Krähen sind sehr intelligente Tiere und daher nicht einfach zu bekämpfen. Zu schnell durchschauen sie die kreativen, von Menschen gemachten Vergrämungsmassnahmen und fallen erneut über die frischen Mais- und Sonnenblumenkeimlinge her. Schäden an Kulturen werden vor allem von zwei Krähenarten, der Rabenkrähe und der Saatkrähe, verursacht (siehe Steckbrief).

Christian Hüsler, Fachbereichsleiter Jagd und Wildhüter bei der Luzerner Dienststelle Landwirtschaft und Wald (Lawa) weiss, wie gut die verschiedenen Bekämpfungsmassnahmen funktionieren und was dabei beachtet werden sollte. Der Kanton Luzern hat selbst verschiedene Vergrämungsmassnahmen angeschafft und getestet. Da einige Massnahmen recht teuer sind, werden sie zu Testzwecken auch an Landwirte ausgeliehen.

Um Krähen erfolgreich zu verscheuchen, kombiniert man am besten mehrere Massnahmen. Ausserdem lohnt es sich, zu wissen, wie die Vögel sich verhalten.

Krähen können sich Saatreihen und Saatabstände merken

«Krähen sind sehr lernfähig, sehr anpassungsfähig und haben ein ausgeprägtes Sozialverhalten», sagt Christian Hüsler. Bei Beobachtungen wurde festgestellt, dass sich Krähen die Saatreihen und sogar die Saatabstände merken können. Somit picken die Krähen nicht willkürlich in der Erde herum, sondern nur haargenau dort, wo ein Saatkorn liegt. Sogar, bevor ein Keimling sichtbar ist. Ausserdem merken sie sofort, wenn der Maissamen ungebeizt ist.

«Krähen sind Opportunisten», erklärt Hüsler. Das heisst, sie können als Allesfresser flexibel auf andere Nahrungsquellen umstellen, die kurzfristig in grösseren Mengen vorkommen – wie beispielsweise Mais.

Durch ihr ausgeprägtes Sozialverhalten vermitteln Krähen diverse Informationen untereinander. Dieser Informationsfluss funktioniert auch zwischen den Krähenarten. Sie informieren, wenn irgendwo eine üppige Nahrungsquelle auftritt, und alarmieren bei Gefahren. Deshalb werden Maisfelder innert kurzer Zeit von Schwärmen betreten, aber auch sofort wieder verlassen, wenn Gefahr droht.

Nie ein Rabenkrähenpaar schiessen, sonst kommt ein Schwarm

Die Krähenschwärme verursachen die grossen Schäden. Adulte brütende Rabenkrähen leben als Paare zusammen und verteidigen ihr Territorium.

«Deshalb sollte man nie ein Rabenkrähenpaar stören oder schiessen. Dann wird das Territorium frei und kann von Schwärmen besiedelt werden», erklärt Hüsler.

Saatkrähe
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- Allesfresser
- Keine Territorien
- Leben in Dauerehe und brüten in Kolonien
- Alle Vögel leben ganzjährig in Schwärmen

Gelegegrösse: 2 bis 6 Eier, 1 Brut pro Jahr
Verbreitung: Mittelland und Jura (tiefere Lagen). Bestand in der Schweiz zunehmend.

Rabenkrähe
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- Allesfresser (Brutvögel benötigen zur Jungenaufzucht viele Mäuse, Schnecken und Insekten, weniger Pflanzen)
- Adulte Tiere bilden Brutpaare und leben zusammen mit ihren Jungen in Territorien (generieren kaum Schäden)
- Nichtbrütende Vögel leben in Schwärmen (diese verursachen die Hauptschäden in der Landwirtschaft)

Gelegegrösse: 4 bis 6 Eier, 1 Brut pro Jahr
Verbreitung: Ganze Schweiz. Bestand in der Schweiz stabil.


Jagd mit Greifvogel

Folgende Vögel erbeuten von Natur aus Krähen:[IMG 4]

  • Habicht
  • Wanderfalke
  • Uhu

Es gibt auch Jäger, die als Falkner mit Greifvögeln Krähen jagen, wie beispielsweise Christian Hüsler mit seinem Habicht. Dazu lässt er den Habicht aus dem Auto heraus auf einen Krähenschwarm fliegen und kann so jährlich 50 bis 100 Krähen jagen. «Die Krähen sind intelligent. Ende Saison kennen sie mein Auto und ich kann nicht mehr so nahe an den Schwarm heranfahren», erzählt Hüsler.

Greifvögel fördern

Den Habicht zu fördern, ist schwierig, weil er im Wald brütet. Ausserdem leben die Tiere in Territorien. Wenn man im Wald beim Holzen einen Habichthorst sieht, sollte man den Baum wenn möglich stehen lassen.

Den Wanderfalken kann man mittels hoch oben angebrachter Brutkästen eine Nistmöglichkeit bieten und diese so fördern.

Uhus kann man schlecht fördern, weil sie in Felswänden brüten. Der Uhu hat noch grosses Ausbreitungspotenzial, da vor allem das Mittelland noch kaum besiedelt ist. In ihm steckt viel Hoffnung, dass er einen Einfluss auf das Vorkommen von Krähen haben könnte.

Mäusebussarde und Milane töten keine ausgewachsenen Krähen. Die kleineren Krähen sind viel zu schnell und wendig für die grossen Vögel. Daher bringt es nichts, Sitzstangen im Maisfeld aufzustellen. Im Gegenteil, Bussarde und Milane haben ein ähnliches Nahrungsspektrum wie die Krähen, weshalb diese eher noch von den Grossvögeln im Maisfeld angezogen werden.


Rupfbild

Das Rupfbild inszeniert einen Habichtangriff. Der Habicht ist der meistgefürchtete Feind der Krähen. Gemäss Christian Hüsler ist das Rupfbild eine sehr effektive Bekämpfungsmethode. Dabei wird eine tote Krähe auf das Feld gelegt und deren Federn kreisförmig rundherum in den Boden gesteckt. In der Mitte platziert man kleinere Flaumfedern.[IMG 5]

Oftmals wird in der ersten Nacht die tote Krähe vom Fuchs geholt. Aber die Federn bleiben einige Tage liegen. Um die Massnahme zu verstärken, kann nach einigen Tagen ein zweites Rupfbild an einem anderen Ort im Feld platziert werden. Denn die Federn werden mit der Zeit auch weggewindet.

Rupfbilder bei Feldern ohne Strukturen weniger effektiv

Der beste Vergrämungseffekt wird mit Rupfbildern auf Feldern in der Nähe von Strukturelementen wie Hecken, Obstbäumen und Waldrändern erzielt, weil sich der Habicht von dort unbemerkt an die Krähen heranschleichen könnte. Auf strukturlosen Feldern wissen die Krähen, dass sie einen Habichtangriff schneller bemerken und frühzeitig flüchten könnten.

Rupfbild von Passanten akzeptiert

Im Gegensatz zum Aufhängen einer toten Krähe wird das Rupfbild besser von der Gesellschaft akzeptiert, da es natürlicher aussieht und meist nicht wahrgenommen wird.

Wie bekommt man eine tote Krähe?

Um eine tote Krähe zu bekommen, sollte man sich mit dem lokalen Wildhüter oder der Jagdgesellschaft in Verbindung setzen. Das sollte möglichst vor oder während der Jagdsaison passieren. Dann kann entweder der Wildhüter oder der Landwirt die tote Krähe einfrieren, bis man sie in der kommenden Saison braucht (in einem separaten Tiefkühler).

Alternativ können auch Hühner- oder Taubenfedern für das Rupfbild verwendet werden. Am besten verwendet man schwarze Federn. Aber die Krähen merken, ob es sich um einen Artgenossen oder einen anderen Vogel handelt.

Um ein länger anhaltendes Rupfbild zu erstellen, können die Federn auch auf einen Jutesack geklebt und dieser von Zeit zu Zeit versetzt werden. Hüsler empfiehlt aber, stets mit frischen Federn zu arbeiten, weil das Rupfbild nach einigen Regengüssen nicht mehr so lebendig aussieht.

Akustische Vergrämung

Vogelstimmen: Es gibt Apparate, die Vogelstimmen imitieren, wie beispielsweise der Bird Alert von KWS oder der Avitrack. Wichtig ist, dass diese Massnahmen erst kurz bevor der Mais keimt, aufgestellt werden. Sonst gewöhnen sich die Krähen zu früh daran. Das Abwechseln der verschiedenen Vogelstimmen hält die Krähen ziemlich gut fern. Diese Apparate sind aber relativ teuer.[IMG 6]

Knallpetarden: Es gibt auch Schreckschussapparate (Propangas-Klöpfer, Gaskanonen) oder Schreckschusspistolen, die relativ gut funktionieren. Bei der Pistole ist es schwierig, in die Nähe des Schwarmes zu gelangen. Sobald man wieder weggeht, kommen die Krähen erneut.

Alle Massnahmen, die einen hohen Schallpegel verursachen, sind häufig von der Bevölkerung schlecht akzeptiert. Deshalb sollten Schreckschussapparate keinesfalls gegen eine Wohnsiedlung gerichtet werden – besser noch hinter eine Böschung oder eine Hecke stellen.


Vogelscheuchen

Mittlerweile gibt es ein breites Spektrum an fliegenden Vogelscheuchen wie Greifvogelattrappen oder glänzenden Gasballonen. Diese funktionieren je nach Standort auch ziemlich gut. Jedoch besteht bei solchen Massnahmen ein rascher Gewöhnungseffekt.[IMG 7]

Besonders wenn sich der fliegende Greifvogeldrache mit dem Seil an der Stange verwickelt, haben Krähen schnell durchschaut, dass es eine Attrappe ist. Deshalb sollte regelmässig kontrolliert werden, ob die Vogelscheuche noch richtig fliegt.

Es gibt auch eine aufblasbare Person, den «Scary Man». Gemäss Hüsler funktioniere diese nicht schlecht. Über eine Autobatterie wird die Vogelscheuche mittels Ventilator in einstellbaren Intervallen aufgeblasen.


Die Kombination bringt Erfolg

Für die Bekämpfung von Krähen gibt es leider nicht die eine Lösung. Ausserdem funktioniert nicht jede Massnahme an jedem Standort gleich gut. Am besten sei eine Kombination aus verschiedenen Massnahmen. So haben gemäss den Massnahmen-Test von Hüsler das Rupfbild in Kombination mit einer akustischen Massnahme den besten Vergrämungseffekt gezeigt.[IMG 8]

Das Wichtigste bei allen Massnahmen ist deren Unterhalt und das Timing beim Einsatz. Die Massnahmen sollten nicht zu früh und zu lange eingesetzt werden. Zudem bedarf es regelmässiger Funktionskontrolle, um einen Gewöhnungseffekt möglichst lange zu verhindern.

Bevölkerung aufklären

Gerade bei akustischer Vergrämung lohnt es sich, ein Informationsschild am Feldrand anzubringen. Am besten noch mit einer Telefonnummer drauf, damit sich verunsicherte Passanten informieren können.

Als Argument hilft es oft wenn man erklärt, dass diese Massnahmen nötig sind, aber nach wenigen Wochen wieder weggeräumt werden. Zudem bieten sie Alternativen zu chemischen Mitteln.

Agronomische Massnahmen

  • Bei der Saat wenn möglich auf die Bodentemperatur achten und erst säen, wenn der Boden für Mais und Sonnenblumen ausreichend warm ist (optimal 8 – 10 Grad). Das fördert eine schnelle Jugendentwicklung und verkürzt die heikle Phase beim Mais.
  • Nach der Saat walzen, damit die Krähen die Saatreihen nicht mehr erkennen können.
  • Ausgebrachten Mist möglichst rasch einarbeiten. Denn dieser zieht Krähen an.
  • Während der Keimphase den Mist auf einem anderen Feld, nicht direkt neben dem Maisfeld ausbringen zur Ablenkung der Krähen.
  • Falls eine Hecke in der Nähe des Maisfeldes steht, sollte diese im Winter vor der Saat nicht zu stark geschnitten werden. Hecken und Wälder sind wichtige Strukturen für den Habicht, den Feind der Krähen. Krähen sind auf Feldern in Waldes- und Heckennähe viel vorsichtiger aus Furcht vor Habichtangriffen.

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Saatgutbeizung

Seit 2020 wurde Mesurol als wirksames Saatgutbeizmittel verboten. Im Anschluss kam das Beizmittel Korit 420 FS mit dem Wirkstoff Ziram, welches unbefristet zugelassen wurde. Gemäss Christian Hüsler sei dieses Beizmittel aber deutlich weniger effektiv als sein Vorgänger.

Zusätzlich gibt es noch das Beizmittel Ibisio aus schwarzem Pfefferextrakt. Dieses hat aber nur eine Notfallzulassung bis zum 31. August 2024 erhalten. Gemäss dem BLV ist noch ungewiss, ob dieses Mittel eine Neuzulassung erlangen wird oder nicht.

Krähenjagd

Rabenkrähe

Jagdbar: Anfang August bis Mitte Februar (teilweise kantonale Unterschiede).

In Schwärmen auftretende Rabenkrähen sind «Nichtbrüter» und dürfen auf schadengefährdeten Kulturen ganzjährig bejagt werden.

Saatkrähe

Jagdbar: Anfang August bis Mitte Februar (teilweise kantonale Unterschiede).

Innerhalb der Schonzeit dürfen keine Saatkrähen gejagt werden, da auch Brutpaare im Schwarm leben.

Abschuss

Krähen dürfen sowohl mit Schrot als auch mit Kugelmunition geschossen werden. Je nach Kanton dürfen Landwirte auch ohne Jagdberechtigung im Rahmen von Selbsthilfemassnahmen selbst Krähen schiessen. Sie müssen dabei jedoch die geltenden Vorschriften bezüglich Schonzeiten, erlaubten Waffen und Munition sowie die kantonalen Regelungen für Selbsthilfemassnahmen beachten.


Schadenersatz?

Ob ein Landwirt bei einem Wildschaden durch Krähen einen Schadenersatz geltend machen kann, ist kantonal unterschiedlich geregelt. In vielen Kantonen besteht allerdings kein Anspruch auf Schadenersatz bei Krähenschäden. Grundsätzlich gilt, dass zuerst zumutbare Verhütungsmassnahmen getroffen werden müssen, bevor ein Schaden geltend gemacht werden kann. Somit kommt man auch in Kantonen, in denen es eine Entschädigung gibt, nicht drum herum, verschiedene Vergrämungsmassnahmen einzu-setzen. Mit standortangepassten Vergrämungsmassnahmen kann bei richtiger Umsetzung durchaus ein Erfolg erzielt werden. Die kantonalen Jagdverwaltungen stehen gerne beratend zur Seite.


Laser

In der Schweiz ist der Einsatz eines Stationären Lasers der Klasse 3b erlaubt (keine mobilen), aber nur unter Einhaltung von Auflagen. Es gibt im Moment nur ein Produkt, den Avix Autonomic Mark II von Birdcontrol. Aktuell darf dieses nicht importiert werden, weil Deutschland noch strengere Auflagen hat und die Schweiz als alleiniges Importland zu wenig attraktiv wäre. Zudem ist der Laser sehr teuer.

Weitere Informationen zur Krähenvergrämung