Der Berg hat wieder einmal eine Maus geboren. Oder, um beim Bild zu bleiben, eher eine Bisamratte. Die sieht zwar härzig aus – sie ist aber ein aus Nordamerika importierter Neozoon und vor allem eine Wühlmaus, die in der Landwirtschaft durch Getreidefrass grosse Schäden anrichten kann.

Der Berg ist, in der Schweizer Landwirtschaft wenig überraschend, das Bundeshaus. Von dort aus hat der Bundesrat den direkten Gegenentwurf zur Massentierhaltungs-Initiative in die Vernehmlassung geschickt.

Empfänger der Vernehmlassung sind alle Kantone, die Parteien und 111 nationale Dachverbände: Vom Schweizer Bauernverband SBV über den Schweizer Tierschutz STS bis zum radikalen Verein Swissveg, der ironischerweise bei der Einreichung der Initiative im Bundeshaus weggeschickt wurde, «weil dies keine Veganer-Initiative ist», wie die Initiantin Meret Schneider von Sentience Politics sehr bestimmt erklärte.

Der direkte Gegenentwurf des Bundesrates nimmt zentrale Aspekte der Initiative auf:

  • Eine tierfreundliche Unterbringung der landwirtschaftlichen Nutztiere
  • Regelmässigen Auslauf und die
  • Schonende Schlachtung

Damit können viele Schweizer Landwirte leben. Vorausgesetzt, sie bekommen von der Politik genug Zeit zur Umstellung und von der nachfolgenden Industrie und den Detailhändlern anständige Produzentenpreise.

Die Schweiz hat nämlich heute schon eines der strengsten Tierschutzgesetze der Welt und limitierte Tierbestände bei Kälbern, Schweinen und Geflügel. Meret Schneider – die ich als kompetente und pragmatische Tierschützerin kennengelernt habe – rennt deshalb bei vielen Landwirten offene Stalltüren ein.

Für den Bundesrat endet das Tierwohl aber an der Grenze. Denn alle neuen Bestimmungen gelten nur für die inländische Produktion und klammern die Importe aus. Damit verteuert der Bundesrat einseitig die einheimische Produktion und schwächt deren Konkurrenzfähigkeit weiter. Wer einmal die industrielle Fleischproduktion in Nordamerika oder in den Mercosur-Staaten gesehen hat, kann nur resigniert den Kopf schütteln.

In der Vernehmlassung, die noch bis 20. November 2020 dauert, werden diese Fakten der Bundesrat mit Sicherheit «um die Ohren gehauen». Dann wird er im direkten Gegenentwurf zur Massentierhaltungs-Initiative die Deklarationspflicht bei den oft tiefen Tierwohlstandards importierter Nahrungsmittel verschärfen müssen, damit die Schweiz nicht mit Importprodukten aus tierquälerischer Massentierhaltung überschwemmt wird.