kurz & bündig

- Die Familie Lobsiger kreuzt in Wünnewil FR  Nelore-Zebus in ihre Limousin-Mutterkuh-Herde ein und vermieten ihre Zebu-Stiere.
Die mit Nelore belegten Limousin-Mütter kalben leicht.
- Die Nachkommen sind robust, genügsam und hitzetolerant.
- Nelore sind von Mutterkuh Schweiz als Rasse mit guter Fleischqualität anerkannt.
- Die Stiere kommen vor allem bei Herden zum Einsatz, in welchen die Kühe schlecht aufnehmen.
- Die Zebu-Mütter haben einen ausgeprägten Mutterinstinkt. Sie sind wachsam und verteidigen ihre Kälber.

Rinder mit einem Höcker auf dem Rücken bieten in der Schweiz ein ungewohntes Bild. Zebus, auch Buckelrinder genannt, stammen ursprünglich aus Indien. Da sie an heisse, subtropische Klimata angepasst sind, können sie als Kreuzungs-Tiere der Schweizer Tierzucht Vorteile bieten. Denn der Klimawandel bringt immer häufiger heisse und trockene Sommerperioden mit sich.

Zebus als Ergänzung zur Limousin-Herde

Zebus scheinen eher scheue Tiere zu sein. Obwohl sich ein Zaun zwischen Menschen und Tieren befindet, halten die Zebus einen ziemlichen Abstand zum Menschen.

Die Zebus befinden sich auf dem Hof von Stefan Lobsiger in Wünnewil bei Flamatt BE. Zusammen mit seinem Vater Hans Ruedi und seiner Schwester Rahel hält der Landwirt 
allerdings zur Hauptsache eine Limousin-Mutterkuh-Herde mit 35 Kühen und einem Limousin-Stier. Die sieben reinrassigen Zebus (zwei Kühe und fünf Stiere) dienen teils zur Reinzucht, teils zur Gebrauchskreuzung mit den Limousin. Das Fleisch ihrer Tiere verkaufen Lobsigers unter der Marke Natura-Beef.

Landwirt Stefan Lobsiger züchtet seit 2003 mit den Zebus

Angefangen hat es im Jahre 2000. Kollegen schenkten Stefan Rieder, Tierzucht-Wissenschaftler der damaligen Schweizerischen Hochschule für Landwirtschaft in Zollikofen, zur Hochzeit zwei Zwergzebu-Kühe, erzählt Hans Ruedi Lobsiger.

Landwirt Lobsiger hat die beiden exotischen Tiere im Jahr 2003 von Rieder in Pflege genommen. Das damalige Bundesamt für Veterinärwesen bewilligte Rieder den Import von Samen der Bos Indicus-Rasse Nelore aus Brasilien. Diese Zebu-Rasse entstand ursprünglich in Indien unter dem Namen «Ongole» in Anlehnung an den gleichnamigen Distrikt.

Der grosse Schritt in Richtung Fleischrasse erfolgte in Brasilien, erzählt Rieder. Dort wurde, ausgehend von mehreren Importen im 19. Jahrhundert, aus dem ehemaligen Zugochsen und Arbeitstier das Nelore-Fleischrind gezüchtet.

Rieder und Lobsiger besamten die Zwergzebus in der Folge mit Rassentieren aus Brasilien. Das Ziel war es, eine eigene Nelore-Zucht in der Schweiz aufzubauen.

Nelore-Zebus sind robust, genügsam und kalben leicht ab

Lobsiger fasziniert, dass Nelore-Zebus relativ robust gegenüber Krankheiten sind, leicht abkalben und das Gras von extensiven Weiden gut verwerten. Das sind die Eigenschaften, auf welche sie auf den extensiven Weiden in Brasilien gezüchtet wurden. «Bei den Jungtieren kommt es viel seltener vor, dass sie an Durchfall und Grippe leiden», sagt der Mutterkuh-Halter, der seine Tiere gesund durch den Winter bringen will.

«Zebus sind Steppentiere, sie fressen keinen Klee und sie brauchen kein Kraftfutter», hält er ebenfalls fest.
Kraftfutter würde nur dazu führen, dass sie Fett ansetzen. Und mit Zebus lässt sich offenbar gutes Fleisch produzieren. Lobsigers grossrahmige Nelore-Stiere, aber auch Zwergzebus und die mittel-grossen Brahman-Zebus sind von Mutterkuh-Schweiz als Fleischrinder-Rasse anerkannt.

Nelore-Zebus 
verbessern die Fruchtbarkeit

Lobsiger senior gehört zu den Pionieren der Schweizer Limousin-Züchter und hat schon vor 31 Jahren eine Limousin-Zucht aufgebaut. Die männlichen Limousin-Tiere verkauft er vornehmlich zur Zucht, die weiblichen Tiere gehen in den Natura-Beef-Kanal.

Die Nelore-Stiere setzen Lobsigers in der Mutterkuh-Herde zur Erstbesamung der Limousin-Rinder ein, da mit Nelore belegte Rinder problemlos kalben. Auch kommt es zu einem 
Heterosis-Effekt, eine besonders ausgeprägte Leistungsfähigkeit der Zweirassen-Kreuzungs-Tiere.

Haben die Kühe mindestens einmal gekalbt, ist ihr Becken grösser und der Mutterkuh-Halter setzt wieder Limousin-Stiere ein.

Das Herdebuch gibt die Leichtkalbigkeit der Zebus in der Schweiz mit 99 Prozent an. Dabei handelt es sich um kleine Tierzahlen und das Herdebuch macht keinen Unterschied zwischen den Zebu-Rassen.

«Wenn eine Limousin-Kuh nicht aufnehmen will, setze ich einen Zebu-Stier ein», fährt Lobsiger fort. «Die Zebus sind ideal für Betriebe, die Probleme mit der Fruchtbarkeit haben», fasst es der Landwirt zusammen.

Viele Landwirte leasen die Nelore-Stiere, das heisst, sie mieten sie auf Zeit. Sie wollen dadurch die Fruchtbarkeit ihrer Herde verbessern. Nelore-Stiere kommen sogar für die kleinen Dexter-Kühe zum Einsatz.

Nelore-Zebus sind Steppentiere und dadurch hitzetolerant

Beim Aufbau seiner Zebu-Zucht war dem Mutterkuh-Halter der Aspekt der Hitzetoleranz von untergeordneter Bedeutung. Mit der Zeit hat er auch diese Eigenschaft schätzen gelernt.«Die Zebus kommen an heissen Sommertagen als Letzte in den Stall», erzählt Lobsiger. Die Hitze macht ihnen weniger zu schaffen als den europäischen Mastrassen.

Das weisse Haarkleid strahlt die Wärme ab, die schwarze Haut schützt vor Strahlung. Die grosse Wamme und die grossen Ohren dienen den Tieren als «Kühlfläche». Damit können sie mehr Wärme abgeben als die europäischen Rinderrassen. Das Zittern der Haut zum Vertreiben der Fliegen sei bei den Zebus besonders ausgeprägt.

Selbst bei heissen Temperaturen sind die Zebus noch fruchtbar. Die Fruchtbarkeit des Samens werde beim Zebu erst bei Umgebungstemperaturen von 40 Grad reduziert. Bei europäischen Rassen sei dies schon bei 35 Grad und früher der Fall.

Man könnte meinen, dass die Tiere aus den tropischen und subtropischen Ländern bei unseren relativ kalten Wintern frieren. Doch dem sei nicht so, hat Zebu-Züchter Lobsiger festgestellt. Er führt dies darauf zurück, dass die Tiere kurze Haare haben, ihr Fell nicht wechseln und eine Fettschicht aufbauen.

Viele meinen, der Höcker der Zebus diene wie beim Kamel als Wasserspeicher. Das korrigiert Landwirt Lobsiger: Der Höcker sei nichts anderes als der Endmuskel des Rückens, dessen Fleisch in Brasilien sogar eine Delikatesse sei.

Zebus sind eher vorsichtig und haben einen starken Herdentrieb

«Die Zunahmen der Zebu-Kreuzungen sind eher mittelmässig», gesteht Lobsiger. Dies ist der Preis, den er für die bessere Krankheits- und Hitzeresistenz zahlt. Doch die Fleischqualität ist nicht schlechter als bei den reinen Mastrassen; das Fleisch soll sogar einen leichten Wildgeschmack aufweisen.

Im Gegensatz zu den europäischen Kühen muhen Zebus nicht, sondern geben ein Röhren oder Grunzen von sich. Die Nelore auf dem Betrieb Lobsiger lassen sich nicht oder nur ungern berühren. Sie sind vorsichtig. «Etwas Ungewohntes schauen sie drei Mal an, bevor sie einen Schritt machen», weiss Zebu-Freund Lobsiger zu erzählen. Es braucht Zeit, bis sie Vertrauen zum Menschen fassen.

Der Landwirt benötigt Geduld im Umgang mit den Tieren. Man müsse zum Beispiel mit den Jungtieren trainieren, wenn man sie am Halfter führen oder verladen möchte, sagt Lobsiger.

Wichtig beim Verladen sei, dass man am richtigen Ort stehe. Die Stiere haben einen Nasenring. Doch Lobsiger zieht es vor, sie in den Transporter zu treiben, anstatt sie am Ring zu führen. Von Vorteil im Umgang mit den Zebus sei, dass sie einen starken Herdentrieb besitzen und zusammenbleiben. Die Mütter verfügen über einen ausgeprägten Mutterinstinkt: Sie sind sehr wachsam und verteidigen ihre Jungen. Das ist verständlich, da die Nelore in Brasilien sehr extensiv gehalten werden. Tiere, die wachsam sind und sich zu wehren wissen, haben Vorteile. «Das sind bewusst 
selektierte Eigenschaften», sagt Stefan Rieder.

Betriebsspiegel Betrieb Lobsiger

Hans-Ruedi, Rahel und Stefan Lobsiger, Wünnewil FR

LN: 20 ha Grünland, davon 10 ha Weide, Herbstweide in der Nachbarschaft und Alpung im Sommer
Tierbestand: 35 Limousin-Kühe, 10 Nachzucht-Rinder, 7 Stiere, davon 5 als Leasing-Stiere
Arbeitskräfte: Betriebsleiter, Vater und Schwester

www.lobsigerbeef.ch