Kurz & bündig
- Lorenz und Matthias Herren führen eine Generationengemeinschaft und kauften im Jahr 2021 wegen tiefen Fahrspuren einen eigenen Mähdrescher.
- Der Laverda 3550 AL ist etwa halb so schwer wie heutige Drescher. Er hat jedoch weniger Leistung, wird aber vor allem im Eigengebrauch eingesetzt.
- Wenn der Ackerboden nass ist, bewähren sich leichtere Erntemaschinen besonders gut.
Matthias Herren wurde auf der Heimfahrt gesichtet, als er den Mähdrescher im Jura von seinem Vorbesitzer abholte. In Bauernkreisen verbreiten sich solche Meldungen in Windeseile. Er war noch nicht zu Hause angekommen, als bei seinem Vater Lorenz schon das Telefon klingelte.
Es waren nicht erboste Lohnunternehmer, welche neue Konkurrenz fürchteten. Vielmehr freuten sich Landwirte über den kleineren und somit leichteren Drescher. So einen ist man sich heute im Mittelland fast nicht mehr gewohnt. Ohne etwas zu tun, erhielt Lorenz Herren bereits die ersten Druschaufträge, die er eigentlich gar nicht suchte.
Dazu muss man sich erinnern, dass im Sommer 2021 der Boden durchnässt war und bereits zu Erntebeginn viele Mähdrescher abgesoffen sind oder tiefe Fahrspuren hinterliessen. So erstaunt es nicht, dass 2021 noch vorhandene alte und leichtere Drescher ein Comeback feierten und Raupendrescher bejubelt wurden.
[IMG 2]
Bodenschonung zählt mehr als Wirtschaftlichkeit
Lorenz und Matthias Herren bewirtschaften in einer Generationengemeinschaft einen Ackerbaubetrieb mit Munimast und Schweine-Zucht sowie -Mast. Sie bauen Gerste und Weizen als Futtergetreide an. Die Ernte lagern sie auf dem Hof und veredeln sie in der Tierhaltung.
Die Druschfläche beträgt 15 Hektaren. Diese Fläche lohnt sich kaum, um einen eigenen Mähdrescher auszulasten, auch wenn es sich um eine gebrauchte Maschine handelt.
«Das war uns natürlich bewusst. Wir kauften die Maschine nicht deswegen. Der nasse Boden brachte uns jedoch zur Überzeugung, dass wir einen leichteren Drescher einsetzen müssen», so Matthias Herren.
Die modernen Lohnunternehmer-Maschinen hatten zu diesem Erntezeitpunkt bereits die ersten tiefen Fahrspuren hinterlassen und Herrens konnten nicht tatenlos zusehen.
«Uns ist klar, dass Fahrspuren in den Folgejahren den Ertrag reduzieren. Man kann immer wieder beobachten, dass dort die Kulturen schwächeln. Wir produzieren ertragsorientiert und wollen unsere Produktionsgrundlage nicht durch Maschinengewichte schwächen. Wir haben gute Böden, aber wir müssen dazu Sorge tragen», stellt Lorenz Herren klar.
Der Drescher-Kauf kam nicht aus heiterem Himmel
[IMG 3]Vater und Sohn Herren suchten deswegen nach einem Dienstleister, welcher mit leichterer Technik unterwegs war. Solche Drescher sind meistens auch älter und nicht mehr immer voll im Schuss. Ihre Suche blieb erfolglos.
Diese Erfahrung bewirkte, dass sie taten, was bei ihnen schon länger ein Thema war: Sie kauften einen eigenen Mähdrescher. Eine neue Maschine stand dabei nie zur Frage, sondern ein Angebot vom Gebrauchtmarkt.
Den Gebrauchtmarkt verfolgten sie schon längere Zeit auf Online-Plattformen wie beispielsweise agropool.ch oder der «Tierwelt». Der Anspruch war, dass der Drescher viel leichter sein muss als eine Lohnunternehmermaschine der 5-Schüttler-Leistungsklasse, wie sie im Mittelland heute oft eingesetzt werden.
Die beiden Landwirte waren froh, dass sie den Kauf beschlossen haben. Man versteht warum, wenn man Matthias Herren hört: «Mir tat es immer weh, zu sehen, wie der Ackerboden allein beim Abtankvorgang durch die Vibrationen von Maschine und Räder gestaucht wurde. Hier erhoffte ich mir mit dem eigenen Drescher von Anfang an eine Besserung.»
Leichter Mähdrescher als Retter in der Not
Letztlich entschieden sie sich für einen Laverda 3550 AL. Das ist ein Vollhang-Mähdrescher mit Baujahr 1989, der 3500 Betriebsstunden auf dem Tacho hatte. Das Eigengewicht wiegt etwa halb so viel wie bei heutigen Leistungsmaschinen der 5-Schüttler-Leistungsklasse mit 15 Tonnen und mehr.
Die Maschine sei einsatzbereit und kann sofort ins Feld stechen, versicherte der Eigentümer. Der Handel wurde in wenigen Tagen abgewickelt und der Einsatz erfolgte sofort, schon am ersten Tag nach der Ankunft der Maschine.
Andere Mähdrescher waren dort eingesunken und konnten nicht mehr weiter. Mit dem Laverda 3550 AL ging es. Herrens wurden im Verlauf der Saison noch hie und da aufgeboten, um «Problemfälle» zu bewältigen. Dies gelang überall. Sie haben die Maschine auch sofort mit Doppelrädern ausgerüstet, um die Bodenbelastung noch mehr zu reduzieren.
Allerdings kann diese Zusatzausrüstung am Hang nicht genutzt werden, weil durch den Ausgleich die Radnaben durch die breite Auflage stark belastet werden.
Der Mähdrescher erfüllte seinen Zweck. Er hat in der vergangenen Saison 2021 insgesamt rund 25 Hektaren geerntet. Dabei konnten Herrens auch auf eine benachbarte Landtechnik-Werkstatt zählen, welche hie und da für Unterstützung sorgte.
So funktionierten beispielsweise die Drehzahlanzeigen der Dreschtrommel und der Windtrommel nicht mehr. Hier konnten die Drehzahlen mit einem externen Gerät ermittelt und provisorisch eingestellt werden.
Betriebsspiegel der Generationengemeinschaft Lorenz und Matthias Herren
Lorenz und Matthias Herren, Rüplisried BE
LN: 37 ha
Kulturen: Getreide (Futterweizen, Gerste), Silomais, Kartoffeln, Karotten, Kunstwiese
Tierbestand: 120 Mastmuni, 50 Zuchtsauen und eigene Schweinemast
Weitere Betriebszweige: Hoflagerung von Getreide
Arbeitskräfte: Lorenz und Verena Herren (Eltern), Matthias und Céline Herren
Für die Erntesaison 2022 ist der Drescher neuwertig
Bis Mitte März 2022 befand sich der Mähdrescher in Herrens Hofwerkstatt und wurde eigenhändig komplett überholt. Nun lassen sich auch die Drehzahlen der Dreschtrommel und Windtrommel wieder ablesen. Nach der Ernte liessen Herrens durch die Fried AG einen Check durchführen.
Dabei wurde eine Liste mit allen Teilen erstellt, die ersetzt werden sollen. «Wir wollten den Drescher komplett auf Vordermann bringen und haben viele Verschleissteile wie Lager, Druschwerkzeuge oder Abdichtungen ersetzt», so Matthias Herren.[IMG 4]
Der Aus- und Einbau der alten und neuen Teile erforderte rund zwei Wochen Arbeit. Eine weitere Woche Arbeit war notwendig, um den Schrägförderer und das Schneidwerk auf Vordermann zu bringen. «Die Maschine ist nun komplett überholt und vollparat, die Ernte könnte eigentlich beginnen», sagt Lorenz Herren und lacht.
An der Druschtechnologie hat sich seit der Erfindung des Dreschwerks nicht viel geändert. Entscheidend für die Arbeitsleistung ist die Qualität der Druschwerkzeuge; und an dieser fehlt es am Laverda 3550 AL nicht.
Herrens rechnen mit einer Flächenleistung von weniger als einer Hektare pro Stunde. Es kommt dann immer auf den Getreidebestand an. Bei einem homogen abgereiften Feld, lässt sich das Korn leicht ausdreschen. Bei verunkrauteten Beständen mit viel Grünanteil, wird es ein Murks und die Flächenleistung sinkt. Moderne Drescher begegnen dem mit viel Druschpower.
Vater und Sohn Herren fürchten nicht, dass ihr Mähdrescher überfordert sein könnte. Man müsse sich jedoch schon bewusst sein, dass das Leistungslimit des 4-Schüttlers nicht das gleiche ist wie bei heutigen Leistungsmaschinen von Lohnunternehmern.
Mit eigenem Mähdrescher muss man Freude haben am «mechen»
«Man muss Freude haben am Bereitstellen von Maschinen und sich auch etwas zutrauen, wenn man Teile ein- und ausbaut. Wenn diese Bereitschaft nicht vorhanden ist, lässt man sich besser nicht darauf ein, eigene Maschinen wie einen Mähdrescher zu haben», ist Matthias Herren überzeugt. Mit seinem Vater hat er bereits viele Maschinen für die Eigenmechanisierung bereitgestellt.
Die meisten Ackerbauarbeiten erledigen sie mit eigenen Maschinen und haben sich beispielsweise bei der Maisernte selber organisiert. Mit einem Anbauhäcksler am Traktor wird der Mais gehäckselt. Die eigene Mechanisierung ist meist auch leichter als jene von Lohnunternehmern.
Lorenz Herren hat sich bereits vor vielen Jahren eine eigene Rundballenpresse angeschafft. Auch diese hat er auf dem Gebrauchtmarkt gefunden und auf Vordermann gebracht. «Das bewährt sich. Wenn man viel selber macht, fällt bei der Ernte zwar viel Arbeit auf einmal an, da man selber fahren muss. Aber das stresst mich nicht, ich geniesse dies sogar. Was mich hingegen stresst, ist das Warten auf den Lohnunternehmer, wenn das Stroh zum Pressen bereit liegt und für den Abend Regen angesagt ist.»
Nun muss der Mähdrescher in Zukunft auch noch gefahren werden. Die beiden Herrens sehen dem gelassen entgegen. «Wir haben mehr Flexibilität beim Erntezeitpunkt», sind sie überzeugt. Damit meinen sie, beispielsweise Teilflächen am Wald später zu ernten als andere Parzellenbereiche, die bereits weiter abgereift sind. Obschon sie vom Lohnunternehmer bisher immer sehr gut bedient wurden, sehen sie in diesem Bereich einen zusätzlichen Nutzen ihres bodenfreundlichen Mähdreschers.
Die Ertragsstärke auch in Zukunft erhalten
Wirtschaftlich wird ihnen die Mähdrescher-Investition nicht viel bringen, aber auch nicht schaden. Sie haben getan, was bei der Ernte 2021 wohl viele dachten aber nicht taten. Nämlich dafür zu sorgen, dass der Bodendruck abnimmt.
Die Investitionen, die sie bisher in den Mähdrescher tätigten – und nicht unbedingt offenlegen wollen – zwingt sie nicht, als Dienstleister möglichst viel Fläche ausserhalb des eigenen Betriebs abzuernten. Das primäre Ziel ist es, den leichten Mähdrescher möglichst viele Jahre auf dem eigenen Betrieb nutzen zu können.
Damit wäre man wieder beim Ursprung ihrer Mähdrescher-Geschichte. Diese sieht vor, mit geringerem Maschinengewicht und weniger Spurschäden dem Boden Sorge zu tragen, um seine Ertragsstärke auch in Zukunft zu erhalten.
Hochleistungsdrescher sind im Kommen
Auf dem Mähdreschermarkt in der Schweiz werden die Mähdrescher immer leistungsstärker. Ein Grund ist, dass Lohnunternehmer immer mehr Mühe haben, geeignete Fahrer zu finden. Diese werden mit zusätzlicher Maschinenleistung ersetzt. In letzter Zeit werden auch Rotordruschsysteme beliebter. Diese belasten das Stroh mehr als Schüttler um Restkorn aus dem Stroh zu trennen. In der Schweiz, wo das Stroh wegen der tierfreundlichen
Haltungssysteme eine hohe Bedeutung hat, ist diese Strohbelastung nicht beliebt. Die Hersteller konnten hier jedoch Verbesserungen vornehmen, wodurch das Stroh schonender behandelt wird. Rotorsysteme haben zudem den Vorteil, dass sie weniger empfindlich sind bei Getreidebeständen mit viel Grünanteil wie Verunkrautung durch Extensivierung. Paradoxerweise wird ausgerechnet hier mehr Druschpower benötigt.[IMG 5]