Der Massnahmenplan für die Schweizer Landwirtschaft in der Corona-Krise wird von relevanten Organisationen aus dem Landwirtschafts-Sektor positiv beurteilt. Erstellt wurde der Massnahmenplan von der Umweltwissenschaftlerin und Nationalrätin Meret Schneider (Grüne Partei der Schweiz GPS) im Auftrag des Landwirtschafts-Magazins «die grüne» (das 1864 gegründet wurde und keine Verbindung zur fast gleichnamigen Partei hat, die 1983 gegründet wurde). Als Co-Geschäftsleiterin des Vereins Sentience Politics vertritt Meret Schneider auch die Massentierhaltungsinitiative. Sie ist damit unverdächtig, eine Bauern-Lobbyistin zu sein.

Im Massnahmenplan schlägt Meret Schneider vier Punkte vor, welche die Politik kurzfristig umsetzen soll. Hier lesen Sie den vollständigen Massnahmen-Plan für die Schweizer Landwirtschaft in der Corona-Krise.

Das Landwirtschafts-Magazin «die grüne» hat Organisationen und Bundesbehörden um ihre Stellungnahmen dazu gebeten, unter anderen:

Die Zusammenfassung der Stellungnahmen auf die vier Punkte des Massnahmenplanes für die Schweizer Landwirtschaft in der Corona-Krise:

1. Wiedereröffnung der Wochenmärkte

Gemäss dem Bundesamt für Landwirtschaft BLW «sind Märkte öffentlich zugängliche Einrichtungen, die laut Covid-19 Verordnung geschlossen werden müssen».

Ganz anders sieht dies der Schweizer Bauernverband SBV, der sich von Anfang an dafür einsetzte, dass Wochenmärkte unter Einhaltung der üblichen Sicherheitsvorkehrungen stattfinden dürfen: «Die Ansteckungsgefahr ist an der frischen Luft erwiesenermassen viel geringer, als in den Verkaufsläden drinnen.»

Das sieht auch die Kleinbauern-Vereinigung VKMB so. Für sie ist «eine Wiedereröffnung der Märkte ein wichtiger Schritt, der mit entsprechenden Vorsichtsmassnahmen angegangen werden muss.»

Die Grüne Partei der Schweiz GPS hat sich von Beginn an für die Wochenmärkte eingesetzt und wird sich, nachdem in einigen Städten die ersten Märkte wieder eröffnet wurden, «dafür einsetzen, dass die Märkte überall und schnell wieder stattfinden können.»

Unterstützung findet die Wiedereröffnung der Wochenmärkte auch bei ProSpecieRara. Die Stiftung für gefährdete Nutztierrassen und Kulturpflanzen glaubt zwar, «dass es schwierig sein wird, die Bestimmungen einzuhalten, aber die beschriebenen Massnahmen könnten funktionieren.»

2. Härtefall-Fonds auch für die Landwirtschaft

«Die vom Bundesrat beschlossenen Massnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise gelten grundsätzlich auch für die Landwirtschaft», betont das Bundesamt für Landwirtschaft BLW. Insbesondere auch für Überbrückungskredite und Kurzarbeit für Angestellte.

Liquiditäts-Engpässe von Landwirtschaftsbetrieben könnten auch weiterhin über Betriebshilfedarlehen überbrückt werden. Zudem werde eine vorgezogene Auszahlung der Direktzahlungen und der Einzelkulturbeiträge geprüft. Weitergehende Entschädigungen sind aber gemäss BLW «nicht vorgesehen».

Für den Schweizer Bauernverband und die Kleinbauern-Vereinigung hat die Landwirtschaft «alles in allem Glück im Unglück». Der Lockdown beeinflusse die Frühlingsarbeiten der Bauern kaum und die Nachfrage nach den Produkten sei mit Ausnahme der Gastronomie gross.

In der Krise seien sogar «viele sehr positive Initiativen und Kontakte entstanden, welche Bauern und Konsumenten einander näher gebracht haben», glaubt die Kleinbauern-Vereinigung.
Aber es gebe Ausnahmen, warnt der Schweizer Bauernverband, «die aufgrund ihrer Spezialisierung extrem betroffen sind, auch wenn sie den Betrieb nicht komplett schliessen mussten und deshalb keinen Anspruch auf Erwerbsausfallentschädigung haben.»

Der SBV «setzt sich im Rahmen des Corona-Wirtschaftspakets dafür ein, dass es für diese, in ihrer Existenz bedrohten Fälle, ebenfalls eine Entschädigung für die verlorenen Einnahmen gibt.»

Für die Grüne Partei der Schweiz «nimmt der Druck für einen Härtefall-Fonds speziell für die Landwirtschaft ab, weil sie mit Wiedereröffnung der Wochenmärkte ihre Produkte wieder besser absetzen kann.»

3. Bundes-Subvention für Landwirtschafts-Löhne

Hier sieht der Schweizer Bauernverband ein viel grösseres und umfassenderes Problem: Die mangelnde Wertschöpfung auf Stufe der Ur-Produktion.

Die Schweizer Haushalte geben mit 6,7 Prozent des Einkommens weltweit am Wenigsten für Nahrung aus – und davon komme immer weniger zu den Bauernfamilien.

«Lebensmittel müssen wieder etwas Wert sein und die Bauernfamilien einen fairen Anteil am Kuchen bekommen», betont der SBV. Dann würden auch die Löhne steigen und es werde wieder attraktiv in der Landwirtschaft tätig zu sein. «Das ist eine essenzielle Nach-Corona-Aufgabe für die ganze Gesellschaft!»

«Das System stimmt einfach nicht mehr», erklärt auch die Kleinbauern-Vereinigung. «Lebensmittel dürfen nicht immer billiger werden auf Kosten von Natur und Menschen. Wir müssen hier dringend eine Trendwende herbeiführen.»

Die Corona-Krise lege die oft prekären Arbeitsbedingungen der Landwirte und ausländischen Erntehelfer offen. «Lebensmittel haben ihren Wert, sie ernähren die Bevölkerung. Dieser Wert muss sich aber auch im Preis niederschlagen, so dass Landwirte und Erntehelfer fair entlöhnt werden können.»

Auch die Grüne Partei der Schweiz GPS verweist auf «die tiefen Löhne der Erntehelfer, die teils unter der Sozialhilfe liegen. Da muss über die Krise hinaus etwas getan werden mit existenzsichernden Mindestlöhnen.»

Positiv wertet die Grüne Partei, «dass Einkommen aus einer Zwischenbeschäftigung während der Kurzarbeit neu nicht mehr an die Kurzarbeitsentschädigung angerechnet werden.» Für Arbeitnehmer werde mit dieser Anpassung ein finanzieller Anreiz geschaffen, zum Beispiel als Erntehelfer in der Landwirtschaft zu arbeiten.

4. Wiedereröffnung der Saatgut- und Setzlings-Märkte

Das Bundesamt für Landwirtschaft BLW begründet das Verbot von Saatgut und Setzlingen dadurch, «dass damit das Mobilitätsaufkommen eingeschränkt werden kann und diese Güter zur Deckung des täglichen Lebensbedarfs nicht zwingend notwendig sind.»

Kein Argument für den Schweizer Bauernverband, der fordert, «dass der Verkauf von Saatgut und Setzlingen sowie Pflanzen generell unverzüglich wieder zuzulassen ist.»

Private Gärten tragen auch zur Versorgung der Bevölkerung bei und es sei «eine enorme Ressourcen-Verschwendung, wenn Hunderttausende Pflanzen weggeworfen werden müssen» kritisiert der SBV die Bundesrats-Regelung. Die Teil-Lösung mit Abhol- und Liefer-Diensten biete keinen gesundheitlichen Zusatzschutz zu einem Verkauf, bei dem die üblichen Sicherheitsauflagen eingehalten sind.

Diese Kritik unterstützen die Kleinbauern-Vereinigung, die Grüne Partei der Schweiz und ProSpecieRara. «Es leuchtet uns nicht ein, weshalb Gärtnereien ihre Setzlinge und Saatgut nicht verkaufen dürfen», setzt ProSpecieRara nach. Und auch der Verkauf von Setzlingen ab Hof und Hofläden sollte möglich sein.

Bei den Saatgut-, Setzlings- und Pflanzen-Märkten differenziert die Stiftung für gefährdete Nutztierrassen und Kulturpflanzen aber: «Auch wenn genau diese Märkte zu den Hauptumsatzträgern unserer ProSpecieRara-Gütesiegelbetriebe und auch von ProSpecieRara als Veranstalterin zählen, so müssen wir vor einer Lockerung des Verbotes in diesem Zusammenhang warnen.»

An diesen Märkten treffen sich 2000 bis 6000 Menschen pro Tag oft an historischen Orten mit limitierten Platzverhältnissen. Das sei «in der jetzigen Situation leider denkbar ungünstig.» Die Stände würden von vielen Helfern am frühen Morgen schnell aufgebaut und die Besucher dieser Märkte wollen beraten werden. «Wir würden uns nichts sehnlicher wünschen, als dass diese Märkte stattfinden könnten», betont ProSpecieRara, «aber wir könnten dabei unmöglich die Einhaltung der Abstandsregeln sicherstellen.»