Es gibt nichts gratis auf dieser Welt. Auch nicht, beim Lohnunternehmer im Mähdrescher mitzufahren. Ja nicht einmal, sich von Kollegen zum Feierabend-Bier einladen zu lassen. Tragisch, aber wahr. Der Grund für dieses Übel sind die Opportunitätskosten.

Opportunitätskosten muss man nicht via Rechnung oder Portemonnaie begleichen. Sie fallen aber dennoch täglich an. Man versteht darunter den Nutzen, der einem entgeht, weil man sich für Option X und somit gegen alle anderen verfügbaren Optionen entschieden hat. Fahre ich also mit dem Mähdrescher ein paar Runden mit, so kann ich in dieser Zeit nicht in der Reuss schwimmen.

Bei diesem Beispiel halten sich die Kosten in Grenzen, obwohl ein Schwumm in der Reuss durchaus nicht zu verachten ist. Zumindest nicht in der Jahreszeit, wenn bei uns die Mähdrescher auffahren.

Es gibt aber andere Beispiele, die mehr zu denken geben. Etwa Folgendes: Habe ich einen Betriebszweig, der viel Arbeit und wenig Verdienst gibt, so kostet mich das etwas. Ja, es kostet mich, auch wenn ich damit sogar noch etwas verdiene.

Nehmen wir an, ich habe einen alten und umständlich zu «bearbeitenden» Milchviehstall. Jeden Tag brauche ich acht Stunden im Stall, um meine zehn Kühe zu versorgen. Womöglich verdiene ich noch ein klein bisschen etwas mit meiner Arbeit, auch, weil ich die direkten Kosten tief halten kann.

Hier fallen die Opportunitätskosten aber stark ins Gewicht: Wenn ich täglich so stark von einer Arbeit beansprucht werde, die einen sehr geringen Profit abwirft, fehlt mir die Zeit und Energie, eine Arbeit zu erledigen, die besser rentieren würde. Oder, noch dümmer: Mir fehlt auch die Zeit und Energie, überhaupt einen Gedanken zu fassen, welche andere Arbeit das denn überhaupt sein könnte.

Das ist nicht schlimm, wenn man mit seinem Leben samt Einkommenssituation rundum zufrieden ist. Generell würde ich überhaupt keiner Menschenseele, die rundum zufrieden ist, irgendwie dreinreden wollen. Im Gegenteil, mich würde es immens interessieren, wie um alles in der Welt er oder sie das genau anstellt.

Ich will damit auch nicht sagen, dass man nur das tun soll, was am besten rentiert. Obwohl das schon noch ein praktischer und einfach anzuwendender Leitfaden wäre. Dumm nur, dass dann die meisten von uns Landwirten den Beruf wechseln müssten, weil bei einer Anstellung in einer anderen Branche ein besserer Lohn für weniger Arbeit winkt.

Aber eben: Es geht nicht einfach um Einkommenssteigerung. Die entscheidende Frage ist die, was man wirklich will und was einem Freude bereitet.

Darum freue ich mich auf den Winter, obwohl ich ein Unterländer aus einem nebligen Tal bin und meine Skitechnik ähnlich ruppig ist wie das Getriebe eines Belarus-Traktors.

Wenn mit der Einkehr der kalten Jahreszeit die Arbeiten auf dem Acker nämlich weniger werden, habe ich wieder etwas mehr Zeit, mir Gedanken zu machen, was ich alles nicht gemacht habe. Weil ich eben das gemacht habe, was ich gemacht habe. Und wer weiss, vielleicht kommt ja die Einsicht, im nächsten Jahr das eine oder andere anders zu machen.

 

«Plötzlich Bauer»

Sebastian Hagenbuch ist Landwirt und Agronom. Er bewirtschaftet mit seinen Eltern einen Betrieb mit zwei Standorten im Freiamt AG. Er arbeitet in einem Teilzeitpensum als Redaktor Pflanzenbau für «die grüne».

Hagenbuch begann sich erst spät für die Landwirtschaft zu interessieren. In seiner Kolumne «Plötzlich Bauer» erzählt er von Alltäglichem und Aussergewöhnlichem, wechselt ab zwischen Innen- und Aussensicht, immer mit kritischen Blick und mit einem Augenzwinkern.