Im Leben einer Sau scheint es eine ganz bestimmte, besondere Freude zu geben: Den Moment, in dem sie an einem soeben sauber gemisteten Ort in ihrem Auslauf kacken kann.

Es ist jeden Tag, morgens wie abends, das gleiche Spiel: Ich miste die Ausläufe der Schweineställe, und ein ziemlich grosser tierischer Fanclub versammelt sich um mich. Ich befördere den Mist fein säuberlich in den Abwurfschacht, drehe mich um und frage mich: Habe ich da nicht soeben sauber gemistet? Woher kommt bereits wieder all dieser Mist?

Früher habe ich mir beim Misten gedacht: «Oh, das ist ja schön, wie sich die Tiere auf mich gefreut haben! Meine Arbeit und Anwesenheit werden offenbar geschätzt, das ist doch toll!»

Heute bezweifle ich stark, ob diese Sicht richtig war. Ist es nicht eher so, dass die Schweine einfach gern im Weg stehen, um mir die Arbeit zu erschweren? Na gut, könnte ja sein, dass sie das nur tun, damit sie länger meine Anwesenheit geniessen können.

Nach reiflicher Überlegung bin ich aber zu einem anderen Schluss gekommen: Die Schweine warten in porcore, ähm in corpore und voller Vorfreude darauf, bis der Auslauf endlich sauber ist, um postwendend wieder ihr Geschäft darin zu verrichten. Wieso?

Eine Theorie ist, dass Schweine sofort wieder ihr Territorium markieren müssen. Demzufolge würde ich dann wohl als Eindringling in ihr Revier betrachtet, der die mühsam platzierten Markierungen immer wieder sinnloserweise entfernt. Weiter ist in der Fachliteratur zu lesen, dass Schweine zum Koten und Urinieren Plätze bevorzugen, die feucht, offen und bereits geruchlich markiert sind. Da ist der Auslauf, direkt da, wo ich ihn durch das Gittertor betrete, natürlich prädestiniert.

Ähnliches wie mit den Schweinen habe ich schon früher als Kind mit einem anderen Bauernhoftier erlebt. An Familienzusammenkünften wird immer wieder gerne eine Geschichte über mich erzählt. Als kleiner Bub musste ich helfen, die Pferde zu misten. Nach getaner Arbeit ging ich entrüstet zu meinem Vater und beklagte mich lauthals: «Ja super, die scheissen ja sofort wieder!»

In der Tat scheint es nicht nur den Schweinen Freude zu bereiten, in frisch gemistete Ausläufe zu koten. Bei Pferden verhält es sich sehr ähnlich. Man geht durch den Stall, macht alles sauber, stösst die Schubkarre voll Mist durch das Tor hinaus und ganz genau in diesem Moment hört man, wie eine Vielzahl frischer Rossbollen zu Boden pflättert. Oder, alternativ dazu, wie das liebe Reittier geräuschvoll seine Blase in die frische Einstreu entleert.

Ohne Strategie ist man so den ganzen Tag am Saubermachen. Darum habe ich für mich eine Regel aufgestellt. Es gilt: Sobald die Schubkarrenräder aus dem Rossstall hinausgerollt sind, kann geschissen und geschifft werden, wie es beliebt. Ich kehre nicht mehr zurück. Dieses Geschäft ist fortan nicht mehr mein Business.

Bei den Schweinen funktioniert diese Taktik nicht: Da würde ich es wohl gar nie erst aus dem Stall schaffen. Da heisst es drum: Augen zu und durch. Denn wenn es nachher auch nicht blitzblank sauber ist, so habe ich den Schweinen doch immerhin eine grosse Freude bereitet. Denn wer schätzt es nicht, eine saubere Toilette vorzufinden?

 

«Plötzlich Bauer»

Sebastian Hagenbuch ist Landwirt und Agronom. Er bewirtschaftet mit seinen Eltern einen Betrieb mit zwei Standorten im Freiamt AG. Er arbeitet in einem Teilzeitpensum als Redaktor Pflanzenbau für «die grüne».

Hagenbuch begann sich erst spät für die Landwirtschaft zu interessieren. In seiner Kolumne erzählt ervon Alltäglichem und Ausser-gewöhnlichem, wechselt ab zwischen Innen- und Aussensicht, immer mit kritischen Blick und einem Augenzwinkern.