AboWeniger LebendtransporteMehr Zeit bei HoftötungenDonnerstag, 1. Februar 2024Der Aufmarsch am 15. Februar 2024 im Restaurant Hirschen in Gloten TG war gross. So gross, dass sogar die Türe zum zweiten Saal geöffnet werden musste, damit alle Personen Platz fanden. Eingeladen hatte die IG Fleischverarbeitung Tannzapfenland zur Gründungsversammlung der gleichnamigen Genossenschaft.

Junger und motivierter Metzger

Über fünf Jahre Planungsarbeit waren diesem Schritt vorausgegangen, wie Andreas Moser ausführte.

«Das Ziel war von Beginn an, die Schlachtmöglichkeiten in der Region Hinterthurgau zu erhalten.»

Andreas Moser, Präsident IG Fleischverabeitung

Die Interessensgemeinschaft (IG)  Fleischverarbeitung hatte mehrere Varianten geprüft und wieder verwerfen müssen. «Mit Andreas Koller – ein junger, motivierter Berufsmann – haben wir eine Top-Person und in Busswil einen geeigneten Standort gefunden», verkündete Moser. Koller ist gelernter Landwirt und Metzger. Das Projekt soll auf dem landwirtschaftlichen Betrieb seiner Familie umgesetzt werden. Unterstützung erhält er von seinem Bruder Silvan Koller, ebenfalls  Fleischfachmann.

600 Schlachtungen pro Jahr zum Ziel

Geschäftsführerin Brigitte Süess verschaffte den Anwesenden unter anderem einen Überblick über den gesetzlichen Rahmen. Das geplante Bauvorhaben befindet sich ausserhalb der Bauzone. Es handle sich um eine innerbetriebliche Aufstockung. «Der Ertrag aus der Metzgerei darf nicht höher sein, als der Ertrag aus den übrigen, bodenabhängigen landwirtschaftlichen Produktion», so Süess. Zusätzlich müsse mindestens die Hälfte der geschlachteten Tiere vom Betrieb Koller stammen.

So wird der Schlachthof finanziert
Das Projekt für Regionale Entwicklung «PRE-Tannzapfenland» zielt darauf ab, die regionale Produktion von Milch und Fleisch zu erhalten und den Austausch zwischen mit den Konsumenten zu fördern. Mehrere Teilprojekte, u.a. die regionale Fleischverarbeitung, verfolgen dasselbe Ziel und fliessen in das PRE mit ein.
Das provisorische Budget sieht Investitionskosten von 2 Mio Fr. vor, davon 1,4 Mio Fr. eigene Mittel. Die Genossenschaft zahlt der Familie Koller ein Darlehen von Fr. 100 000.–. Dieser Beitrag unterstreicht den gegenseitigen Willen zur Zusammenarbeit. Im Rahmen des PRE stehen der Genossenschaft Bundes- und Kantonsgelder in der Höhe von Fr. 500 000.– zur Verfügung.
Jeder Genossenschafter erwirbt mindestens einen Anteilschein im Wert von Fr. 1000.–. Dieser ist übertragbar, wird aber frühestens nach fünf Jahren zurückbezahlt. Die Zinsen des ersten Anteilscheins werden nicht ausbezahlt, sondern verbleiben in der Genossenschaft zur Deckung der laufenden Ausgaben.

Damit die Baubewilligung erteilt wird, muss sichergestellt sein, dass der geplante Betrieb rentabel wirtschaften kann. Andreas Koller geht davon aus, dass dies bei 600 geschlachteten Tieren pro Jahr der Fall ist. Um diese Auslastung und die Planung sicherzustellen, geht er mit der Genossenschaft eine formlose Produktionsgemeinschaft ein. Alle von der formlosen Produktionsgemeinschaft geschlachteten Tiere gelten dann als eigene. 

Vorstand und Statuten genehmigt

Einzig die Frage, ob und wie die einzelnen Genossenschafter in das PRE Tannzapfenland eingebunden werden sollten, sorgte für viel Diskussionsstoff. Letztendlich gaben 45 Stimmberechtigte grünes Licht für die Genossenschaftsgründung.

Der Vorstand setzt sich zusammen aus Andreas Moser (Präsident), Irene Hausammann, David Ammann, Godi Siegfried und Markus Schmucki. Mit dieser diskussionslosen Wahl wurde ihr  Engagement für die IG über die letzten Jahre noch einmal gewürdigt. «Ich bin froh, dass wir nun einen wichtigen Schritt nach vorne gemacht haben», freute sich Moser und doppelte nach: «Weitere Interessierte aus Landwirtschaft und Jagd sind in der Genossenschaft sehr gefragt und herzlich willkommen.»

«Wir gehen auf alle Kundenwünsche ein»

Wie planen Sie im PRE Ihr weiteres Vorgehen?
Andreas Koller: Mit der Gründung der Genossenschaft, eingebettet in das PRE Tannzapfenland, wurden gute Voraussetzungen geschaffen. Im Frühsommer dieses Jahres möchten wir die Baubewilligung einreichen. Wir hoffen, dass der Spatenstich Anfang 2025 stattfindet und wir den Betrieb 2026 aufnehmen können.

Wie sieht Ihr Konzept aus?
Wir rechnen mit ca. 600 geschlachteten Tieren pro Jahr, inklusive Notschlachtungen. Auch Kleintiere, Geflügel und Wild werden von uns fachgerecht verarbeitet. Dabei ist festzuhalten, dass wir nur schlachten – im Auftrag der Landwirte, für den Eigenbedarf oder für die Direktvermarktung. Allenfalls vermitteln wir zwischen den Landwirten und anderen Vermarktern.
Wir streben die Biozertifizierung an. Ich könnte mir auch Hof- und Weidetötungen vorstellen. Sicherlich zu einem späteren Zeitpunkt, wenn alles zum Laufen gekommen ist.

Welche Vorteile ergeben sich für die Genossenschafter?
Genossenschaftsmitglieder erhalten bei der Planung stets den Vorzug gegenüber den anderen Kunden. Durch die Mitarbeit meines Bruders Silvan im Metzgereibetrieb haben wir eine gewisse Flexibilität, so dass auch Notschlachtungen jederzeit durchgeführt werden können.
Wir gehen auf die individuellen Wünsche all unserer Kunden ein. Dafür planen wir einen Verarbeitungsraum, eine Rauchkammer, einen Gefrierraum und einen separaten Abpackraum. Für die Jäger steht ein Kühler für das erlegte Wild bereit.

Wie ist die Unterstützung für das Projekt ausserhalb der Landwirtschaft?
Die Gemeinde Sirnach steht dem Bauvorhaben sehr positiv gegenüber. Mit unserer Nachbarschaft pflegen wir ein gutes Verhältnis. Bis jetzt haben wir noch keine negativen Rückmeldungen erhalten.[IMG 2]