Kurz & bündig

  • Weidegang fördert die Bildung von Seitentrieben und damit einer dichten Grasnarbe.
  • Je grösser die Tierbestände, desto weniger wird geweidet und desto anfälliger wird die Grasnarbe für Trittschäden.
  • Kühe mit hungrige, Magen auf die Weide lassen, damit sie gleich mit der Futteraufnahme beginnen.
  • Mehrere Weideeingänge entlasten den Boden. Kühe nie auf der Weide warten lassen.
  • Kühe nicht über schon beweidetete Flächen auftreiben.

Die Sommer werden trockener und die Niederschläge heftiger: Das sind zwei Hauptveränderungen der aktuellen «CH 2018 Klimaszenarien der Schweiz» (NationalCentre for Climate Services NCCS). Auch wenn die Sommer tendenziell trockener werden, so muss immer wieder mit anhaltend nassen Witterungsbedingungen während der Vegetationszeit gerechnet werden, da sich das Klima in der Schweiz durch grosse natürliche Schwankungen auszeichnet.

Viel Weidegang fördert die Seitentriebe und die Grasnarbe

«Die Landwirte, die sich mit Weidewirtschaft auseinandersetzen, sind eher gegen nasse Witterungsperioden gewappnet, als diejenigen, die ihr Vieh wenig weiden», sagt Voji Pavlovic, Lehrer und Futterbau-Berater am Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen LZSG.

Er nimmt die Weidewirtschaft im Appenzellerland und im Toggenburg als Beispiel. Hier gibt es viele Niederschläge, da das Säntismassiv das erste grosse Hindernis für die Wolken aus Westen darstellt.

Die Landwirte, die dort in langer Tradition ihr Vieh im Sommer auf der Weide halten, haben ihre Wiesen ganz natürlich an das Weiden angepasst. Je mehr geweidet wird, desto mehr Seitentriebe bilden die Gräser. Das wiederum führt zu einer dichten Grasnarbe, erklärt Pavlovic. Eine dichte Grasnarbe ist die Voraussetzung für das Weiden in feuchten Gebieten, betont er.

Je grösser der Betrieb ist, desto weniger wird geweidet

Futterbau-Berater Pavlovic beobachtet, dass mit zunehmender Betriebsgrösse weniger geweidet wird. Das hängt damit zusammen, dass immer mehr Futter von weiter her geholt wird. Die stallnahen Weiden genügen nicht mehr für alle Tiere. Die Wiesen entwickeln sich von Mäh-Weiden immer mehr zu Mäh-Wiesen. Auf grossen Betrieben kommen die Kühe oft nicht mehr des Futters wegen auf die Weide.Sie sind der Bewegung halber draussen, beobachtet der Berater.

Das seltenere Beweiden beeinflusst die Grasnarbe. Die horstbildenden Gräser nehmen auf Kosten der rasenbildenden Gräser zu. Das führt dazu, dass es mehr Platz für unerwünschte Kräuter gibt.

Werden solche Wiesen unter feuchten Bedingungen beweidet, kommt es vermehrt zu Trittschäden. «Wer seine Tiere regelmässig weidet, hat weniger Probleme mit Trittschäden», sagt Pavlovic. Komme es bei einer geschlossenen Grasnarbe zu Trittschäden, dann repariere sich der Schaden von selbst.

Es kommt natürlich immer auch aufdie Böden an: Bei schweren Böden muss der Landwirt die Tiere länger im Stall halten als bei gut durchlässigen, sandigen Böden. Diejenigen Landwirte, die ihre Kühe eher selten weiden, müssen besonders aufpassen, da ihre Weiden empfindlicher sind.

Vollweide ist auch unter feuchten Bedingungen möglich

Probleme beim Weiden unter feuchten Bedingungen sind neben den Trittschäden aber auch verschmutztes Gras. Während Trittschäden zur Verunkrautung führen, hat die Futterverschmutzung eine reduzierte Futteraufnahme zur Folge. Beides wird davon beeinflusst, wie viel Fläche den Tieren zur Verfügung steht, wie lange sie weiden dürfen und nicht zuletzt dadurch, wie der Boden beschaffen ist.

Der Landwirt muss jeweils alle drei Faktoren berücksichtigen und abwägen, was in seiner Situation möglich ist. Gemäss Merkblatt W13 der Arbeitsgemeinschaft für den Futterbau AGFF ist selbst eine Vollweide unter feuchten Bedingungen möglich. Vollweide bedeutet, dass die Kühe mindestens etwa 80 Prozent des Futters auf der Weide aufnehmen.

Das Merkblatt nennt einige Anforderungen als Voraussetzung, damit die Vollweide auch unter feuchten Bedingungen funktioniert: Die Kühe mit «hungrigem Magen» auftreiben, da sie dann gleich anfangen zu fressen und weniger herum gehen oder sogar rennen. Brünstige Kühe sind im Stall zu lassen. Saubere, leicht befestigte Auftriebswege helfen, dass die Kühe nicht schon beim Gang auf die Weide die Grasnarbe beschädigen.

Die AGFF empfiehlt mehrere Eingänge zur Weide, um den Boden an den Engstellen zu entlasten. Nach Möglichkeit platzieren die Landwirte den Eingang am Ende der Weide. Tränken gehören am besten an einen dem Eingang entlegenen, höher gelegenen Ort. Ein grosser Vorteil ist es, wenn es möglich ist, für Tränken und Futterraufen Plätze zu befestigen. Besonders nasse Zonen sollte man auszäunen und eventuell später beweiden. Wichtig ist, dass die Kühe an feuchten Tagen nicht zu lange weiden, da sie sonst vor allem vor dem Ausgang herumstehen.

Bei der Umtriebsweide wird die Weide in mehrere Koppeln unterteilt. Ist eine Koppel abgeweidet, dann kommen die Kühe in die nächste. Bei Schlechtwetterperioden empfiehlt es sich, rückwärts zu weiden: Der Landwirt treibt dabei die Kühe über das lange Gras auf und zäunt am Koppelende ein. Für die nächste Mahlzeit wird die abgeweidete Koppel ausgezäunt. Diese Methode schont die Grasnarbe schon abgeweideter Flächen und fördert das Wachstum der Pflanzen.

Eine andere Möglichkeit ist, die Koppeln entlang eines Weideweges anzulegen. In Irland wird diese beim sogenannten «Irischen Weidemanagement-System» gemacht.

Dem Boden zuliebe auf schwere Maschinen verzichten

«Man darf das Mulchen nicht übertreiben», betont Futterbau-Berater Pavlovic.Das Verwenden von Mulchgeräten zur Weidepflege soll nur sehr zurückhaltend und gezielt erfolgen. Die Geräte seien oft zu tief eingestellt, so dass die Reserven der Gräser, die sich vor allen in den Stoppeln befinden, stark dezimiert werden. Damit werden die guten Futtergräser empfinlich geschwächt. Beim Mähen grasreicher Wiesen ist darauf zu achten, nicht zu tief zu mähen. Je tiefer man Gräser mäht, desto flacher wurzeln sie und desto eher vertrocknen sie während folgender Trockenperioden.

Gräser haben im Gegensatz zu den Kräutern keine Pfahlwurzel. Ihre Nährstoffreserven befinden sich in den Stoppeln und fehlen, wenn diese zu kurz gemäht werden.

Voraussetzung für gutes Wachstum der Pflanzen ist eine gute Bodenstruktur. Je lockerer der Boden ist, desto besser die Voraussetzungen für eine hohe biologische Aktivität. In solchen Böden gibt es mehr Hohlräume und damit mehr Sauerstoff. Die Mikroorganismen können die Nährstoffe besser umwandeln und für die Pflanzen verfügbar machen.

Um eine lockere Bodenstruktur zu erhalten, sollte man nicht mit schweren Maschinen auf die Wiese fahren. Leichte, ältere Maschinen sind oft besser geeignet als schwere, neue Maschinen.

Nicht zuletzt spielt die Zusammensetzung der vorkommenden Gräser für eine dichte Grasnarbe eine Rolle. Wiesenfuchsschwanz, Englisch Raygras und Wiesenrispengras sind gegen Tritt robuste Gräser, die «breite» Seitentriebe bilden, während das italienische Raygras und das Knaulgras Horste bilden, die weniger flächendeckend sind. Für eine Übersaat sollte man eine spezielle Weidemischung wählen, empfiehlt Pavlovic.

 

 

Empfehlungen der AGFF für feuchte Bedingungen

Kurzrasenweide

  • Weideflächen möglichst beibehalten, aber Risikozonen auszonen.
  • Ein- und Ausgänge, Tränkestellen und Futterraufen periodisch umplatzieren.

Umtriebsweide

  • Kühe früher von der Weide holen
  • Gras etwa 1 cm höher wachsen lassen
  • Bei Portionenweide Fläche etwas vergrössern
  • Rückwärts weiden: Die Kühe sollen nicht über die abgeweidete Grasnarbe gehen.