Kurz & bündig
- IP-Suisse sucht Flächen für ungespritzten und Extenso-Weizen.
- Die Nachfrage am Markt ist gut.
- Der administrative Aufwand ist relativ klein.
- Notfalls können Flächen auch wieder abgemeldet werden.
- Nur gut die Hälfte des extensiv produzierten Weizens wird bisher über IP-Suisse vermarktet.

Im Allgemeinen war der Frust über die schlechte Getreideernte 2021 gross. Das sieht auch Sandro Rechsteiner, bei IP-Suisse für Getreide verantwortlich, so. Er hält aber fest, dass der pestizidfrei oder im Extenso-Verfahren angebaute Weizen gegenüber dem konventionellen nicht überdurchschnittlich abgefallen sei.

«Es ist aber so, dass eine Deklassierung zu Futterweizen infolge ungenügender Qualität unsere Produzenten oft mehr schmerzt als konventionelle Produzenten. Der Preis von IP-Suisse-Weizen ist höher als derjenige von konventionellen Weizen und so ist die Differenz zu Futterweizen grösser», sagt Rechsteiner.

Aktuell kommt es IP-Suisse zu Gute, dass noch vom Lagerbestand vom Vorjahr gezehrt werden kann. Gäbe es jedoch nochmals eine ähnlich schlechte Ernte, würde es schwierig, die Nachfrage aller Kunden zu befriedigen. Nach schlechten Jahren gebe es oft die Reaktion, weniger von einer Kultur mit schlechtem Ertrag anzubauen.

Wieder vermehrt Versammlungen durchführen

Dem will die IP-Suisse Gegensteuer geben, denn: «Wir haben eine klar steigende Nachfrage für IP-Suisse-Getreide. Wenn zudem unsere Produzenten weniger Fläche anbauen würden, wäre das eine fatale Kombination», sagt Rechsteiner.

Daher ist die IP-Suisse aktiv auf der Suche nach zusätzlichen Flächen. «Wir haben unsere bestehenden Mitglieder informiert und dazu aufgerufen, die Getreideflächen auszudehnen. Aber auch neue Mitglieder sind willkommen. Diese versuchen wir beispielsweise mit Inseraten zu erreichen», gibt Sandro Rechsteiner Auskunft.

Ebenfalls ist geplant, wieder vermehrt Flurgänge und Versammlungen durchzuführen, damit die Produzenten Erfahrungen austauschen und allfällige Hemmschwellen abbauen können.

Besonders erfreulich hat sich die Nachfrage nach pestizidfrei angebautem Weizen entwickelt. Im Gegensatz zum Extenso-Anbau dürfen hier auch keine Herbizide gespritzt werden. Die Unkrautbekämpfung erfolgt mechanisch. Eine Herausforderung hierbei ist die parzellenspezifische Bewirtschaftung. Derzeit ist es bei IP-Suisse so, dass jede Brotkultur als Ganzes einem Label angehört. Es muss also beispielsweise die ganze Weizenfläche pestizidfrei oder im Extenso-Verfahren angebaut werden. «Für die Direktzahlungen ist es hingegen möglich, nur einzelne Parzellen derselben Kultur herbizidlos zu bewirtschaften. Bei uns ist das aktuell noch nicht möglich.»

Mehr Flexibilität in das System bringen

Ein Grund sei die Kommunikation. «Es ist glaubwürdiger zu sagen, dass unsere Produzenten all ihren Weizen ohne Pestizide produzieren. Wir möchten aber mehr Flexibilität in dieses System hineinbringen. Eine mögliche Lösung wäre beispielsweise, dass die Produzenten für die unterschiedlichen Weizenklassen jeweils eine einheitliche Bewirtschaftung erfüllen müssen», sagt Rechsteiner.

So könnte beispielsweise der Top-Weizen pestizidfrei und der 1. Klasse-Weizen extensiv angebaut und auch entsprechend vermarktet werden. Wäre dies möglich, so würde auch eine Hemmschwelle für die Produzenten fallen, in die Produktion von pestizidfreiem Weizen einzusteigen.

Viel extensiv bewirtschaftete Fläche vorhanden

Das Potenzial für neue IP-Suisse Produzenten ist gross. In der Schweiz werden rund 45 000 Hektaren Brotgetreide extensiv angebaut. Nur gut die Hälfte – rund 25 000 Hektaren – dieser Fläche werden aber für die IP-Suisse produziert. Weshalb produzieren die Landwirte extensiv, ohne dafür den besseren Preis von IP-Suisse zu realisieren?

Sandro Rechsteiner sagt dazu: «Ich denke, unsere Anforderungen und der administrative Aufwand werden wohl von einigen Produzenten überschätzt. Die Landwirte wollen nicht noch mehr Kontrollen und Administration auf ihren Betrieben, was verständlich ist. Hier kann ich aber relativieren: Unser Mitgliederbeitrag beträgt jährlich 80 Franken. Beim Weizen findet alle vier Jahre eine Kontrolle auf dem Betrieb statt, wobei diese in eine ohnehin durchgeführte Kontrolle integriert ist. Auch die geforderten Biodiversitätspunkte erreichen sehr viele Betriebe ohne Probleme. Die Produktion von IP-Suisse Getreide lohnt sich also auch für Betriebe, welche nur kleine Flächen anbauen.»

In die Karten von IP-Suisse spielt der Züchtungsfortschritt. Weil die Selektion neuer Sorten in der Schweiz konsequent unter Extenso-Bedingungen erfolgt, verbessern sich die Sorten hinsichtlich Krankheitsresistenz und Standfestigkeit ständig. Die heutigen Sorten haben diesbezüglich gegenüber alten Sorten deutliche Vorteile.

«Wenn ein Produzent vor Jahren schlechte Erfahrungen mit dem Extenso-Anbau gemacht hat, kann es durchaus sein, dass er mit den neuen Sorten an demselben Standort Erfolg hat», gibt Rechtseiner zu bedenken. Auch das schwierige Jahr 2021 habe gezeigt, dass der Extenso-Weizen trotz widrigen Umständen lange Zeit gesund blieb.

Flächen können an- und wieder abgemeldet werden

Die Getreideaussaat 2021 dürfte grösstenteils im Boden sein. Ein Vorteil für interessierte IP-Suisse Produzenten ist, dass die Flächen an- und wieder abgemeldet werden können.

«Wenn jemand beispielsweise pestizidfreien Weizen anbauen will und im Frühling merkt, dass die mechanische Unkrautbekämpfung nicht gut möglich ist, kann aktuell immer noch ein Herbizid gespritzt und der Weizen als Extenso angemeldet werden», sagt Sandro Rechsteiner.

Wieso bauen Sie pestizidfrei IP-Suisse Weizen auf ihrem Betrieb an?
Reto Gautschi aus Herbetswil SO bewirtschaftet einen 46 ha ÖLN-Betrieb mit Munimast und Silomais, Luzerne, Weizen, Gerste und Triticale. Seit einem Jahr produziert er IP-Suisse-Weizen ohne Pestizide.

Herr Gautschi, wieso produzieren Sie pestizidfreien Weizen?
Reto Gautschi: Die Nachfragenach pestizidfreiem Weizen ist gut, Aufwand und Ertrag stimmen überein. Auf meinem Betrieb ist dieser Anbau auch agronomisch sinnvoll, und die Produktion entspricht dem Zeitgeist. Ich habe in den anderen Kulturen das Unkraut gut im Griff, und dass der herbizidlose Anbau möglich ist, haben in unserer Gegend schon viele andere Landwirte gezeigt.

Worauf achten Sie beim Anbau besonders?
Ich schaue, dass ich den Weizen nicht zu früh säe, damit im Herbst kein Unkraut keimt und ich erst im Frühling striegeln kann. Die Saatmenge ist leicht erhöht, und das Saatbett etwas feinscholliger als sonst. Ich fahre mit der gleichen Mechanisierung wie zuvor, und den Striegel kann ich im Frühling mieten.

Wie zufrieden sind sie mit der Ernte 2021?
Ich hatte etwas Probleme mit dem Ackerfuchsschwanz, das hat auf den Ertrag gedrückt. Ich kam nur auf knapp 50 dt/ha Ertrag mit der Sorte Nara. In einem normalen Jahr dreschen wir rund 70 dt/ha beim extensiv angebauten Weizen.

Sie denken aber nicht daran, nun wieder zurück zum konventionellen Anbau zu wechseln?
Nein. Der Anbau von pestizidfreiem Weizen passt zu meinem Betrieb. Es ist gut machbar, wirtschaftlich und es gibt eigentlich keine Gründe, welche für mich dagegensprechen.

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