Kurz & bündig
- Die Sanierung startet damit, dass jeder Schafbetrieb getestet wird. Erreger-freie Herden sind danach entlastet. Wer allerdings ein positives Testresultat erhält, muss die Herden sanieren.
- Bezüglich Sanierung macht das BLV keine Vorschriften, sondern gibt Empfehlungen heraus.
- Das Testen, die Kontrolle sowie auch die Beratung der Betriebe obliegt den kantonalen Veterinärämter. Beratend zur Seite steht der BGK.
- Einige Detailfragen sind noch nicht abschliessend geklärt, respektive können von den unterschiedlichen Kantonen auch verschieden umgesetzt werden.

Moderhinke wird verursacht durch das Bakterium Dichelobacter nodosus, das die Klauen von Wiederkäuern befällt. Betroffen sind insbesondere Schafe. Laut dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV ist jeder vierte Schafbetrieb von der Moderhinke betroffen.

In den Kantonen Graubünden und Glarus wird die Moderhinke seit Jahrzehnten systematisch bekämpft. Aktuell laufen Pilotprojekte in den Urkantonen, im Wallis, der Waadt, im Aargau und in Solothurn. Doch es stellte sich heraus, dass es durch zugekaufte Tiere, Schafmärkte oder die gemeinsame Alpung immer wieder zu Infektionen in bereits sanierten Herden kommt.

Alle Schafbetriebe werden getestet

Daher soll ab dem 1. Oktober 2024 schweizweit eine obligatorische Sanierung durchgeführt werden. Das steht so in der neusten Version der Tierseuchenverordnung. «Das Ziel ist, die Prävalenz der Moderhinke (deren Häufigkeit, Anm. d. Red.) unter ein Prozent zu senken», erklärt das BLV auf Anfrage.

Damit werde planmässig gestartet werden können, teilt das Bundesamt mit. Vom 1. Oktober 2024 bis am 31. März 2025 läuft die erste Untersuchungsperiode: Es werden auf allen Schafbetrieben Tupferproben an den Klauen einer risikobasierten Auswahl von Schafen gesammelt, für die Durchführung eines PCR-Tests.

«Betriebe mit einem positiven Testergebnis werden gesperrt und müssen eine Sanierung der Herde veranlassen. Nach der Sanierung muss ein zweiter PCR-Test durchgeführt werden, um nachzuweisen, dass der Betrieb negativ ist», schreibt das BLV. Der Moderhinke-Status wird in der Tierverkehrsdatenbank hinterlegt.

Verlauf von Moderhinke
Nach einer Infektion beginnen sich die Bakterien im Klauenhorn zu vermehren. Da dies langsam geschieht, ist zu Beginn nur eine Rötung im Zwischenklauenspalt zu sehen. Erst später entwickelt sich ein faulig-süsslicher Geruch, der der Krankheit den Namen gibt. Das Eitern kommt daher, dass die Bakterien Enzyme produzieren, die das Gewebe rundherum langsam ablösen.

Bei fortgeschrittener Infektion kann sich das Klauenhorn über die ganze Klaue hinweg ablösen und es kommt zum sogenannten «Ausschuhen». Bereits vorher verspüren die Schafe Schmerzen und beginnen zu lahmen.

Quelle: Merkblatt des BGK

Schafzuchtverband begrüsst die Sanierung

Das kantonale Veterinäramt ist verantwortlich dafür, dass die Tiere getestet werden und kontrolliert, ob die Sanierung erfolgreich war. Das BLV koordiniert das Projekt und stellt Informationsmaterial zur Verfügung.

Die SchafhalterInnen sind für die Sanierung ihrer Herden verantwortlich. Die Sanierung werde begrüsst, sagt Christian Aeschlimann, Geschäftsführer des Schweizerischen Schafzuchtverbands SSZV: «Gesunde Tiere haben, nebst dem Tierschutz-Aspekt, den Vorteil der besseren Wirtschaftlichkeit.» Als Teil der «Begleitgruppe Moderhinke» bringt der SSZV die Anliegen der TierhalterInnen in die Sanierungsplanung ein.

Keine Vorschriften, sondern Empfehlungen zur Sanierung

Wie genau saniert wird, ist nicht vorgeschrieben. Es werden jedoch Empfehlungen abgegeben und Beratungen für die Sanierung angeboten. Bisher bewährt haben sich regelmässige Klauenpflege und wöchentliche Klauenbäder (letzteres nur bei positivem Moderhinke-Test). Kantonstier-ärztInnen sowie der Beratungs- und Gesundheitsdienst für Kleinwiederkäuer BGK werden die einzelnen Betriebe dazu beraten.

«Das Ziel ist, dass keine Moderhinke-positive Tiere mit negativen Tieren in Kontakt kommen», heisst es von Seiten BLV. Konkret bedeutet das: Betriebe, die ein positives Testresultat erhielten, dürfen ihre Schafe nicht auf Schafmärkte, Ausstellungen, Viehauktionen sowie auf gemeinsame Weiden bringen dürfen. Davon betroffen ist auch die Sömmerung auf Gemeinschaftsalpen.

Fingerspitzengefühl ist gefragt

Insbesondere bei den Schafschauen gebe es schon noch ein paar Fragezeichen zur Umsetzung, sagt Christian Aeschlimann vom SSZV. «Es wird wohl von allen Seiten Fingerspitzengefühl brauchen. Beispielsweise, indem die Schafe zuhause im Stall beurteilt werden statt an der öffentlichen Schau.»

Er ist zuversichtlich, dass nach der Sanierung die Schafschauen, von denen die Schweizer Schafhaltung lebt, wieder aufleben werden – ohne die Befürchtungen einer Moderhinke-Infektion, die heute aufkommen können.

Das BLV bearbeitet zusammen mit den Veterinärdiensten und dem Beratungs- und Gesundheitsdienst für Kleinwiederkäuer BGK ein Tierverkehrskonzept, in dem auch Fragen rund um die Schauen geklärt werden sollen.

SchafhalterInnen beteiligen sich an Laborkosten

«Als Erleichterung für die Tierhaltenden soll der Tierverkehr in der ersten Untersuchungsperiode zusätzlich mit Schafhaltungen, bei welchen die Untersuchung noch nicht durchgeführt worden ist, möglich sein», steht in den Erläuterungen zur Tierseuchenverordnung.

Weiter heisst es: «Jedoch dürfen von gemeinsamen Weiden oder Märkten Schafe nur zurück auf noch nicht untersuchte Tierhaltungen gebracht werden. Dies gilt auch für Schafe, die ursprünglich aus einer Schafhaltung stammen, für die ein negatives Untersuchungsresultat vorliegt, da sie sich möglicherweise bei den noch nicht getesteten Schafen angesteckt haben.»

Das Projekt wird maximal fünf Jahre laufen. Für diese Zeit wurde ein Budget von 20 Millionen Franken gesprochen, das vom BLV und den Kantonen getragen wird. Vorgesehen ist, dass die Schafbetriebe sich an den Laborkosten beteiligen, wobei sie zwischen 30 und höchstens 90 Franken pro Herde und Jahr bezahlen müssen, basierend auf der Anzahl ihrer Schafe.