Kurz & bündig

    - Fahrzeuge für die Hang- und Berglandwirtschaft sind technisch komplexer, haben kleine Stückzahlen – und sind deshalb oft teuer.
    - Aber mit Einachsgeräteträger, Zweiachsmäher und Transporter steht der Bauer nicht am Berg.
    - Seit 2008 werden in der Berglandwirtschaft weniger Abstürze und tragische Unfälle gezählt. Diese würden durch das Tragen der Sicherheitsgurte oft weniger tragisch enden.

    Bergmechanisierung ist im doppelten Sinn ein exklusives Abenteuer. Denn Fahrzeuge für die Hang- und Berglandwirtschaft sind technisch meist komplexer und werden in kleineren Stückzahlen gebaut als weltweit genutzte Standard-Traktoren, was sie im Kauf teurer macht.

    Bergbetriebe sind oft zur Eigenmechanisierung gezwungen

    Wir haben die Hersteller und Importeure von Fahrzeugen für die Hang- und Bergmechanisierung (nachfolgend nur noch als Bergmechanisierung bezeichnet) nach dem typischen Fuhrpark ihrer Kunden gefragt. Nach deren Angaben sieht die typische Eigen-Mechanisierung eines Bergbetriebes heute so aus:

    • 1 Einachsgeräteträger oder Zweiachsmäher
    • 1 Traktor mit Fronthydraulik als Mäh-Traktor oder Wende-Traktor
    • 1 Transporter oder ein Bergtraktor mit Ladewagen

    Ein beachtlicher Fuhrpark für die oft kleinen Landwirtschaftbetriebe in den Hang- und Berggebieten. Gemeinsame Mechanisierung würde alles einfacher und wirtschaftlicher machen – aber die Realität am Berg ist nun mal nicht so einfach.

    Wenn der Schnee endlich schmilzt, kommen Bergfrühling und Bergsommer «auf einen Chlapf». Landwirte in der Bergzone haben dadurch deutlich weniger verfügbare Arbeitstage als ihre Kollegen in der Tal- und Hügelzone. Am Berg müssen alle gleichzeitig Heuen und jeder braucht dann die eigene Maschine, um flexibel zu sein.

    Dieser hohe Grad an Eigenmechanisierung ist nur dann wirtschaftlich, wenn die Maschinen lange genutzt werden. Kein Wunder, sind Maschinen auf Bergbetrieben oft zwanzig bis vierzig Jahre im Einsatz. Und noch mehr als die Tal- und Hügel-Bauern pflegen die Bergbauern ihre Mechanisierung sorgfältig. Das wirkt sich auch positiv aus auf den Eintauschwert oder Wiederverkaufswert der Maschinen.

    Die Hangmechanisierung hat ihre eigenen «Regeln»

    Die wichtigsten Faktoren bei der Bergmechanisierung sind meist in dieser Reihenfolge:

    • Tiefer Schwerpunkt
    • Optimale Gewichtsverteilung, zum Beispiel mit dem Getriebe im Hinterwagen, damit keine gefährlichen Drehmomente übertragen werden können.
    • Richtige Bereifung, zum Beispiel mit Doppelbereifung für geringen Bodendruck und hohe Standsicherheit.
    • Grosse Flächenleistung.
    • Fahrkomfort. Dazu gehört neu ein Hangausgleich in der Kabine, wie sie der revolutionäre neue Rigitrac SKH 60 erstmals zeigt (siehe Bericht).

    Die Sicherheit ist wie überall in der Landwirtschaft ein Thema. Aber in den letzten Jahren sind Abstürze oder tragische Unfälle am Berg seltener geworden. Das bestätigt auch die Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft BUL.

    Weniger Unfälle in der (Berg-)Landwirtschaft

    Seit 1976 hat die Zahl tödlicher Unfälle mit landwirtschaftlichen Motorfahrzeugen (Traktoren, Transporter und Zweiachsmäher) abgenommen, erklärt Hans Stadelmann von der Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft BUL:

    - 1976 – 2020 deutlicher Rückgang
    - 1988 – 2007 Konsolidierung
    - 2008 – 2020 auf tieferem Niveau

    In den letzten Jahren ereigneten sich die tödlichen und schweren Unfälle mit Transportern und Zweiachsmähern je zur Hälfte auf Strassen und im Gelände. Die Geschwindigkeit spielt dabei eher eine untergeordnete Rolle. Ein grosses Risiko hingegen sind betagte Lenker, die alte Fahrzeuge führen.

    Seit 2008 wurden aber weniger Abstürze und tragische Unfälle gezählt. Der «Ausreisser» 2018 dürfte auf den Hitzesommer zurückzuführen sein: Bei sehr trockenen Böden greifen die Reifen schlechter. Es kommt dann – insbesondere in steilen Lagen – schneller zum Rutschen und zu Abstürzen.

    Die BUL sieht trotzdem noch grosses Präventions-Potenzial: Weil neue Hangfahrzeuge meist einen höheren Sicherheits-Standard haben, fahren die Landwirte damit oft noch extremer in die Steilhänge hinein. Wenn es dann doch zu einem Unfall kommt, zeigen die Analysen, dass die meisten tödlichen und schweren Stürze mit Transportern und Zweiachsmähern durch das Tragen der Sicherheitsgurte weit weniger tragisch enden würden.

    Weil die Landwirtschaft bei Privatversicherungen versichert ist, gibt es keine eigene Unfall-Statistik wie zum Beispiel aus Branchen, die bei der SUVA flächendeckend versichert sind. Die BUL wertet deshalb alle Meldungen über Unfälle in der Landwirtschaft aus. Tödliche und schwere Unfälle werden dabei grösstenteils erfasst, die Dunkelziffer ist aber tief.[IMG 2]

    Vom Motormäher zum modernen Einachsgeräteträger

    Seit dem ersten Rapid-Motormäher im Jahre 1926 dominierten die Schweizer Hersteller Rapid, Aebi, Bucher, Bure-König (von den Gebrüdern Bur, Luzern) und andere mittlerweile vergessene Namen mit ihren Einachsern den Markt. Ab den 1990er-Jahren haben diese Platzhirsche Konkurrenz erhalten von neuen Namen wie:

    • Agria, Deutschland
    • Brielmaier, Deutschland (gehört seit 2019 zu Rapid)
    • Köppl, Deutschland
    • Reform, Österreich
    • TerraTec «Ibex», Österreich

    Mit den verschiedenen Anbaugeräten wurden die Motormäher zu multifunktionalen Einachsgeräteträgern. Zum bekannten Mähbalken kamen der Heuschieber und je nach Hersteller bis zu einem Dutzend weiterer Anbaugeräte. Für den Kommunaldienst auch Mulchgeräte.

    Die modernen Einachsgeräteträger haben die Einsatzgrenze bis zu eindrücklichen 120 Prozent oder 50 Grad nach oben verschoben. Anschaulich erklärt: Auf 100 Meter Fahrstrecke steigt der Hang um 120 Meter. Zum Lieferumfang gehören deshalb spezielle Steigeisen für den Landwirt.

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    Gummiwalzen sorgen für mehr Sicherheit

    Im steilen Gelände sorgen Stachelräder mit einer tragenden Metallwalze für Halt. Relativ neu sind Gummiwalzen wie der LS Grip von TerraTec und das Flexispike-Schlauchrad, welche die Stärken von Luftbereifung und Stachelwalzen vereinen. Im schwierigem Gelände sollen Gummiwalzen und Schläuche besser dämpfen und Hindernisse leichter überwinden als Metallwalzen. Stachelspitzen aus Stahl oder Gummi (beim LS Grip) sichern den Halt am Hang.

    Die Idee zum Flexispike kommt von der Vorarlberger MB Stahlbau, Rapid und Brielmaier haben sie weiterentwickelt und serienreif gemacht. Flexispike ist ein Luftschlauch aus dem Material, das für Offshore-Schläuche im Extrem-Einsatz auf Bohrinseln eingesetzt wird.

    Je fester der Boden und je dichter die Grasnarbe, umso stabiler krallt sich der Einachsgeräteträger an den Hang. Der Bediener kann sich an ihm festhalten, sollte er abrutschen. Wenn er dennoch die Griffe loslassen muss, schaltet sich der Fahr- und Messerantrieb automatisch ab. Das Unfallrisiko ist damit kleiner als auf dem Traktor oder Zweiachs-Motormäher.

    Die in der Schweiz 2020 meist verkauften Einachsgeräteträger-Marken sind Rapid, Reform und Brielmaier. Diese Unternehmen geben keine Verkaufszahlen heraus und es gibt auch keine offizielle Statistik. Marktkenner schätzen aber, dass in der Schweiz jährlich 2500 bis 3000 Einachsgeräteträger verkauft werden.

    Der Zweiachsmäher fährt zwischen Einachsgeräteträger und Traktor

    Die nächst grössere Fahrzeug-Kategorie sind Zweiachsmäher, als selbstfahrende Geräteträger mit einem tiefen Schwerpunkt, Vierradlenkung und meist besonders breiten Terra-Reifen, die mit verringertem Reifendruck gefahren werden. Zweiachsmäher sind nicht gerade «Kletterziegen» wie die Einachsgeräteträger – aber ihre Hangtauglichkeit und Wendigkeit ist beeindruckend. Sie können bis 55 Prozent oder 29 Grad Hangneigung zum Mähen eingesetzt werden.

    Für die Praktiker unter uns anschaulich erklärt: Auf 100 Meter Fahrstrecke steigt der Hang um steile 55 Meter. Deshalb nutzen immer mehr Bergbauern immer leistungsfähigere und immer grössere Zweiachsmäher, um effizienter und kosten-günstiger arbeiten zu können.

    In den meisten Einsatzbereichen sind aber 70 bis 75 PS ausreichend – ein Leistungsbereich, für den noch keine verschärften Abgas-Anforderungen gelten. Bei den leistungsstarken Modellen über 76 PS werden die Abgas-Normen mittels SCR-Technologie erfüllt, also mit dem Einspritzen von AdBlue in den Abgas-Strom. Bei nassen Böden wie im Frühjahr 2021 ist sowieso das Gewicht wichtiger, «nur» bei trockenem Untergrund die Motorleistung.

    Zweiachsmäher sind wendiger und bodenschonender

    Gegenüber Standard-Traktoren kann der Zweiachsmäher ab 40 Prozent Hangneigung seine Stärken ausspielen. Beim Mähen wegen dem feuchten und damit rutschigen Schnittgut (Gras) schon ab 35 Prozent. Der Zweiachsmäher ist im Vergleich zu Standard-Traktoren:

    • leichter
    • wendiger
    • bodenschonender
    • energiesparender

    Die in der Schweiz 2020 meist verkauften Zweiachsmäher-Marken sind:

    • Aebi 120 Zweiachsmäher
    • Reform 100 Zweiachsmäher
    • Antonio Carraro 40 Zweiachsmäher

    Der Schilter ist Geschichte, moderne Transporter fahren auf

    In den 1960er-Jahren kamen die ersten Transporter auf den Markt. Namen wie Aebi, Bucher, Antonio Carraro, Lindner, Rapid und Reform. Und natürlich der legendäre Schilter, dem nach mehreren Besitzerwechseln 1992 die Zündschlüssel gezogen wurden. 1993 übernahm die neu gegründete Schiltrac Fahrzeugbau GmbH im nidwaldischen Buochs die Weiterentwicklung und Produktion der Transporter unter dem Markennamen Schiltrac.

    Der Transporter ist schon lange kein simpler Transporter mehr, sondern ein multifunktionaler Geräteträger mit modernem Datenmanagement. Ein Grund dafür ist, dass die modernen Transporter immer mehr auch im Kommunalbereich eingesetzt werden – wovon die Landwirtschaft profitiert.

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    Gegenüber einem Standard-Traktor mit Anhänger ist der Transporter am Berg meist im Vorteil:

    • An steilen Hängen und in schmalen Stellen kommt der Transporter mit seinem engen Wenderadius weiter als der Standard-Traktor
    • Der Transporter ist zum Beispiel beim Zurücksetzen einfacher zu fahren als ein Standard-Traktor mit Anhänger
    • Hohe Wendigkeit dank Kompaktheit und Vierradlenkung
    • Mehr Sicherheit beim Abdrehen im steilen Gelände
    • Grössere Bodenfreiheit zum Beispiel bei der Überfahrt von Böschungen durch kürzere Fahrzeugkombination
    • Höhere Ladegeschwindigkeit
    • Geringerer Kraftstoffverbrauch
    • Keine zusätzliche Gelenkwelle notwendig wie zum Beispiel für eine Wegzapfwelle

    Die vier in der Schweiz 2020 meist verkauften Transporter-Marken sind:

    • Reform 70 Transporter
    • Aebi 68 Transporter
    • Lindner 38 Transporter
    • Schiltrac 12 Transporter

     

    Hersteller von Einachsgeräteträgern, Zweiachsmähern und Transportern

    - Aebi Schmidt Group, Burgdorf (Bern)
    - Antonio Carraro SPA
    - Agria-Werke GmbH
    - Bergtrac Fahrzeugtechnik GmbH
    - Brielmaier Motormäher GmbH
    - Erni Landmaschinen AG, Menznau (Luzern)
    - Köppl GmbH
    - Lindner Traktorenwerk GmbH
    - Lüönd & Co. AG, Unteriberg (Schwyz)
    - Rapid Technic AG, Killwangen (Aargau)
    - Reform-Werke Bauer & Co GmbH
    - Schiltrac-Fahrzeugbau, Buochs (Nidwalden)
    - TerraTec Maschinenbau GmbH

    Fernsteuerung und Robotik in der Bergmechanisierung

    Fernsteuerungen und Robotik halten auch in der Bergmechanisierung Einzug. Motormäher mit Funksteuerung zum Beispiel für das Mähen in Steillagen gibt es schon.

    Auf dem LCD-Display steuert der Bediener über die Funkfernbedienung alle wichtigen Funktionen des Motormähers und der angeschlossenen Geräte aus bis zu 150 Metern Entfernung. Eine enorme Erleichterung für die Arbeit am Steilhang. Der Bediener kann von seinem sicheren Standplatz aus den Hang mit Abstand von Hitze, Abgas, Vibrationen und Lärm-Emmissionen mit dem Motormäher bewirtschaften.

    Fachleute schätzen, dass 2021 in der Schweiz erst wenige solcher Funksteuerungen verkauft werden. Mit grossem Potenzial nach oben, im doppelten Sinne des Wortes.

     

    Tagung «Landtechnik im Alpenraum»

    An der Fachtagung «Landtechnik im Alpenraum» treffen sich alle zwei Jahre Spezialisten der Bergmechanisierung des deutschsprachigen Alpenraumes in Feldkirch (A).

    Die sogenannte Feldkirchtagung ist eine langjährige Kooperation von:

    Damit wird der Alpenraum mit vergleichbarer Produktionssituation und Umweltbedingungen fachlich abgedeckt.

    Die gute Mischung von wissenschaftlichen und praxisnahen Beiträgen deckt ein breites Themengebiet ab. Dies gilt sowohl aus regionaler Sicht (Schweiz – Österreich – Bayern – Südtirol), als auch bezüglich der behandelten Themen.

    Die nächste Feldkirchtagung findet am 30. und 31. März 2022 statt.