Das Plakat zeigt eine idealisierte Schweizer Berglandschaft. Im Vordergrund kniet ein Mensch mit hochgekrempelten Hemdsärmeln auf einem Feld. Darüber prangt in grossen Buchstaben «Gmacht us de Schwiiz». Unten ergänzt ein Schriftzug: «Bäuerinnen und Bauern aus dem ganzen Land liefern uns die besten Zutaten.» Oben rechts steht das Logo des Absenders – es ist das goldene M von McDonald’s Schweiz – Tochtergesellschaft des amerikanischen Konzerns, mit einem weltweiten Umsatz von 23,2 Milliarden Franken.

Anfang Juli startete McDonald’s eine neue Werbekampagne, in der das Unternehmen die Herkunft seiner Rohstoffe aus der heimischen Landwirtschaft hervorhebt. Dass es sich dabei nicht um leere Behauptungen handelt, belegen unter anderem die jüngsten Unternehmenszahlen: Laut Angaben vom April 2024 kaufte McDonald’s Lebensmittel im Wert von 235 Millionen Franken ein – davon rund 200 Millionen Franken (über 85 %) bei Schweizer Lieferanten. Etwa 6400 Bauernbetriebe liefern Zutaten für die 183 Filialen in der Schweiz, die insgesamt 8300 Mitarbeitende beschäftigen.

Regionalität und Fortschritt

Neben der Betonung regionaler Herkunft präsentiert sich McDonald’s auch als fortschrittlicher Arbeitgeber: Frauen stellen mit 60 % die Mehrheit im Management, zwischen den Geschlechtern herrscht Lohnparität, und 83 % der Crew sowie 94 % des Restaurantmanagements bewerten das Unternehmen als sehr guten Arbeitgeber.

Wie in der Vergangenheit könnte das Unternehmen nun mit diesen Kennzahlen begleitet von einem Produkt wie einem Hamburger mit Pommes auf einem Plakat für sich werben. Nun macht es etwas anderes: Es bewirbt den Ursprung der Rohstoffe und untermalt das mit Landschaftsbildern, die auf den ersten Blick an Gemälde eines vollbärtigen, akademischen Landschaftsmalers zu Beginn des 20. Jahrhunderts erinnern. Tatsächlich stammen die Illustrationen aber von Dexter Maurer, einem Künstler aus Delsberg, Jahrgang 1994.

Die Idee: Emotionale Verknüpfung

Produziert wurde die Kampagne von TBWA\Zürich. Die Agentur verspricht, mit unkonventionellen Ideen Aufmerksamkeit zu erregen und Denkanstösse zu geben – vergleichbar wie bei einem eingepflanztem Samen, der im Kopf des Betrachters keimt und Gedankengänge anregt. Die Idee dahinter ist dieselbe wie bei jeder anderen Werbung auch – nämlich Emotionen zu wecken und diese mit dem beworbenen Produkt zu verknüpfen. Nach dem Motto von Seth Godin, einem bekannten amerikanischen Marketingexperten: «Menschen kaufen keine Produkte oder Dienstleistungen, sondern vielmehr Beziehungen, Geschichten und Magie.»

Zum einen erzählt das Werbeplakat die Geschichte einer unberührten, idyllischen Schweizer Landschaft – frei von zivilisatorischen Errungenschaften wie Autobahnen, Starkstromleitungen, Einfamilienhäuschen (und Grossschlachthöfen). Das Bild ist dabei bewusst in einem Stil gezeichnet, den die Mehrheit der Bevölkerung als «schön» empfinden würde. Gleichzeitig knüpft es mit seinem Stil an bekannte Motive im kollektiven Bildgedächtnis an: Charles Girons «Wiege der Eidgenossenschaft» aus dem Nationalratssaal oder der Holzfäller von Ferdinand Hodler. Dieser scheint, im Plakat von McDonald’s, nach getaner Arbeit mit aufgesetzter Dächli-Kappe selleriegrosse Zwiebeln zu jäten.

Umfragen des Bundesamts für Landwirtschaft zeigen seit Jahren: Die Landwirtschaft geniesst in der Bevölkerung grosses Ansehen. Vielleicht auch weil Städter das Landleben mit Gesundheit, Ursprünglichkeit und Sinnhaftigkeit verbinden und sich in der urbanen Aglowüste nach diesem vermeintlich einfachem, aber gesunden Leben sehnen.

Die Kampagne von McDonald’s knüpft genau an diese Emotionen an: eine historische Verwurzelung, eine idyllische naturnahe Landschaft ohne Stromleitungen und an gesunde einheimische Lebensmittel. Die ersten beiden Motive entspringen eher der Vorstellungskraft. Das dritte ist Realität.