Kurz & bündig
- Alexander Zürcher macht sich Gedanken zur Biosicherheit im Schweinestall. Er interessiert sich daher für das neue Programm Suisag-Biosec.
- Tierarzt Thomas Barmettler besuchte den Landwirt und gab Verbesserungsvorschläge respektive -anweisungen. Diese muss Zürcher umsetzen, um bei Suisag-Biosec mitmachen zu können.
- Angepasst werden muss die Hygieneschleuse.
- Andere Punkte – Schadnagerbekämpfung oder Kadaverentsorgung – sind bereits in Ordnung.

Alexander Zürcher hat den Schweinestall nicht extra herausgeputzt. «Ich will ehrlich zeigen, auf welchem Hygienelevel meine Schweinehaltung ist», sagt der Landwirt. Beim Stallrundgang wird klar, dass zwar nicht jeder Stallgang blitzblank ist, dass aber der Sauberkeitsstandard hoch ist und sich der 35-Jährige schon viele Gedanken zur Hygiene und Biosicherheit macht.

AboRund um einen Schweinestall ist ein Zaun erreichtet. Ein Plakat am Zaun weist darauf hin, dass die Schweine nicht gefüttert werden sollten.SchweinegesundheitSuisag-BioSec: Neues Programm für die Biosicherheit im SchweinestallMontag, 11. Dezember 2023 Alexander und seine Frau Katja Zürcher bewirtschaften gemeinsam einen Betrieb oberhalb von Zollbrück BE. Als Züchter produzieren sie Ferkel in einem arbeitsteiligen Ferkelring. Das bringt einen regen Tiertransport mit sich – wodurch das Risiko steigen kann, Krankheitserreger auf dem Betrieb einzuschleppen. 

Alexander Zürcher macht sich daher schon länger Gedanken zur Biosicherheit in der Schweinehaltung. Er hatte die Risikoampel zur Afrikanischen Schweinepest (ASP) ausgefüllt und sich anschliessend gemeldet, um bei Suisag-Biosec aufgenommen zu werden, dem neuen Programm der Suisag.

«Ich wollte wissen, wo ich stehe und wo ich mich noch verbessern könnte», erklärt Zürcher. Der Stallrundgang findet statt, weil Thomas Barmettler, Tierarzt beim Schweinegesundheitsdienst (SGD) der Suisag, eine Einschätzung zur Biosicherheit vornimmt.

Die fünf Punkte, die zwingend erfüllt sein müssen

Konkret müssen unter anderem folgende Punkte von Zürchers erfüllt werden, bevor sie das Suisag-Biosec-Zertifikat erhalten können:

  1. Sofern Auslauf vorhanden: Wildschwein-sicher umzäunt (kein Nase-Nase-Kontakt möglich; kein Durchschlupf von Frischlingen möglich).
  2. Silos, Futterlager, Mistplatte und Verladerampe ebenfalls umzäunt.
  3. Schleuse vorhanden (vor jedem Stalleingang, sodass ein klarer Schwarz-Weiss-Bereich entsteht).
  4. Zugang zu Schweinen findet nur durch Schleuse statt.
  5. Handwaschgelegenheit vorhanden (Lavabo).

Punkt 1 ist bei Zürchers kein Thema, denn die Schweine werden ohne Auslauf gehalten.

Das Futter und auch das Stroh umzäunen 

Bei Punkt 2 werden einige Anpassungen nötig sein, wie Thomas Barmettler feststellt. «Das Futtersilo darf nicht für Wildschweine zugänglich sein. Das heisst, die ganze Futterplatte muss umzäunt werden», erklärt der Tierarzt. Im Fall von Zürchers wird es ausreichen, auf den vorderen beiden Seiten die Wand hochzuziehen. Damit hat Alexander Zürcher bereits begonnen. 1,2 Meter hoch muss am Ende die Absperrung mindestens sein. Auf den hinteren Seiten fällt die Betonwand der Futterplatte ab, bedingt durch die Hanglage des ganzen Betriebs.

Das Strohlager, das ebenfalls geschützt werden muss, befindet sich unterhalb des Stalldachs, für Wildschweine unerreichbar. Aber an andere Tiere muss gedacht werden: an Mäuse und Ratten, für die die Strohballen das Paradies sein könnten.

Denn bei Suisag-Biosec geht es nicht nur um ASP, sondern auch um das grundsätzliche Verhindern von Krankheiten durch gute Hygiene und hohe Biosicherheit. Schadnager stellen dabei ein Risiko dar, weil sie Krankheiten übertragen könnten.

Gegen die Schadnager stellt Zürcher entlang der Wände Fallen auf. «Sie dienen als Zeiger. Fange ich eine, kann ich davon ausgehen, dass es weitere hat und dass ich die Situation im Auge behalten muss», erklärt er. Im Stall hat er glücklicherweise seit längerer Zeit nichts mehr gefangen.

Der Transport mit der Box ist in Ordnung

Zürchers haben keine Mistplatte mit Schweinemist. Kot und Harn gehen in die Güllegrube, die bestens geschützt ist vor wilden Tieren.

Bleibt noch die Verladerampe. Hier zeigt sich eine Eigenheit des Betriebs, welche die Sache erschwert: Die Sauen, Ferkel, Jager und Mastschweine sind auf insgesamt drei Ställe verteilt. Das eine Gebäude ist zweistöckig, wobei es für jeden Stock einen separaten Eingang gibt. Jager und Mastschweine werden im Nebengebäude gehalten.

Werden Schweine gezügelt oder verladen, bugsiert Zürcher die Tiere in eine Box, die er mit dem Hoflader transportieren kann. «Das ist aus-reichend, um die Schweine vor dem Kontakt mit Wildschweinen und deren Spuren zu schützen», bestätigt Thomas Barmettler. Würde Zürcher die Schweine zu Fuss über den Hofplatz treiben, müsste der gesamte Betrieb umzäunt werden, um sie ausreichend schützen zu können. Mit Zürchers Boxenlösung erübrigt sich dies.

Betriebsspiegel der Familie Zürcher
Katja und Alexander Zürcher, Zollbrück BE

LN: 11 ha
Kulturen: Grünland
Tierbestand: 44 Abferkelplätze, 750 Aufzucht- und 90 Mastplätze für Schweine, 27 Mastrinder
Arbeitskräfte: Katja und Alexander Zürcher

Die vielen Stalleingänge sind ein Knackpunkt

Die vielen Stalleingänge erschweren die Biosicherheit bei den Punkten 3 und 4. Denn Zürchers brauchen bei jedem Stalleingang eine Schleuse, in der die Schuhe angezogen werden, die in diesem Stall – und nur in diesem Stall – getragen werden. So wird verhindert, dass die Stiefel ausserhalb des Stalls kontaminiert werden, etwa durch Blut oder Kot eines anderen Schweins.

«Das ASP-Virus kann auf der menschlichen Haut tagelang und auf Kleidern wochenlang überleben», sagt Thomas Barmettler. Deshalb ist es so wichtig, stalleigene Schuhe und auch Kleidung anzuziehen und sich die Hände mit Seife zu waschen (Punkt 5).

Alexander Zürcher hat für seine Besucher sehr wohl ein Kombi und saubere Stiefel parat. Auch die Hände können gewaschen werden. Mit den Stiefeln müssen dann aber alle – auch der Betriebsleiter selbst – über den Hofplatz gehen. Wäre vorher ein Wildschwein, das mit ASP infiziert ist, vorbeigelaufen und hätte gekotet, wäre es möglich, das Virus in den Stall zu schleppen.

Eine schwarz-weisse Hygieneschleuse

Thomas Barmettler empfiehlt daher, dass der Betriebsleiter bei jedem Stalleingang optisch einen Schwarz-Weiss-Bereich markiert (siehe Illustration). Dies zum Beispiel mittels farbigem Rechteck auf dem Boden, in welchem die Strassenschuhe ausgezogen werden. Im Weissbereich steht dann ein neues Paar Stiefel für jeden Stall bereit.

Eine Handwaschgelegenheit hat Zürcher bereits an zwei von drei Eingängen und auch einen Handschuhwechsel macht er in jedem Stall. Damit er nicht alle Eingänge auch noch mit Besucherstiefeln verstellen muss, könnte er einem Besucher Stiefel zur Verfügung stellen und ihn dann in jedem Stall neue Plastiküberzieher anziehen lassen.

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Kadavertransport im Autoanhänger, der nur dazu genutzt wird

Nebst den fünf Hauptanforderungen müssen Zürchers aus einem Katalog von sogenannten Biosicherheitspunkten (siehe Artikelende) mindestens zwei Drittel der Punkte erreichen, bevor sie zertifiziert werden. Hier sind Zürchers bereits auf gutem Weg: Die Schadnagerbekämpfung, die Stallreinigung und auch die Kadaverentsorgung sind zufriedenstellend.

Letztere erledigt Alexander Zürcher meist am gleichen Tag, indem er den Kadaver in einem Autoanhänger, der nur dazu genutzt wird, in die Kadaversammelstelle fährt. «Sollte dazu einmal keine Zeit sein, kann der Kadaver in einer eigens dafür aufgestellten Tiefkühltruhe eingefroren werden. So bleibt er sicher gelagert, bis er dann entsorgt werden kann», empfiehlt Thomas Barmettler.

Vieles ist erfüllt – was bleibt noch zu tun?

Nach dem Betriebsrundgang kann zusammenfassend gesagt werden, dass Alexander Zürcher die Futtersilos abgrenzen und die Hygieneschleuse verbessern muss, bevor er das Suisag-Biosec-Zertifikat erhält. «Ich werde versuchen, diese Massnahmen umzusetzen», sagt er.

Er sehe keine grossen Hindernisse und schätze das als machbar ein, ermutigt Tierarzt Barmettler: «Ich merke, dass auf eurem Betrieb die Biosicherheit heute schon gelebt wird. Das ist sehr wichtig, denn der Mensch und seine Gewohnheiten sind auch nach baulichen Anpassungen immer noch das grösste Risiko.»

Der Landwirt hat eine gut ausgestattete Werkstatt, mit der er oftmals kleinere Bauarbeiten selbst ausführt, wie er erklärt. Die Kosten für die Massnahmen schätzt er daher als gering ein.

Zürchers haben ein halbes Jahr Zeit, die Massnahmen umzusetzen. Danach wird der SGD einen weiteren Besuch machen und überprüfen, ob er dem Betrieb das Zertifikat ausstellen kann.

Positive Effekte, aber keine Vorteile im Seuchenfall

Zum Schluss fragt Alexander Zürcher noch, was denn die Vorteile der Zertifizierung sind – von den positiven Effekten einer erhöhten Biosicherheit auf dem Betrieb einmal abgesehen. BetriebsleiterInnen erhalten laufend die neusten Informationen rund um Stallhygiene und Biosicherheit, entgegnet Thomas Barmettler. Denn im kostenpflichtigen Suisag-Biosec-Programm (Fr. 550.– im ersten Jahr, danach Fr. 450.– pro Jahr) sind Weiterbildungen enthalten. Ebenfalls enthalten sind:

  • Ein ordentlicher Betriebsbesuch durch Tierärzte der Suisag pro Jahr
  • 10 Prozent Rabatt auf Material zur Erstellung von Schutzzäunen (Zaunteam)
  • 10 Prozent Prämienrabatt auf Tierseuchenversicherung bei definitiver Zertifizierung (Schweizer Hagel)

Haben denn zertifizierte Betriebe im Seuchenfall einen Vorteil? Können sie beispielsweise auch aus einer errichteten Schutzzone heraus Schweine liefern? Stand heute: Nein. Bezüglich Massnahmen im Seuchenfall gebe es vonseiten Bund oder Kantonen noch keine Zusicherung, sagt Nadine von Büren, Mitglied der Suisag-Geschäftsleitung und Mitverantwortliche beim Suisag-Biosec-Programm. «Wir sind überzeugt, dass zertifizierte Betriebe einen sehr hohen Biosicherheitsstandard haben.»

Einzelne Kantone sind interessiert

Von kantonaler Seite aus bestehe Interesse an Suisag-Biosec, informiert von Büren:

  • Das Veterinäramt des Kantons Thurgau übernimmt den ersten Jahresbeitrag von Fr. 550.– und möchte damit die Schweinehalter bei der Umsetzung von Biosicherheit unterstützen.
  • Das Landwirtschaftsamt Zug unterstützt Suisag-Biosec im Zusammenhang mit dem Nachhaltigkeits- und Innovationsprojekt KERB. Jeder Zuger Schweinehalter erhält einen jährlichen Beitrag von Fr. 300.– bei Vorlage des Zertifikats.

Übrigens können Betriebe auch wieder aus dem Programm aussteigen. «Sie zahlen jeweils für ein Jahr Dienstleistung. Wenn sie diese nicht mehr benötigen, können sie jederzeit aussteigen», sagt Nadine von Büren.

Sie hätten bereits Interessenten, die gerne die Beratung, Fortbildung und den Rabatt vom Zaunteam nutzen wollen, obwohl sie selbst wüssten, dass sie die definitive Zertifizierung vermutlich nie erreichen werden. Auch solchen Betrieben stehe es frei, für ein Jahr am Programm teilzunehmen, erklärt von Büren.


Biosicherheitspunkte

Die Punkte sind in verschiedene Kategorien gegliedert und unterschiedlich stark gewichtet. Total können 49 Biosicherheitspunkte erreicht werden. Um zertifiziert zu werden, müssen mindestens zwei Drittel, also mindestens 33 Biosicherheitspunkte, erreicht werden:

Betriebsstruktur

  • Keine Weidehaltung
  • Quarantäneställe vorhanden und genutzt (betrifft nur fremd-remontierende Zuchtbetriebe)
  • Keine überbetriebliche Nutzung von Güllefahrzeugen/Gülle

Schädlinge

  • Systemische Schadnagerbekämpfung
  • Systemische Fliegenbekämpfung
  • Kein Vogeleinflug

Kadavermanagement

  • Korrekte Kadaverlagerung/sofortige Entsorgung
  • Extra Schuhwerk
  • Extra Kleidung
  • Auslaufsicheres Transportbehältnis

Zutritt zum Stall

  • Hunde und Katzen haben keinen Zugang zum Stall
  • Schweinestall-eigene Stiefel und Nutzung (Betriebsleiter/Mitarbeiter)
  • Betriebseigene Kleidung und Stiefel/Überzieher für Besucher

Reinigung und Desinfektion

  • Reinigung 60 Grad, HD
  • Leerzeit länger als drei Tage

Desinfektion

  • Umgang mit kranken Tieren
  • Fix installierte Krankenbucht, die als solche genutzt wird
  • Lage der Krankenbucht / Arbeitsablauf sinnvoll

Quelle: Reglement Suisag-Biosec-Programm