Kurz & bündig

- Aebi-Einachsgeräteträger, Aebi-Zweiachser und -Transporter gehören zum «Mobiliar» der Schweizer Berggebiete.
- Die Wurzeln der Aebi Schmidt Group liegen in Burgdorf, heute produziert Aebi aber in 12 Werken in Europa und Nordamerika.
- Aebi-Fahrzeuge werden in kleinen Serien produziert, sozusagen für jeden Landwirt massgeschneidert.

Es sind die kleinen Dinge, die alles entscheiden. Auch in einer grossen Fabrik wie jener von Aebi Schmidt in Burgdorf. Sie ist eines von zwölf Werken in Europa und Nordamerika – und der Ursprung der landwirtschaftlichen Aebi-Welt.

Hier entstanden die ersten Dampfmaschinen und Feuerspritzen und jene von Pferden gezogene Maschinen, bei denen die Drehbewegung des Rades den Mähbalken antrieb. Damit begann die Mechanisierung der Schweizer Landwirtschaft. Als Pioniere wie Bührer oder Hürlimann ihre ersten Maschinen bauten, arbeiteten sie erst einmal mit Mähgerät aus Burgdorf.

Allerdings ist das heutige Werk nicht mehr die grosse, vertikal integrierte Organisation früherer Tage mit Giesserei und Metallbearbeitung. Diverse Lieferanten für solche Produkte gibt es allerdings immer noch in der Region. Einige Unternehmen sind aus der alten Aebi-Fabrik heraus entstanden und arbeiten nun als Zulieferer.

Im heutigen Werk arbeiten etwas über 200 Angestellte in Montage und Entwicklung. Das ist wichtig, denn je näher die Ingenieure an der Produktion sitzen, desto besser wird das Produkt. So fallen ihnen auch die kleinen, entscheidenden Dinge auf.

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Grosse Aufmerksamkeit für den Kleinsten

So hat Aebi in den letzten Jahren dem kleinsten Produkt eine komplett neue Montagelinie spendiert. Die Einachsgeräteträger werden nun in so genannter Fliessfertigung gebaut, bei der eine Maschine in sechs Stunden fertig wird und in der flexibel 4 bis 16 Maschinen täglich montiert werden können.

Denn obwohl es jedes Jahr Sommer wird, kommt dieser offenbar für viele Bauern überraschend. 70 bis 80 Prozent der Einachser werden jeweils zwischen April und Juli bestellt. Und Aebi baut nichts auf Vorrat, kein Lager. Bei Aebi ist alles schlank, kaum Lagerhaltung. Landmaschinen werden behandelt wie Frischprodukte. Vier bis sechs Wochen nach der Bestellung steht ein Gerät beim Händler.

Kleine Serien nur auf Bestellung zu bauen – und das auch noch für verschiedene, teilweise sehr saisonale Märkte – ist ein Organisations-Kunstwerk. Und Organisation ist immer die Kunst der kleinen Dinge. Kein Handgriff, kein Schritt zu viel. Ein Mitarbeiter baut vier Einachser pro Tag zusammen. Jedes Werkzeug immer am richtigen Ort.

Die Monteure werden von ausserhalb der Montageinseln mit allem Nötigen versorgt. Dutzende von Kisten mit unterschiedlichen Schrauben und Befestigungsmaterial stehen einzeln auf elektronischen Waagen. Sobald eine Kiste zu leicht wird, löst die Waage eine Nachschub-Bestellung beim Lieferanten aus.

Auch hier – die Summe der kleinen Dinge, und seien es einzelne Schrauben. Das wird besonders wichtig, wenn die Fabriken wie jene der Aebi Schmidt Group fast ausschliesslich in Hochlohn-Ländern stehen.

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Die Aebi Schmidt Group in Zahlen (2020)
 
Angestellte: 2000
Anzahl Werke: 12
Werke in: 
- Burgdorf
- St.Blasien (DE), Holten (NL), Jyväskylä (FIN), Kielce (PL)
Chilton (2 Werke), Cleveland, Lindenwood, Muncy und New Holstein (USA)
- Saint-André-Avellin (CDN)
Umsatz: 466 Mio. Euro
Umsatzanteile der einzelnen Marktsegmente:
- Landwirtschaft: 13 Prozent
- Kommunal Sommer: 29 Prozent
- Kommunal Winter: 27 Prozent
- Flughäfen: 31 Prozent

Die kleinste Serie ist ein Fahrzeug – und trotzdem rentabel

Flexibilität ist für diese Fabriken entscheidend. Im Gegensatz zur von Ökonomen oft gepriesenen «Economy of Scale», dem Skaleneffekt, bei dem die grosse Masse alles billiger macht, hilft hier eine grosse Modellvielfalt.

In Burgdorf montiert Aebi neben den Einachsegeräteträgern auch die Terratrac-Geräteträger, die Transporter und die MT Multifunktions-Schmalspur-Lastwagen. Alle in verschiedenen Varianten und für unterschiedliche Anwendungen, wobei es die Geräte für die Landwirtschaft auch in Ausführungen für Kommunaldienste gibt.

Die kleinstmögliche Serie besteht aus einem Fahrzeug. Deshalb lohnt es sich, den MT in Burgdorf zu bauen. Er ist ein Schmalspur-Lastwagen mit einem konventionellen Leiterrahmen und sehr vielen Möglichkeiten, um hydraulisch angetriebene Geräte für den Kommunaldienst zu betreiben.

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Sehr nah an einem Massenprodukt, das zu einem viel kleineren Preis auch aus Fernost kommen könnte. Aber hier, nahe bei den Kunden, wird es noch einen Tick besser. Dessen Produktion lohnt sich, weil sich damit die saisonalen Schwankungen der landwirtschaftlichen Produktelinie ausgleichen lassen.

Die Kunden für den schmalen Alleskönner finden sich beispielsweise in den Nachbarländern der Schweiz und im südlichen Europa. Überall dort, wo historische Altstädte mit ihren engen Gassen sorgfältig gepflegt werden.

Aebi Terratrac und Transporter sind konstruiert wie Rennwagen

Bei Aebi müssen zwar alle Geschäftszweige für sich profitabel sein. Die organisatorische Kombination vieler Anwendungen lohnt sich trotzdem. So profitiert eine Branche von der anderen. Das traditionelle Geschäft mit landwirtschaftlichen Geräten und Fahrzeugen macht im Konzern nämlich nur noch 13 Prozent des Umsatzes aus. Dagegen beträgt der Anteil Kommunaldienste 56 Prozent und der Flughafenbereich 31 Prozent.

Die landwirtschaftlichen Flaggschiffe aus Burgdorf sind der Terratrac und der Transporter. Der Mähtraktor Terratrac war 1976 eine Sensation in der Berglandwirtschaft. Konstruiert wie ein Rennwagen, mit breiter Spur und tiefem Schwerpunkt, stellte er die bisherige Vorstellung von «Traktor» auf den Kopf. Der Motor liegt seitlich neben dem Fahrer. Um etwas davon zu sehen, klappen erst mal Kühler, Ladeluftkühler und Ölkühler hoch und zur Seite. Der Terratrac ermöglicht mit seinen grossen Anbaugeräten nahezu industrielles Arbeiten an Hängen, an denen zuvor die Sense das einzige sinnvolle Werkzeug war.

Der Transporter ist weit weg vom Standard-Traktor

Bei den Transportern ist im Moment der kleinste der grösste. Der überarbeitete TP 410, das Arbeitspferd unzähliger Bergbauern, wurde letztes Jahr zum Traktor des Jahres gewählt – auch wenn die Bezeichnung «Traktor» eigentlich unfair ist.

Die Transporter haben nichts mehr von der starrachsigen Grobheit, die selbst moderne Standard-Traktoren noch immer nicht ganz verleugnen können. Das Fahrwerk mit Einzelradaufhängung und bei den grösseren TP 420 und TP 450 auch mit hydropneumatischer Federung, orientiert sich nicht an Traktoren, sondern an Rennwagen und Luxusautos.

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Die Hydropneumatik, erfunden von Citroën für die legendäre Göttin («La Déesse» wurde die Citroën DS 1955 genannt), kann im Transporter ihre Fähigkeiten voll ausspielen. Zwar wird ein Aebi-Transporter wohl nie mit zerschossenen Reifen einem Attentäter davonrasen müssen. Das hat dem französischen Präsidenten Charles De Gaulle 1962 in einer Citroën DS das Leben gerettet. Aber die Hydropneumatik leitet kaum Unebenheiten von der Strasse an die Bandscheiben des Fahrers weiter. Wer oft mehr als acht Stunden am Tag mit dem Fahrzeug auf dem Feld und auf Feldwegen unterwegs ist, weiss das zu schätzen. Und welcher Bauer hat keine Rücken- und Gelenkschmerzen?

Aber die geschickte Kombination aus Öl und Stickstoff, bei der das komprimierbare Gas federt und die nicht komprimierbare Flüssigkeit dämpft, kann im Arbeitsalltag eines Berglandwirtes noch mehr. Statt vor jedem Entwässerungsgraben in der Naturstrasse auf Schritt-Tempo abzubremsen, schwebt der Aebi-Transporter einfach drüber hinweg. Das ermöglicht bei den sehr langen Wegen in der Berglandwirtschaft schon mal eine oder zwei zusätzliche Fahrten am Tag.

Heulader oder Brücke wechseln oder schweres Material aufladen? Der Transporter duckt sich, fährt darunter, hebt sich wieder an, Sicherung einrasten, fertig. Und auch in eine niedere Garage, in die kein anderes modernes Fahrzeug mehr passt, fährt er noch hinein. Das mag ein kleines Detail sein in der grossen Kunst der kleinen Dinge. Aber genau auf die kommt es an.

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Künftig fährt Aebi auch mit Strom

Der vollelektrische Aebi eVT ist noch ein Prototyp. Er wird vor allem für Kommunen ein grosses Thema sein, die immer lauter leise und saubere Fahrzeuge fordern.

Der Aebi eVT hat 9 t Gesamtgewicht und eine Zuladung von 5 t – und damit eine Nutzlast, die höher ist als das Fahrzeuggewicht. Das war bisher bei Elektrofahrzeugen kaum möglich.

Der eVT hat die gleiche Funktionalität und Leistung wie ein Diesel, sowohl am Steilhang wie auch mit allen Anbaugeräten. Die Vorteile sind nicht nur ökologischer Natur. Denn aufgrund gestiegener Umweltauflagen gibt es immer weniger Tankstellen und mit dem Strom-Aebi fallen für viele Kommunen weite «Tankfahrten» während der Arbeitszeit der Mitarbeiter weg.