Immer mehr Landwirte belüften ihren Heustock im Umluft-Betrieb. Die Luft, die oben aus dem Stock steigt, wird vom Lüfter wieder angesogen. Die immer gleiche Luft dreht sich also im Kreis. In den Kreislauf ist eine Entfeuchtungsanlage geschaltet. Diese entzieht der Luft, die aus dem Stock steigt, ihre Feuchtigkeit. Das Wasser tropft ab und die
trockene Luft kann in der nächsten Runde wieder viel Feuchtigkeit aus dem Stock aufnehmen (siehe Kasten «So funktioniert der Kreislauf»). Eine solche Einrichtung zaubert aus Futter mit einem Anwelkgrad von trockener Silage, den Duft einer Bergwiese.
Die Kombination von optimalem Schnittzeitpunkte und wenig Bröckelverluste gibt viel Milch
Die beiden Landwirte Martin Bigler und Bendicht Glauser bewirtschaften im Aaretal zwischen Bern und Thun Milchwirtschaftsbetriebe mit 30 respektive 28 Milchkühen. Beide haben ihre Produktionsbetriebe in den letzten Jahren mit einer Heutrocknung mit Luftentfeuchtung erweitert. Für die silofreie Milchproduktion erhalten sie von der Molkerei einen um
6 Rappen höheren Milchpreis.
Der Entscheid zur reinen Heuproduktion hatte nebst dem höheren Milchpreis gegenüber Industriemilch noch weitere Gründe:
So passen die Betriebsabläufe während der Futterernte und der Futterentnahme besser zum Betrieb. Die Ernte erfolgt mit dem eigenen Ladewagen und Traktor. Es braucht keine spezielle Mechanisierung wie bei der Siloernte. Diese erfolgt meistens durchden Lohnunternehmer mit einem Häcksler, Kurzschnittladewagen oder Ballenpresse.
Beide Betriebe verzichten auf weitere Futterkomponenten und füttern ausschliesslich Heu und Emd. Da die Qualität des Raufutters entscheidend für eine wirtschaftliche Milchproduktion ist, bietet die Technik die Sicherheit, den Futterbestand zum bestmöglichen Zeitpunkt zu schneiden. «Man hat damit die gleichen Chancen wie bei der Siloproduktion, um den optimalen Schnittzeitpunkt zu treffen. Vor allem dann, wenn die Schönwetterperioden kurz sind», meint Martin Bigler.
Glauser und Bigler nutzen den Heukran ihres Betriebs als Multifunktions-Werkzeug
Beide Betriebe befüllen den Heustock mit einem Kran. Dieser kommt natürlich auch bei der Entnahme zum Einsatz. Bendicht Glauser hat den Stall-Anbau so realisiert, dass der Heustock an das Futtertenn grenzt. Er kann das Heu mit dem Kran direkt dort platzieren. Die Feinverteilung entlang der Futterachse lässt sich leicht von Hand erledigen, da braucht es keinen Futterschieber. Auch Martin Bigler hat seinen Neubau so eingerichtet, dass keine zusätzlichen Fütterungsgeräte notwendig sind.
Heu hat den Vorteil, dass es sich leichter von Hand verteilen lässt als Silage. Wegen des höheren Feuchtigkeitsgehalts und der verdichteten Form lassen sich Siloballen oder Siloblöcke auf Dauer nur mit einem Mischwagen oder einem Ballenauf-
löse-Gerät verarbeiten – oder aus dem Hochsilo mit einer Entnahmefräse. Die Heuproduktion hat den Nebeneffekt, dass keine zusätzlichen Geräte benötigt werden. Das senkt die Maschinenkosten und der Arbeitsaufwand ist in der Regel geringer.
Martin Bigler wählte für seinen Neubau eine Anlage von HSR und Bendicht Glauser entschied sich für eine Anlage von Lasco. Beides sind österreichische Hersteller. Im östlichen Nachbarland hat sich die Technik nicht zuletzt wegen der erfolgreichen Vermarktung von Heumilch stark entwickelt. Heumilch ist ein Qualitätsmerkmal und spielt eine wichtige Rolle im ländlichen Tourismus. Nicht zuletzt deshalb, weil Heu ein besseres Image als Silage hat.
Die Technik lässt sich auch in bestehenden Gebäuden und Belüftungsanlagen integrieren oder ergänzen. Wie bei einer normalen Heubelüftung ist dabei die Planung wichtig. Besonders die Kanalquerschnitte und die Umstellklappen müssen mit der Entfeuchter- und Lüfter-Leistung übereinstimmen. Die Kosten sind dadurch sehr unterschiedlich und beziehen sich nicht nur auf die Maschinenteile wie Lüfter, Entfeuchter und Steuerung. Damit eine Anlage gut funktioniert, ist eine frühzeitige Planung wichtig. Dadurch können die Maschinen und die baulichen Einrichtungen optimal in ein neues oder bestehendes Gebäude integriert werden.
Die Futterqualität und die Einsparungen bei der Futterbereitung und die Möglichkeit zur Eigenmechanisierung machen die Entfeuchter-Trocknung zu einer prüfenswerten Alternative zur Silotechnik. Auch dann, wenn die die Vermarktung nicht mit dem Mehrwert silofreier Milch möglich ist oder der Betrieb mit Mutterkuhhaltung auf die Fleischproduktion spezialisiert ist.