Die Landwirtschaftskammer LAKA des Schweizer Bauernverbandes SBV empfiehlt überraschend ein Ja zum Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit (Klimaschutz-Gesetz oder KIG). Überraschend, weil am gleichen Tag in der «BauernZeitung» der Präsident des Zürcher Bauernverbandes und SVP-Nationalrat Martin Haab schrieb, «das Klimaschutzgesetz ist teuer und gefährlich für die Landwirtschaft».

Es ist nicht das erste Mal, dass die Landwirtschaftskammer eine Ja-Parole beschliesst, welche von der SVP harsch kritisiert wird: Schon 2021 beschloss die LAKA ein Ja zum CO2-Gesetz, was die SVP damals als «falsch und unglaubwürdig, ja als Schlag ins Gesicht» bezeichnete.

Diese Parteien und Verbände empfehlen die Ja-Parole zum Klimaschutz-Gesetz

Die Volksabstimmung über das Klimaschutz-Gesetz findet am 18. Juni 2023 statt. Das Gesetz wurde vom Parlament als indirekter Gegenentwurf zur Gletscher-Initiative ausgearbeitet, da diese dem Bundesrat und dem Parlament zu weit ging. Die Gletscher-Initiative wurde dafür unter der Bedingung zurückgezogen, dass das Klimaschutz-Gesetz am 18. Juni angenommen wird.

Die bisher bekannten Parolen zum Klimaschutz-Gesetz:

  • Ja-Parole: SP, Grüne, EVP, Grünliberale GLP, Die Mitte, diverse Umwelt- und Klimaschutzorganisationen, Schweizer Bauernverband SBV, Bio Suisse, IP-Suisse, Kleinbauernvereinigung
  • Nein-Parole: SVP, EDU, Hauseigentümerverband HEV

Überraschende Ja-Parole der SBV-Landwirtschaftskammer zum Klimaschutz-Gesetz

Gaudenz Flury (42) auf dem Meteo-Dach: Seine einfach verständlichen Wetterprognosen basieren auf komplexen Computermodellen.KlimawandelInterview mit Meteorologe Gaudenz Flury über Klima, Wetter und das HeuenMittwoch, 26. April 2023 Die Landwirtschaftskammer LAKA machte am 20. April 2023 eine Pro- und Kontra-Auslegeordnung zum Klimaschutz-Gesetz, heisst es beim Schweizer Bauernverband. Bei einer ersten Abstimmung votierten rund zwei Drittel der LAKA-Mitglieder für eine Ja-Parole. Die Schlussabstimmung (Ja-Parole oder Stimmfreigabe) ging aber eher knapp für die Ja-Parole aus.

Den Ausschlag für die die Abstimmungsempfehlung mit einem Ja habe gegeben, dass die Landwirtschaft vom Klimawandel stark betroffen sei. Es wäre schwer zu vermitteln, warum die Landwirtschaft ein Gesetz ablehnt, das die Emissionen vor allem dort reduzieren will, wo sie grösstenteils anfallen: Verkehr und Gebäude.

Wobei in der Diskussion unbestritten war, dass insbesondere die Stromversorgung eine Herausforderungen sein wird. Dabei könne aber die Landwirtschaft mit ihren vielen Dachflächen und Biogas-Anlagen ein Teil der Lösung sein.

In der LAKA stimmten offenbar die Romands fast geschlossen für ein Ja zum Klimaschutz-Gesetz. Einige Zürcher und Berner LAKAS-Mitglieder – unter ihnen die Nationalräte Martin Haab (SVP/ZH), Andreas Gafner (EDU/BE) und Erich von Siebenthal (SVP/BE) votierten gegen ein Ja zum Klimaschutz-Gesetz.

Aufgrund der unterschiedlichen Meinungen innerhalb der Landwirtschaft wird sich der Schweizer Bauernverband aus dem Abstimmungskampf um das Klimaschutz-Gesetz zurückhalten.

Die Landwirtschaftskammer LAKA des Schweizer Bauernverbandes SBV

Die Landwirtschaftskammer LAKA ist das Parlament des Schweizer Bauernverbandes SBV. Ihre Aufgaben sind seit den 1990er-Jahren (vorher als Grosser Vorstand) neben der Parolenfassung auch Eingaben an Behörden und die Aufsicht über die Geschäftsführung des Bauernverbandes. Die LAKA wählt jeweils auch den neuen Direktor des Schweizer Bauernverbandes.

Die 106 Mitglieder der Landwirtschaftskammer werden von der SBV-Delegiertenversammlung aus den Reihen der 500 Delegierten gewählt.

Die LAKA des Schweizer Bauernverbandes kann nicht verglichen werden mit den Landwirtschaftskammern (Bauernkammer) in Deutschland und Österreich, die berufsständische Organisation der Landwirtschaft sind.

Um was geht es beim Klimaschutz-Gesetz?

Das Klimaschutz-Gesetz enthält konkrete Verminderungsziele. Bis 2040 müssen die Emissionen insgesamt gegenüber 1990 um 75 Prozent zurückgehen – soweit als möglich durch die Reduktion des Treibhausgas-Ausstosses im Inland. Verbleibende Emissionen sollen in Form von negativen Emissionen der Atmosphäre entzogen werden.

Zwischenziele sollen gemäss Art. 4 Klimagesetz KlG auch für die Hausbesitzer, den Verkehr und die Industrie gelten:

  • Der Sektor Gebäude muss seine Emissionen bis 2040 gegenüber 1990 um 82 Prozent senken.
  • Die Industrie muss seine Emissionen bis 2040 um 50 Prozent senken.
  • Der Verkehr muss seine Emissionen bis 2040 um 57 Prozent senken.
  • 2050 dürfen Gebäude und Verkehr dann gar kein Treibhausgas mehr ausscheiden.
  • Bis 2050 muss die Industrie die Emissionen um 90 Prozent senken.

Der Bund unterstützt den Klimaschutz mit 3,2 Milliarden Franken

Das Klimaschutz-Gesetz setzt nicht auf Verbote, sondern auf Anreize: Das Parlament bewilligte mit der Vorlage insgesamt 3,2 Milliarden Franken an Finanzhilfen für den Ersatz fossiler Heizungen und Sanierungen sowie für die Förderung zu Gunsten neuer Technologien:

  • Der Sektor Geäude soll bis 2033 für erneuerbare Wärmequellen, Wärmepumpen oder den Anschluss an ein Fernwärmenetz 1,2 Milliarden Franken erhalten.
  • Unternehmen aus der Industrie, dem Gewerbe und der Dienstleistung (nicht aber Landwirtschaftsbetriebe) sollen bis 2030 Jahre 1,2 Milliarden Franken erhalten.

Es sind Investionen, die sich auszahlen: Klimaschäden verursachten in der Schweiz schon heute Kosten in Milliardenhöhe, machten die BefürworterInnen im Parlament geltend. Der Klimawandel habe auch in der Schweiz gravierende Folgen. Viele Menschen und insbesondere die Landwirtschaft spürten die Auswirkungen von Klimaschäden direkt.

Umgekehrt kritisiert die SVP, dass das neue Klimaschutz-Gesetz zu Strommangel bis zum Blackout führe, zu explodierenden Preisen und hohen Kosten. Heizöl, Benzin, Diesel und Gas würden de facto verboten, Heizen und Autofahren wären nur noch elektrisch möglich, glaubt die SVP.