Die Sache mag widersprüchlich klingen: Iglus mit einem Solarium. Ummantelt von einem Alugehäuse, sitzt auf einem Dach des Iglus der Familie Frey ein Infrarot-Solarium für das Kalb.

Eine grosse Arbeitserleichterung

Versehen ist das Solarium mit 250-Watt-Lampen, die auch bei Pferdesolarien eingesetzt werden. Deren kurzwellige Infrarotstrahlen sollen laut Hersteller das Immunsystem der Kälber stärken, die Durchblutung fördern sowie die Muskulatur und den Stoffwechsel anregen. Eine Wunderlösung also?

«Es ärgert mich, dass ich 65 Jahre alt werden musste, um so etwas kennenzulernen», sagt Paul Frey aus Asp im Kanton Aargau. Für ihn und sein Sohn Adrian, der den Milchviehbetrieb mit rund 65 Kühen mittlerweile übernommen hat, ist das Kälber-Iglu eine Arbeitserleichterung. Im Herbst 2023 sind die Frey-Männer an der Suisse Tier darauf gestossen.

«Ich war anfangs skeptisch»

Für sie ist das Kälber-Iglu mit aufgebauten Wärmelampen besonders interessant, weil sie auf der Aargauer Jurahöhe mit 650 Metern über Meer von Oktober bis Februar praktisch durchwegs im Nebel sitzen. Dazu ist es windig auf der Staffelegg. Die Luft ist daher oftmals feucht und kalt, die Kälber waren häufig krank.

Der Senior Paul Frey war anfangs skeptisch, «aber der Junior hat es trotzdem bestellt. Mittlerweile kann ich mir die Kälberaufzucht nicht mehr ohne das Solarium vorstellen», meint Paul Frey heute. «Ich war sehr überrascht, was bei den Kälbern seither passiert ist.» Während der Wintermonate stellen sie jedes frische Kalb sofort nach der Geburt in das Wärmeiglu – manchmal einen halben Tag, manchmal auch länger.

[IMG 3]

Wer spricht über Kältestress?

Früher war es eine Herausforderung für Freys, die empfohlene Kolostrummenge zu verabreichen. «Jetzt trinken die Kälber schneller – und vor allem mehr Kolostrum», stellt der Landwirt fest. Für Paul Frey ist es logisch, warum die Kälber rundum gesünder sind. Die Kinder stelle man im Winter schliesslich auch nicht vor die Tür in die Kälte. Das Thema Kältestress würde viel zu wenig besprochen, meint er.

Auch wenn das Gerät im Sommer ausgesteckt ist, ist das Mini-Solarium ausgelastet, da die Familie Frey mindestens 80 Geburten pro Jahr hat. Vorher hätten sie selber mit Wärmelampen versucht, etwas Wärme zu spenden, allerdings ohne Erfolg. Das Misten im Iglu war zudem umständlicher, die Kälber rissen das Kabel oder die Lampe runter. Darum: «Ich möchte es nicht mehr missen», sagt Paul Frey.

Praktisch und unpraktisch

Auch Denis Häfliger und seine Frau Vanessa aus Oberentfelden im Kanton Aargau sind Fans des Solariums für ihre Natura-Beef-Kälber. «Es musste etwas in den Abkalbestall, das feuersicher ist und die Kälber gut trocknet.» Der Junglandwirt und Landmaschinenmechaniker beobachtet, dass es die jungen Kälber auch schätzen, einen Rückzugsort in der Abkalbebox zu haben, der gleichzeitig Wärme bietet.

[IMG 2]

Die Praktiker sagen, es sei ein Vorteil der Wärmelampe, dass sie im Winter in der Dunkelheit Licht abgibt und so auf Milchviehbetrieben das Tränken erleichtert. «In der Nacht ist die Lampe aber zu hell – die Kälber gehen deutlich mehr in den Schlupf, wenn sie teilweise ausgeschaltet ist», beobachtet Häfliger. Aus diesem Grund hat er eine Zeitschaltuhr eingebaut. «Problem gelöst», sagt er mit einem Lächeln.

Keine Lungenentzündungen mehr

Häfliger verabreicht jedem seiner Kälber eine intranasale Rispoval-Grippe-Impfung. In Kombination mit dem Solarium und einer Kälberdecke habe er bis jetzt bei den Kälbern keinen Lungenentzündungsfall mehr gehabt, obwohl der neue Stall in Bisenwindlage gebaut wurde. Wichtig war ihm primär die Frischluftzufuhr.

Für den Mutterkuhhalter war das Solarium eine strategische Unterstützung, zumal er auf leichte Kühe setzt, die in der Folge auch leichte Kälber gebären. «Die Jungtiere aus Kreuzungen der Vollweidegenetik × Mastmuttertiere sind weniger robust als schwerere Kälber anderer Kreuzungen», weiss Häfliger. Das Hauptargument: die Wirtschaftlichkeit.

Leichte Kühe, leichte Kälber

Die leichten Kühe würden in der Natura-Beef-Produktion mehr Fleisch als die noch vorhandenen Simmentalerkühe produzieren, die 300 kg schwerer sind, der Umgang mit den Muttertieren sei unbeschwerter, die Futterverwertung besser und der Tageszuwachs der Kälber sei gut. Die Fleischausbeute dieser Jungtiere ist deutlich höher und die frühe Fettabdeckung ist durch den Milchgehalt besser zu erreichen.

Denis Häfliger ist überzeugt – und zufrieden mit seiner 55-köpfigen Mutterkuhherde. Der Schwerpunkt der Abkalbesaison fällt bei Häfligers auf den Winter, um das Graswachstum auf der Weide möglichst ausnützen zu können. Für ihn steht die Kälbergesundheit darum an oberster Stelle. «Das Teure dabei sind aber nicht die Mittel zur Behandlung – das Teure ist die Zeit. Kranke Kälber brauchen Zeit, Zeit kostet Geld und vor allem ist sie rar. Darum bin ich darauf angewiesen, dass die Jungtiere gesund ins Leben starten», ist für Häfliger klar.

Solarium an der Agrama
An der diesjährigen Schweizer Fachmesse für Land-, Forst- und Kommunaltechnik können Sie das Kälber-Solarium am Stand der Peter Boss AG besichtigen (Halle 1.2, Stand C10).

Hier gelangen Sie zu mehr Informationen zur Agrama