Das Bundesamt für Landwirtschaft BLW publiziert seit dem Jahr 2000 einen jährlichen Agrarbericht, der die wichtigsten Entwicklungen in der Land- und Ernährungswirtschaft aufzeigt. Der Agrarbericht 2022 präsentiert auch eine Umfrage des Forschungsinstitutes gfs-zürich im Auftrag des BLW mit «Einschätzungen der Bevölkerung über die Schweizer Landwirtschaft» .

BLW-Umfrage zu den «Einschätzungen der Bevölkerung über die Schweizer Landwirtschaft»

Die Umfrage zur «Einschätzungen der Bevölkerung über die Schweizer Landwirtschaft» wird im Auftrag des Bundesamtes für Landwirtschaft BLW seit 2009 alle drei bis vier Jahre vom Forschungsinstitut gfs-zürich durchgeführt. Präsentiert wurde die Umfrage am 21. November 2022 von BLW-Direktor Christian Hofer in Bern.

Im April 2022 wurden zum fünften Mal nach 2009, 2012, 2015 und 2018 rund 700 Stimmberechtigte befragt, davon 70 Prozent aus der Deutschschweiz und 30 Prozent aus der Romandie, repräsentativ nach Geschlecht sowie Alter verteilt. Kurz zusammengefasst:

  1. Die Schweizer Landwirtschaft geniesst in der Bevölkerung ein gutes Image.
  2. Rund 90 Prozent sind der Meinung, dass die Schweizer Bäuerinnen und Bauern unternehmerisch handeln und bestrebt sind zu produzieren, was die KonsumentInnen wünschen.
  3. Rund 70 Prozent attestieren den Schweizer Bäuerinnen und Bauern, dass sie innovativ handeln.
  4. Rund 80 Prozent glauben, dass die Schweizer Landwirtschaftsbetriebe konkurrenzfähiger werden sollten.
  5. Rund 50 Prozent wiederum finden, dass kleine landwirtschaftliche Betriebe am besten den schweizerischen Verhältnissen entsprächen (was Punkt 4 widerspricht).

Erstmals wurden 2022 Aussagen zum Thema Ernährung und Umwelt erhoben. Auch hier zeigten sich wie in den Punkten 4 und 5 die Widersprüche der Stimmbürger, die gleichzeitig auch Konsumenten sind:

  • Auf der einen Seite wollen sie als Stimmbürger, dass der Staat Klima und Umwelt belastende Lebensmittel kennzeichnet und sogar verteuert.
  • Auf der anderen Seite sind sie als Konsumenten nicht bereit, bewusst weniger Klima und Umwelt belastende Lebensmittel zu konsumieren.

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Der Strukturwandel in der Schweizer Landwirtschaft verlangsamt sich

Die Zahl der Landwirtschafts-Betriebe sank 2021 im Vergleich zum Vorjahr «nur» um –1,0 Prozent auf 48'864 Betriebe (Mittelwert der letzten fünf Jahre -1,5 Prozent), der Strukturwandel in der Schweizer Landwirtschaft verlangsamt sich offenbar. Naturgemäss wurden dabei die verbleibenden Landwirtschafts-Betriebe immer grösser:

  • –2,8 Prozent: Betriebe mit 5 bis 19 Hektaren
  • –1,6 Prozent: Betriebe mit 20 bis 29 Hektaren
  • +0,6 Prozent: Betriebe mit 30 bis 49 Hektaren
  • +3,1 Prozent: Betriebe mit 50 und mehr Hektaren

Der durchschnittliche Schweizer Landwirtschafts-Betrieb ist 2021 rund 21,3 Hektaren gross.

Ein im doppelten Sinne des Wortes «kleines Phänomen» ist der Zuwachs an Betrieben mit weniger als 1 Hektaren (+4,2 Prozent) bis 3 Hektaren (+1,3 Prozent).

Offenbar gibt es in der Schweiz – analog zum Beispiel zu den USA – immer mehr «Backyard-Farming», eine moderne Art nebenberuflicher Hinterhof- oder Substistenz-Landwirtschaft.

Gesamtschweizerisch beschäftigten die 48'864 Landwirtschafts-Betriebe 150'231 Personen (+0,5 Prozent). Dies ist eine Trendumkehr, ging doch die Anzahl der Beschäftigten in den vergangenen Jahren laufend zurück.

Rund 76 Prozent der in der Schweizer Landwirtschaft Beschäftigten waren Familienmitglieder, 12 Prozent familienfremde Schweizerinnen und nochmals 12 Prozent ausländische Staatsangehörige.

Der Agrarbericht 2022 des Bundesamtes für Landwirtschaft BLW

Die Ernährungssicherheit in Krisenzeiten ist 2022 wieder wichtig geworden

«Selten war der Begriff Ernährungssicherheit so präsent wie in diesem Jahr», resümmierte BLW-Direktor Christian Hofer an der Präsentation des Agrarberichtes 2022. Dies zeigte sich auch in der oben erwähnten BLW-Umfrage zur «Einschätzungen der Bevölkerung über die Schweizer Landwirtschaft».

Nach der globalen Corona-Pandemie stelle der russische Angriffskrieg in der Ukraine die internationalen Handelsketten vor neue, grundlegende Herausforderungen. Gerade für die Schweiz als Netto-Agrarimporteurin seien funktionierende und resiliente Handelsbeziehungen wichtig. «Dank der guten Vernetzung der Schweiz war die Versorgung mit Lebensmitteln und Produktionsmitteln stets gewährleistet», erklärte Hofer.

Der Selbstversorgungsgrad der Schweiz ist je nach Produkt unterschiedlich

Im ersten Corona-Jahr 2020 (neuere Zahlen gibt es nicht zum Selbstversorgungsgrad) erreichte die Schweiz einen Brutto-Selbstversorgungsgrad SVG von 56 Prozent (Netto-SVG: 49 Prozent). Den höchsten Selbstversorgungsgrad hat die Schweiz bei Milch und Milchprodukten, bei denen über 100 Prozent des inländischen Bedarfs produziert werden. Bei pflanzlichen Ölen und Fetten liegt der Selbstversorgungsgrad bei nur 24 Prozent.

Bei allen Nahrungsmitteln ist der SVG leicht rückläufig. Diese Tendenz ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Bevölkerung der Schweiz stärker gewachsen ist als die Nahrungsmittel-Produktion. Zudem beeinträchtigte der nasse Sommer 2021 insbesondere die Getreideernte.