Kurz & bündig

  • Das Projekt «Bodenverdichtung» am Agroscope Standort Reckenholz untersucht, wie schnell sich der Boden nach einer Verdichtung regeneriert.
  • In den ersten 18 Monaten fand keine Erholung statt.
  • Die Pflanzenwurzeln wachsen entlang des geringsten Widerstandes und wo sie am meisten Sauerstoff finden.
  • Die Regeneration ist ein langwieriger Prozess.

Verdichtungen im Unterboden, dort, wo bei normaler Bewirtschaftung mit keinem Arbeitswerkzeug wie Pflugschar oder Grubber gelockert wird, regenerieren nur sehr langsam. Die Ertragseinbussen sind hoch und können die Ernteerträge um bis zu 30 Prozent reduzieren. Eine Regeneration ist jedoch nur dann möglich, wenn Bewirtschaftungsfehler erkannt werden, die Schäden innert weniger Sekunden verursachen können, und sofort anders gehandelt wird.

Thomas Keller leitet am Agroscope Standort Reckenholz einen Feldversuch zur Regeneration von Bodenverdichtungen. Eine Regeneration ist möglich, es bedingt jedoch langfristiges und konsequentes Handeln.

Wie stark ist der Boden in der Schweiz verdichtet?

Thomas Keller: Der Bodenzustand wurde in der Schweiz diesbezüglich nie flächendeckend erhoben. Eine Studie in der Zentralschweiz kam vor einigen Jahren zum Schluss, dass ein Drittel aller Flächen stark verdichtet sind. Europäische Studien deuten darauf hin, dass 25 bis 40 Prozent der Flächen verdichtet sind.

Ab wann ist ein Boden überhaupt verdichtet?

Es ist nicht einfach, quantitativ zu beurteilen, ab wann ein Boden verdichtet ist und wann nicht. Der Übergang ist schleichend. Und es ist schwierig, eine Referenz von völlig unverdichtetem Boden zu finden. Grundsätzlich sind alle landwirtschaftlich bewirtschafteten Böden bis zu einem gewissen Grad verdichtet – Landwirtschaft ist in diesem Sinn immer ein «Eingriff». Es gilt zu verhindern, dass solche Eingriffe die Produktivität und andere Ökosystem-Dienstleistungen wie zum Beispiel Hochwasserschutz, Wasserspeicherung oder Klimaregulierung beeinträchtigen.

Wie erkennt man einen verdichteten Boden?

Erste Anzeichen sind stehendes Wasser nach Regenfällen, gestresste Kulturen und mehr Zugkraftbedarf beim Bearbeiten. Am besten schaut man sich mit einem Spaten den Boden ab und zu an. Zerfällt der Boden in Krümmel, hat er Struktur und die Wurzeln können ungehindert wachsen. Gibt es grobe Aggregate wie Klötze, ist der Boden zusammengepresst. Bricht man die Klötze auf, sieht man, ob Wurzeln hineinwachsen konnten.

Wie hoch sind Ertragseinbussen durch Verdichtungen?

Auch hier fehlt uns die Referenz von einem unberührten natürlichen Boden. Wir haben am Agroscope Standort Reckenholz einen Feldversuch, bei dem wir untersuchen, ob und wie schnell sich der Boden von einer Verdichtung erholt. Dort haben wir den Boden mit einem landwirtschaftlichen Fahrzeug relativ stark verdichtet. Im ersten Jahr hatten wir eine Ertragseinbusse von 20 Prozent und im zweiten Jahr 10 Prozent, obwohl der Oberboden gepflügt wurde. Seither ist die Ertragseinbusse relativ gering, aber konstant bei etwa 3 Prozent. Die konstante Ertragseinbusse ist auf Unterbodenverdichtung zurückzuführen. Der Unterboden erholt sich von einer Verdichtung nur sehr, sehr langsam über Jahrzehnte. Wenn der Boden mit hohen Radlasten bei feuchten Bedingungen immer wieder weiter belastet wird, akkumuliert sich das natürlich laufend, mit entsprechend grösseren Ertragseinbussen.

Im 2020 gab es bisher viel mehr Regen als in den beiden vorangehenden Jahren. Ist das Verdichtungsrisiko dieses Jahr höher?

Ja natürlich, die Bodenfeuchtigkeit ist ein massgebender Faktor bei der Bodentragfähigkeit. Bei trockenen Bedingungen erträgt der Boden höhere Lasten als bei nassem Boden.

Was empfehlen Sie, den Reifendruck oder die Radlast anzupassen?

Den Reifeninnendruck auf das Minimum abzusenken ist immer gut. Bei der Radlast ist man weniger flexibel bei vorhandenen Fahrzeugen. Als Faustregel kann man sagen, dass der Reifendruck den Druck im Oberboden und die Radlast den Druck im Unterboden bestimmt. Bei hohen Radlasten kann Bodenverdichtung auch tief in den Unterboden eindringen, wo die Schäden langfristig bestehen bleiben.

Man kennt auch Schmierschichten durch Schlupf oder rotierenden Arbeitswerkzeugen. Sind diese im Vergleich zu Bodenverdichtungen harmlos?

Eine Schmierschicht kann sogar noch schlimmere Folgen haben, wenn die Bodenporen vom Oberboden zum Unterboden unterbrochen oder verstopft werden. Wasser und Sauerstoff können nicht mehr in den Unterboden gelangen, auch Wurzeln haben es dann schwerer, den Weg in den Unterboden zu finden. Und Regenwürmer schätzen das natürlich auch nicht. Die Schmierschicht begrenzt sich aber eher auf die oberen Bodenschichten, im Kontakt zwischen Reifen oder Arbeitsgerät und Boden und kann besser behoben werden. Allerdings sind auch Schäden im Oberboden, sei es durch Verschmieren oder Bodenverdichtung, nicht einfach mit einer Bodenbearbeitung behoben.

Wie kann verdichteter Boden saniert werden?

Hier gibt es keine einfachen Rezepte. Das Einfachste ist, Bodenverdichtung zu vermeiden, weil Unterbodenverdichtung praktisch permanent ist. Wir haben in unseren Feldversuchen gesehen, dass durch eine gezielte Bodenbearbeitung zum richtigen Zeitpunkt, wenn der Boden bröcklig ist, die Regeneration angestossen und beschleunigt werden kann. Mit nur natürlichen Prozessen wie Pflanzenwurzeln, Regenwürmern oder Schrumpfen und Quellen des Bodens war selbst der Oberboden nach sechs Jahren in zehn Zentimeter Tiefe in unserem Feldversuch immer noch nicht regeneriert.

Und wie kann man bei einer Unterbodenverdichtung unterhalb der üblichen Bodenbearbeitungs-tiefe von Pflug und Grubber nachhelfen?

Bei einer allfälligen Tiefenlockerung ist es wichtig, dass dies zu einem Zeitpunkt stattfindet, wo der Boden trocken ist und er aufgebrochen werden kann. Danach mit sofortiger Begrünung die Durchwurzelung fördern und eine sehr schonende Bewirtschaftung in den Folgejahren. Ist der Boden zu feucht, ist bei der Tiefenlockerung die Gefahr gross, dass es nur noch schlimmer wird, da nasser Boden gar nicht gelockert werden kann.

Wie unterscheidet sich das Verhalten bei Verdichtungen von schweren tonigen und leichten sandigen Böden?

Grundsätzlich können sowohl sandige wie auch tonreiche Böden verdichtet werden: Bei sandigen Böden kann es zu sehr dichten räumlichen Anordnungen der Sandkörner kommen, so dicht, dass Wurzeln nicht mehr durch den Boden wachsen können. Das natürliche Regenerationspotenzial so eines Bodens ist sehr gering. Tonige Böden sind im feuchten Zustand generell schwächer und ertragen nur kleinere Lasten. Sie trocknen auch langsamer ab als sandige Böden. Bei tonigen Böden kann eine gute Bodenstruktur durch einmalige Befahrung zum falschen Zeitpunkt zerstört werden – ein toniger Boden schrumpft und quillt zwar, was sein Regenerationspotenzial erhöht, aber die Regeneration ist sehr langsam im Vergleich zur Verdichtung.

 

 

Oberboden und Unterboden

Bei der Bewirtschaftung unterscheiden man zwei Bodenschichten. Der Oberboden ist der humusreiche, dunkel gefärbte und stark belebte oberste Bereich, wo bei konventioneller Bewirtschaftung die Bodenbearbeitung stattfindet. Dieser Bereich geht bis zu einer Tiefe von rund 25 Zentimetern.

Der Unterboden ist der Bereich, welcher nicht bearbeitet wird. Bei Direktsaat ist es etwas schwieriger, genau zu sagen, wo der Oberboden aufhört und wo der Unterboden anfängt.

 

 

Mit der Fruchtfolge das Aufeinandertreffen von feuchtem Boden und hohen Radlasten verhindern

Die langfristige Planung und die Anpassung der Fruchtfolge an die Standortbedingungen (Boden, Klima) ist zentral. Die Kombination «hohe Radlasten» und «feuchter Boden» sollte in der Fruchtfolge vermieden werden. Zum Beispiel Zuckerrübenernte spät im Herbst mit hohen Radlasten auf tonigen Böden sind ein Risiko bei nasser Witterung.

Nasse Jahre kann es immer geben. Hat man einen Boden mit guter Struktur, hilft das auch in nassen Jahren. Neben einer guten Fruchtfolge und genügend Kohlenstoff (zum Beispiel Ernterückstände für die Humusbildung) helfen Zwischenkulturen, den Boden «lebendig» zu halten. Die Wurzeln wirken wie Armierungseisen im Beton.

 

 

Mit Terranimo die Belastungsgrenze bestimmen

Das Verdichtungsrisiko kann vor dem Befahren mit dem Simulationsmodell Terranimo® einfach abgeschätzt werden. Mit Terranimo® kann man auch testen, welche Faktoren (Bodenart, Bodenfeuchte, Radlast, Reifen und Reifeninnendruck, Raupen) sich wie auf das Verdichtungsrisiko auswirken und entsprechend ausfindig machen, wie man das Risiko verringern kann.