Hanf oder Cannabis ist eine der ältesten einheimischen Kulturpflanzen und ein hochwertiges Nahrungsmittel. In den vergangenen Jahrzehnten ist Cannabis aber als Rauschmittel in Verruf und in der Landwirtschaft fast in Vergessenheit geraten. Das soll sich ändern.


Im Kanton Aargau startete im Frühling 2019 die Landi Freiamt gemeinsam mit dem Hanf-Pionier Roger Bottlang ein Projekt, um ein langfristiges Branding für Speise-Hanf aus dem Freiamt aufzubauen.


Das ist der Landi 300 000 Franken wert – so hoch ist das Budget für das Projekt, das mindestens drei Jahre laufen soll. Im ersten Jahr bauen dreizehn Produzenten auf 20 Hektaren Speise-Hanf an.


Hanf-Produkte sollen Landwirten langfristiges Einkommen sichern


Projektleiter Daniel Appert von der Landi Freiamt ist zuversichtlich, dass das Geld gut investiert ist: «Hanf-Produkte sind schmackhaft, sehr gesund und sie treffen den Zeitgeist.» Ein weiterer Vorteil: Die Kultur soll ohne den Einsatz von Kunstdünger und Pestiziden angebaut werden. Die Landi hofft, mit dem Projekt für ihre Landwirte eine langfristige Einkommensquelle zu erschliessen.


Informationstafeln klären auf: Hier wächst Speise-Hanf


Weil dem Hanf vom Feldrand her nicht anzusehen ist, für welchen Zweck er angebaut wird, hat die Landi vorgesorgt. «Informationstafeln bei jeder Parzelle informieren Spaziergänger über unser Projekt», erklärt Daniel Appert. Zum Beispiel auf dem Betrieb von Landwirt Bonaventur Kuhn von der ARGE Kuhn & Zimmermann aus Bünzen AG. «Ich habe mit dem Anbau der Zuckerrüben aufgehört, weil die Preise immer mehr gesunken sind und der Pflanzenschutzmittel-Einsatz im Gegenzug zugenommen hat», erklärt Bonaventur Kuhn.


Neu baut Kuhn als langfristige Einkommensquelle und ökologische Alternative eine Hektare Hanf an. Durch dessen Eigenschaften als Pfahlwurzler und in der Fruchtfolge ist der Hanf aber auch ein guter Bodenverbesserer.


Landwirte erhalten 3000 Franken Anbaugarantie pro Hektare


Um Produzenten zu finden, organisierte die Landi Freiamt im Januar 2019 eine Informations-Veranstaltung für alle Landwirte der Region. Das Projekt steht allen Landwirten offen, unabhängig der Produktionsform. Als Prämie ist für das erste Anbaujahr vorgesehen, dass jeder Produzent pauschal 3000 Franken pro Hektare Anbaufläche bekommt. Dieser Betrag entschädigt die Anbau-Arbeiten, muss aber auch reichen, um den Ausfall der Direktzahlungen zu kompensieren.


«Leider ist der Anbau von Speise-Hanf nicht direktzahlungsberechtigt», bedauert Appert. Dies dürfte mit ein Grund sein, weshalb bisher keine Bio-Landwirte am Projekt teilnehmen: Ihr Ausfall bei den Direktzahlungen wiegt noch schwerer. Dieses Manko bei den Direktzahlungen will Ralf Bucher, Geschäftsführer des Aargauer Bauernverbandes, korrigieren: «Die rechtliche Grundlage für Direktzahlungen für den Anbau von Speise-Hanf sind gegeben.»


Der Speise-Hanf soll direktzahlungsberechtigt werden


«Es handelt sich um eine Nahrungsmittel-Produktion, die auch der Versorgungs-Sicherheit dient», so Bucher. Angepasst werden müsste nur die Direktzahlungs-Verordnung, die Hanf unter anderem mit Zierpflanzen und Christbäumen gleichsetzt.


Ziel ist es, in Gesprächen mit dem Bundesamt für Landwirtschaft BLW eine Anpassung dieser Verordnung zu erwirken. «Das letzte Wort hat dann der Bundesrat», erklärt Ralf Bucher. Eine Anpassung der Direktzahlung könnte frühestens auf das Anbaujahr 2020 in Kraft treten. Zu diesem Zeitpunkt hofft Daniel Appert von der Landi Freiamt, dass erste Erkenntnisse zum Anbau vorliegen und Erträge von durchschnittlich 800 kg pro Hektare möglich sind. «Dann möchten wir auch das Bezahlungssystem den tatsächlichen Erträgen anpassen», so Appert.


Im Freiamt wird auch CBD-Hanf für medizinische Zwecke angebaut


Während die Landi auf Speise-Hanf setzt, gibt es eine zweite Organisation, die im unteren Freiamt im grösseren Stil Hanf für medizinische Zwecke anbaut. Zwischen 50 und 100 Hektaren sollen dort ab Mitte Juli 2019 mit Setzlingen bepflanzt werden, aus denen CBD-Isolate gewonnen und vermarktet werden sollen.


Wichtig ist dabei, dass der Abstand zwischen Hanf-Feldern mit unterschiedlichem Verwendungszweck genügend gross ist. Sonst kann es zu einer unerwünschten Befruchtung kommen, wodurch das Erntegut verunreinigt wird.
Die Wertschöpfung beim Anbau von CBD-Hanf ist deutlich höher als beim Speise-Hanf. Der Anbau von CBD-Hanf ist aber auch aufwändiger und risikoreicher.


Von der Direktzahlungs-Problematik sind diese Produzenten nicht betroffen, da die Setzlinge erst spät auf die Felder können und so beispielsweise vorher abgeerntete Gerste als Hauptkultur zählt.

 

Kurz & bündig

  • Im Aargauer Freiamt bauen zwei Projekte Speise-Hanf für Hanfsamen und Hanföl an.
  • Hinter dem Projekt steht die Landi Freiamt gemeinsam mit Hanf-Pionier Roger Bottlang.
  • Für Speise-Hanf gibt es keine Direktzahlungen. Jeder Produzenterhält deshalb pauschal 3000 Fr./ha
  • Parallel dazu wird in der gleichen Region auch CBD-Hanf für medizinische Zwecke angebaut.