Das Klimaschutzgesetz ist ein Gesetz für die Landwirtschaft – oder zumindest nicht gegen die Landwirtschaft. Denn das Klima- und Innovationsgesetz, wie es korrekt heisst, ist das Resultat eines typisch eidgenössischen Kompromisses: Die InitiantInnen der 2019 eingereichten Gletscher-Initiative wollten den Verbrauch von Öl, Benzin, Diesel und Erdgas ab dem Jahr 2050 ratzebutz verbieten.

Bundesrat und Parlament ging das dann doch es bitzli zu weit. Das Parlament arbeitete deshalb einen indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative aus, der gleich drei Vorteile hat:

  1. starker Klimaschutz
  2. sichere Energieversorgung
  3. reduzierte Abhängigkeit der Schweiz von Energie-Importen

Mit diesem indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative auf dem Tisch zogen die InitiantInnen ihr Anliegen bedingt zurück. «Bedingt» bedeutet, dass wir über die Gletscher-Initiative doch noch abstimmen müssen, falls das Klimaschutzgesetz am 18. Juni 2023 an der Urne scheitert.

Im Parlament stellten sich die Parteien geschlossen hinter das Gesetz – mit Ausnahme der SVP, die das Referendum ergriff und von einem «Stromfresser-Gesetz» redet. Business as usual: Die SVP gegen den Rest.

Das Klimaschutzgesetz ist ein Investitions-Programm für Hausbesitzern, Industrie und Unternehmen

Dabei macht das Klimaschutzgesetz alles richtig, was das 2019 mit 51,6 Prozent Nein-Stimmen nur knapp abgelehnte Bundesgesetz über die Reduktion der CO2-Emissionen falsch machte: Das CO2-Gesetz wollte den Klimawandel mit Verboten und höheren (Benzin-)Abgaben stoppen.

Das Klimaschutzgesetz ist dagegen ein Investitions-Programm, das Hausbesitzern und Industrie sowie Unternehmen über zehn Jahre 4 Milliarden Franken vom Bund bringt.

Der Schweizer Bauernverband SBV sagt Ja zum Klimaschutzgesetz

Die SVP wirft dagegen mit der astronomischen Summe von 387 Milliarden Franken um sich, welche das Klimaschutzgesetz kosten soll. Sie rechnete einfach alle Investitionen von Hausbesitzern und Industrie/Unternehmen bis 2050 zusammen. Egal, ob diese einen Zusammenhang mit dem Klimaschutzgesetz haben oder nicht. Kann man machen. Ist aber unschön.

Apropos SVP: Die Landwirtschaftskammer LAKA (das Parlament des Schweizer Bauernverbandes SBV) empfiehlt gegen den Widerstand der SVP-Politiker in ihren Reihen die Ja-Parole zum Klimaschutzgesetz.

Es ist nicht das erste Mal, dass die LAKA eine Ja-Parole beschliesst, welche von der SVP harsch kritisiert wird: Schon 2021 beschloss die Landwirtschaftskammer ein Ja zum CO2-Gesetz, was die SVP damals als «falsch und unglaubwürdig, ja als Schlag ins Gesicht» bezeichnete.

Den Ausschlag für die Ja-Parole gab die Erkenntnis, dass gerade die Landwirtschaft vom Klimawandel stark betroffen ist. Es wäre schwer zu vermitteln, warum die Landwirtschaft ein Gesetz ablehnt, das die Emissionen vor allem dort reduzieren will, wo sie grösstenteils anfallen: Gebäude und Industrie sowie Unternehmen.

Die Landwirtschaft ist vom Klimaschutzgesetz nicht betroffen und profitiert sogar davon: Mit Photovoltaik-und Biogas-Anlagen sind die Schweizer Landwirte für die Stromversorgung ein Teil der Lösung.

Bäuerinnen und Romands überstimmen SVP-Exponenten in der LAKA

Gegen die Ja-Parole votierten LAKA-Mitglieder wie die Nationalräte Martin Haab (SVP/ZH), Andreas Gafner (EDU/BE) und Erich von Siebenthal (SVP/BE). Das Gremium beschloss aber mit 46 zu 40 Stimmen die Ja-Parole.

Den Ausschlag dazu gaben die Frauen sowie die Westschweizer und Luzerner Vertreter unter Führung von Nationalrätin Priska Wismer-Felder (Mitte/LU).

Wegen unterschiedlichen Meinungen innerhalb der Landwirtschaft hält sich der SBV im Abstimmungskampf zurück. Statt mit dem SBV wirbt Priska Wismer-Felder nun unter anderem mit Nationalrätin Christine Badertscher und Landfrauen-Präsidentin Anne Challandes im Landkomitee für ein Ja.

Im Landkomitee mit dabei sind aber auch Loïc Bardet (Direktor des Westschweizer Bauerndachverbandes Agora), SBV-Vizepräsident Fritz Glauser (Präsident Schweizerischer Getreideproduzentenverband und Präsident Freiburgischer Bauernverband) sowie die SBV-Vorstandsmitglieder Claude Bähler (Präsident Prométerre), Fritz Waldvogel (Präsident Glarner Bauernverband) und Jakob Lütolf (Präsident Zentralschweizer Bauernbund).


Die Parolen von Parteien & Verbänden

Ja-Parole für das Klimaschutzgesetz

  • Bundesrat und Kantone
  • Grüne, SP, GLP, Mitte, EVP, FDP
  • Schweizer Bauernverband SBV
  • Bio Suisse, IP-Suisse
  • Umweltverbände
  • Economiesuisse

Nein-Parole für das Klimaschutzgesetz

  • SVP, EDU
  • Hauseigentümerverband HEV
  • Gastrosuisse

Was will das Klimaschutzgesetz?

Bei einem Ja für das Klimaschutzgesetz soll die Schweiz bis ins Jahr 2050 klimaneutral werden. Zu diesem sogenannten Netto-Null-Ziel hat sich die Schweiz 2017 im Pariser Klima-Abkommen verpflichtet.

Konkret bedeutet dies, dass die Schweiz nur so viel Kohlenstoff in die Atmosphäre ausstossen darf, wie sie selbst auch wieder aufnehmen kann: durch Böden, Wälder und (künftige) technische Lösungen.


Wer ist vom Klimaschutzgesetz betroffen?

Dazu schauen wir zuerst, wer den grössten CO2-Ausstoss hat:

  • 32 % Verkehr, ohne Flugverkehr
  • 24 % Gebäude
  • 25 % Industrie/Unternehmen
  • 15 % Diverse
  • 4 % Landwirtschaft, nur Vieh

Den Verkehr ignoriert das Gesetz «grosszügig», das Klimaschutzgesetz ist stattdessen ein auf zehn Jahre angelegtes Investitions-Programm für Hausbesitzer und Industrie/Unternehmen.

  • Hausbesitzer, die ihren Öl- oder Gaskessel gegen eine Wärmepumpe tauschen, sollen 10'000 Franken erhalten. Das kostet den Bund insgesamt 2 Milliarden Franken.
  • Industrie/Unternehmen sollen mit Technologien wie Hochleistungs-Wärmepumpen klimaneutral werden. Das kostet den Bund bis 2030 jährlich 200 Millionen Franken, also rund 1,4 Milliarden Franken.
  • Der Bund und die Kantone sollen selber eine Vorreiterrolle einnehmen und vor 2050 klimaneutral sein.
  • Die Kantone sollen weitere Gesetze und Verordnungen erlassen, um die Klimaziele einzuhalten.