Kurz & bündig

- Das Futter von Galtkühen sollte in den letzten drei Trächtigkeitswochen leicht sauer sein, um den Kalzium-Stoffwechsel zu trainieren (Kalzium-Mobilisation).
- Bei gehäuften Milchfieberfällen ist oft ein hoher Kaliumgehalt (> 30 g/kg TS) im Grundfutter die Ursache, da er eine milde Übersäuerung verhindert.
- Kalium ist in grossen Mengen in der Rindergülle enthalten. Futtermittel von stark gedüngten Flächen erhöhen das Milchfieberrisiko.
- Puffernde Substanzen wie Bikarbonat (basisch) gehören nicht in die Galtkuhration.
- Voraussetzung für die Verfütterung von sauren Salzen ist die Berechnung der DCAB(Kationen-Anionen-Bilanz) im Futter der Galtkühe.
- Die Verfütterung von Mineralstoffmischungen mit einem erhöhten Vitamin D3-Gehalt sowie Kalzium-Boli sind ergänzende Massnahmen.

Massive Probleme mit Festliegen bei Milchkühen nach der Geburt waren der Grund, dass sich ein Landwirt an die Rindergesundheit Schweiz RGS wandte: 90 % der mehrkalbigen Kühe lagen nach der Geburt fest.

Bei der Blutuntersuchung der betroffenen Tiere wurden massiv tiefere Kalzium- und meist auch Phosphorwerte festgestellt. Die Behandlung durch den Privattierarzt erfolgte mittels Kalziuminfusionen und die Nachbehandlung mittels Kalzium- und Phosphor-Boli.

Nach dem Festliegen kamen Folgeerkrankungen

Dank mehrtägiger intensiver Bemühungen von Seiten des Landwirtes (Anlegen eines Vergrittgeschirrs, weiches Strohläger, regelmässiges Wenden, schonendes Aufstellen usw.) überlebten bisher alle Kühe.

Dem Landwirt fiel aber auf, dass die betroffenen Kühe danach häufig an Folgekrankheiten wie Zysten, reduzierter Fruchtbarkeit oder Euterproblemen litten.

Und so stand das Rindergesundheitsdienst-Team kurze Zeit später auf einem Käsereimilch-Betrieb mit 27 Brown Swiss-Kühen und einem eigenem Stier im Laufstall. Die Abkalbungen erfolgten ganzjährig.

Die Galtkühe wurden separat gehalten und zwecks Anfütterung zwei Wochen vor Geburt in die laktierende Gruppe integriert. Ab der 3. Laktation bekam jede Kuh standardmässig ein Vitamin D3-Präparat (10 Mio. I.E.) per Injektion zur Vorbeugung des sogenannten Milchfiebers.

Bei einem Bestandesproblem mit Störungen des Kalzium- und Phosphorhaushalts um die Geburt, also mit sogenanntem Festliegen, ist es essenziell, die Fütterung in der Galtzeit genau zu analysieren.

Das Grundfutter analysieren: Zu viel Kalzium oder zu viel Kalium?

Galtkühe sollen Kalzium-arm gefüttert werden. Empfehlungen von maximal 40g Kalzium pro Tag sind jedoch oft kaum realisierbar, weil das Grundfutter meist viel Kalzium enthält. Der Einsatz von Kalziumbindern ist zudem oft auch nicht sinnvoll oder erfolgversprechend.

Ein anderer Ansatz ist das DCAB-Konzept (Dietary Cation-Anion-Balance) – auch bekannt als Kationen-Anionen-Bilanz. Dabei wird die Differenz zwischen den positiv geladenen Kalium- und Natriumgehalten (Kationen) und den negativ geladenen Chlorid- und Sulfatgehalten (Anionen) im Futter berechnet.

Ein Überschuss an negativen Ladungen (DCAB ≤ 0) führt zur Ansäuerung des Stoffwechsels und zur Freisetzung von Kalzium aus den Knochen. So kann einer Milchfiebererkrankung aktiv vorgebeugt werden.

Hoher Kaliumgehalt im Grundfutter

Der bestimmende Faktor dieser Bilanz ist der Kaliumgehalt im Grundfutter, der bei intensiv mit Rindergülle gedüngten Weiden sehr hoch ist. Bei entsprechender Verfütterung an Galtkühe wird er als Hauptursache für ein vermehrtes Festliegen angesehen.

Liegen die Kaliumgehalte im Grundfutter unter 20 g/kg TS, kann hingegen bereits von einer Milchfieberprophylaxe gesprochen werden.

Tatsächlich wurden auf diesem Betrieb im Grundfutter sehr hohe Kaliumwerte gemessen (33 g/kg TS). Das heisst, es kommt nicht zu einem Training des Kalzium-Stoffwechsels als Vorbereitung auf die bald einsetzende Milchleistung. Die berechnete DCAB lag entsprechend im positiven und damit basischen Bereich.

Saure Salze werden oft nicht gerne gefressen

Das Verfüttern sogenannter saurer Salze (meistens Chlorid- oder Sulfat-haltige Mineralfuttermittel) ist theoretisch eine Möglichkeit zur Ansäuerung, setzt aber voraus, dass die DCAB der Ration vorliegt. Dies geht nur über eine Analyse der Grundfuttermittel, um die exakte Menge der sauren Salze zu bestimmen.

Leider werden diese oft nicht gerne gefressen. Von einigen Futtermittelmühlen gibt es jedoch Mineralfuttermittel mit sauren Salzen, deren Schmackhaftigkeit verbessert sein soll.

Der Erfolg der Ansäuerung muss unbedingt an den Tieren überprüft werden (sinkende Anzahl festliegender Kühe und einfache Messung des Harn-pH, der bei richtiger Ansäuerung von normal 8.5 auf <7 sinkt).

Bei sehr hohen DCAB-Werten im Grundfutter ist es mittels sauren Salzen leider kaum möglich, DCAB-Werte auf 0 und tiefer zu senken. Die berechneten Mengen an sauren Salzen sind dann so hoch, dass sie nicht gefressen werden und zudem die Grundfutteraufnahme reduzieren.

[IMG 2]

Was konnte dem Betrieb empfohlen werden?

Betriebseigenes Futter aus ungedüngten Wiesen stand vorläufig nicht zur Verfügung. Ein Zukauf von Futter kam für den Betriebsleiter nicht in Frage. Eine Ansäuerung war wegen der sehr hohen Kaliumgehalte als alleinige Massnahme ebenfalls nicht empfehlenswert.

Es muss also mit den bestehenden Grundfuttermitteln weiter gefüttert und mit folgenden Massnahmen das Milchfieberrisiko gesenkt werden:

  • Allen mehrkalbigen Kühen über 14 Tage vor der Geburt einen speziellen Mineralstoff mit Vitamin D3 in einer Dosierung von 25'000 bis 40'000 I.E./Tier/Tag über das Futter verabreichen. Dies ermöglicht ein Training der Kalziummobilisation bis zur Geburt. Bei Natursprung ist der Geburtszeitpunkt oft weniger genau bestimmbar als bei künstlicher Besamung, weshalb die Vitamin D3-Spritze keine ideale Alternative bietet.
  • Die Galtkühe müssen separat gehalten oder zumindest gefüttert werden, um eine Transitfütterung mit zunehmendem Energiegehalt (von 5,5 MJ NEL/kg TS auf 6,5 MJ NEL/kg TS) bei weiterhin niedrigen Kalzium- und Kaliumgehalten zu ermöglichen.
  • Kalzium-Gaben mittels Boli um die Abkalbung für alle Kühe, denn: Mindestens 40 % der Kühe mit niedrigen Kalziumwerten im Blut liegen nicht fest. Sie können jedoch an diversen Folgekrankheiten leiden, wie Wehenschwäche mit verzögerten Geburten, Überwürfe und Nachgeburtsverhalten mit anschliessenden Fruchtbarkeitsproblemen.
  • Keine Fütterung von Futterresten der Laktierenden («Krippenputz»), da diese für Galtkühe unpassend mineralisiert sind.

Dieses Fallbeispiel zeigt die Wichtigkeit der Fütterung von Galtkühen. Diese hat eine immense Auswirkung auf den Geburtsverlauf sowie auf Gesundheit und Leistung in der Laktation.