucht. Bei der Gruppenbildung achten Rucklis darauf, dass die Gruppen möglichst ähnlich sind. Das bedeutet, dass die Ferkel und die Muttersauen etwa gleich gross sein sollten, um sich eine Bucht zu teilen. «Besonders grosse und starke Ferkel setzen wir vorzeitig ab, sie kommen in eine separate Bucht mit Ferkelnestern», erklärt Antonia Ruckli. Damit wachsen die Ferkel nicht zu sehr auseinander und kleinere Ferkel haben dann wieder genügend Platz beim Säugen.

Auf die Frage, ob es vorkommt, dass eine Sau die Ferkel einer anderen Sau tötet, schüttelt Antonia Ruckli den Kopf. Das sei bis jetzt noch nie vor-gekommen, auch nicht während der dreijährigen Testphase.

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Kaum Konflikte: Die 120 Sauen kennen sich alle

Wie der Gruppensäugestall ist der Galtsauenstall in verschiedene Funktionsbereiche aufgeteilt: Liege-, Kot- und Fütterungsbereich. Den Stall gestalteten Rucklis grosszügig. Die Sauen müssen sich bewegen, wenn sie von einem Funktionsbereich in einen anderen wollen. «Damit bleiben sie fit», sagt Gabriel Ruckli.

Die Galtsauen werden alle in einer grossen Gruppe gehalten. «Sie sind alle aneinander gewöhnt und die meisten Rangkämpfe sind bereits ausgetragen», erklärt Gabriel Ruckli. Es treten daher kaum Konflikte zwischen den Sauen auf, wenn sie in den Gruppensäugestall oder wieder zurück in den Galtstall wechseln. «Wichtig ist aber, dass es genügend Platz und Ausweichmöglichkeiten gibt.»

Neben dem Galtsauenstall befindet sich eine Weide. Wenn es der Boden zulässt, dürfen sich die Sauen ab und zu darauf austoben, grasen und suhlen.

Rucklis haben den ganzen Umbau (Galt- und Gruppensäugestall) selber geplant und gebaut. «Wir haben darauf geachtet, dass man eine gute Sicht in die Buchten hat und man sich schnell einen Überblick über die Tiergesundheit verschaffen kann», erklärt Anton Ruckli.

Der ganze Stall ist mit dem Hoflader befahrbar. Einstreuen, Misten, Laufhof Putzen, Füttern: Nichts läuft ohne den Hoflader. «Der ist unser bester Helfer», sagt Antonia und lacht.

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Tiefe Betriebskosten sind das A und O

Das hohe Tierwohl in Rucklis Stall honoriert kein Label. Wie rechtfertig sich diese Haltung wirtschaftlich? «Das Modernste ist nicht immer das Wirtschaftlichste», hält Anton Ruckli fest. Mit möglichst tiefen Betriebskosten holt er das Optimum heraus. «Auf dem Betrieb wird viel selber entwickelt, geplant und gebaut», sagt Anton Ruckli. Auch durch die TMR-Fütterung können Futterkosten reduziert werden. «Das Tierwohl ist uns sehr wichtig, aber schlussendlich muss es auch im Portemonnaie stimmen», sagt Anton Ruckli.

«Aber das heisst nicht, dass wir nicht mit der Zeit mitgehen», fügt Gabriel Ruckli an. Beim Sauenplaner setzen sie auf PigExpert, eine niederländische Software von AgriSyst.

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Im Dienst der Schweine: Rucklis werden weiter tüfteln

«Es war uns wichtig, ein System zu entwickeln, welches in Zukunft auch für mittlere und Grossbetriebe funktionieren könnte», erklärt Gabriel Ruckli. Die Umbau-Lösung in Sulz funktioniere gut. «Es wäre aber sehr interessant, einen Betrieb von Grund auf zu planen und eine Art Modulstall zu entwerfen.» Weniger auslagern, mehr selber machen und dafür auch weniger abhängig von Grosskonzernen sein, das ist Rucklis Ziel.

Die jungen Rucklis träumen davon, ihre Schweinehaltung und -fütterung noch weiter auszufeilen. «Unser Hobby ist Planen und Bauen», sagt Antonia Ruckli. Beide Rucklis stecken sehr viel Freizeit in den Betrieb, aber machen das mit viel Leidenschaft!

Und sie gibt offen zu: «Ganz ehrlich», sagt Antonia Ruckli, «würde unser Papa uns nicht all die Möglichkeit geben, unser Wissen zu Hause umzusetzen, um das Tierwohl zu verbessern, wären wir heute nicht an dem Punkt mit der Schweinehaltung, an dem wir nun sind. Aber ohne die Erfahrungen und die Offenheit von unserem Papa wäre das nicht möglich gewesen.»

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TMR für Schweine? Das geht!

Auch Gabriel Ruckli hat sich den Schweinen verschrieben. Er studiert Agronomie an der HAFL in Zollikofen. Er befasste sich mit der TMR-Fütterung bei Schweinen und setzt diese seit Dezember 2019 auf dem elterlichen Betrieb um.

«Keine praktizierende Fütterungstechnologie für Galtsauen hat uns restlos über-zeugt, weder eine Abruf-Fütterungsstation noch Einzelfressstände», sagt Gabriel Ruckli. Der Grund liegt vor allem im natürlichen Verhalten der Schweine:

«Aus der Forschung weiss man, dass Schweine in freier Wildbahn sieben Stunden pro Tag mit der Futtersuche und ein Drittel ihrer Tagesaktivität mit Grasen verbringen», erklärt Gabriel Ruckli. Die neue Fütterungsplanung hat Gabriel Ruckli in einer Semesterarbeit an der HAFL gerechnet. Er wollte herausfinden, wie man die Sauen bedarfsgerecht und auch artgerecht füttern kann. Heraus kam eine TMR-Fütterung mit Futtervorlage, wie man das bei den Kühen kennt.

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Kraftfutter: Rucklis mahlen das Getreide selber

50 Prozent der Energie in der TMR liefert das Gras oder die Grassilage in Kombination mit Heu. Die anderen 50 Prozent der Energie kommen aus Kraftfutter. Rucklis mischen die TMR jeden Morgen mit einem stationären Futtermischer. Mit dem Hoflader befüllen sie die gesamthaft 32 m langen Futterraufen.

Für die grasreiche Fütterung bauen Rucklis vermehrt zweijährige Kunstwiesen-Mischungen an. «Die Leguminosen in der Mischung liefern einen Teil des Rohproteins in der TMR», erklärt Gabriel Ruckli. Eine Kunstwiese hat mit 52 Prozent im Gegensatz zu Sojaextraktionsschrot (88 Prozent) zwar eine tiefere Verdaulichkeit, trotzdem ist Gabriel Rucklis Ziel, bei den Galtsauen die Komponente Soja ganz aus der Fütterung auszuschliessen. Mittels Aminosäurezusatz ist das möglich.

Den Kraftfutter-Anteil in der TMR mahlen Rucklis selber aus ihrem Getreide und aus zugekauftem Getreide von Nachbarbetrieben.

Gabriel Ruckli ist überzeugt, dass eine TMR-Fütterung auch bei Schweinen Fuss fassen könnte. «Es macht gerade im Grasland Schweiz Sinn, das Gras auch in der Schweinefütterung einzusetzen», sagt Gabriel Ruckli. «Geschlossene Kreisläufe sind auch in der Schweinehaltung anzustreben.» Zudem kann auf dem Betrieb der Rucklis die Fruchtfolge durch den Anbau von Kunstwiesen optimiert werden.

Doch ist die TMR-Fütterung nicht wahnsinnig zeitintensiv? Gabriel Ruckli verneint: «Ich rechne eine halbe Stunde für die Futterzubereitung (Einfüllen, Mischen und Verteilen mit dem Hoflader). Im Sommer kommt noch das morgendliche Eingrasen dazu.»

Betriebseigenes Futter: hochwertig und bedarfsgerecht

Gabriel Rucklis Fernziel ist es, auch das Mastfutter und Ferkelfutter künftig selber herzustellen. Dazu müssen die alte Mühle und die Mischanlage ersetzt werden. Auch die Anschaffung von Hochsilos für Gras- und Maissilage ist eine Option. Der neue stationäre Futtermischer hat eine integrierte Waage und ist so ausgerüstet, dass man damit verschiedene Schnecken ansteuern kann. «Das ermöglicht uns, ein hochwertiges und bedarfs- und artgerechtes Futter herzustellen», sagt Gabriel Ruckli.

Betriebsspiegel Sonnenhof

Rita Scherer Ruckli und Anton Ruckli mit Antonia (27) und Gabriel (23), Sulz LU

LN:24,3 ha
Bewirtschaftung: ÖLN
Betriebszweige:Schweinezucht und -mast, Ackerbau
Tierbestand: 120 Muttersauen, 300 Mastschweineplätze, 2 Eber, 2 Pferde, 6 Schafe, Hühner, Gänse
Kulturen: Weizen, Gerste, Triticale, Raps, Mais, Hafer, Kunstwiesen
Arbeitskräfte: Anton Ruckli und Grzegorz Spyra (40 %), Antonia und Gabriel Ruckli an den Wochenenden und Ferien. Rita Scherer Ruckli arbeitet als selbstständige Physiotherapeutin und bietet Hippotherapie auf dem Hof an.

www.rucklijuniors.ch

Instagram: rucklijuniors

Facebook: Ruckli Juniors