«Viele Landwirte oder ihre Partnerinnen müssen einem Nebenerwerb nachgehen, ob sie wollen oder nicht. Und zwar, damit sie ihre Produktion querfinanzieren können, weil ihr Betrieb nur so überleben kann.» Das ist das Fazit meines Cousins nach einer engagierten Diskussion. Der Nebenerwerb an sich stört mich nicht, da ich – wie mein Cousin übrigens auch – durchaus gerne noch einer anderen Beschäftigung nachgehe. Darin sind wir uns einig. Mich bringt aber die Tatsache zum Nachdenken, dass dies für viele Landwirte ein Muss ist.


Nun hat Agroscope eine Studie zu paralandwirtschaftlichen Verdienstmöglichkeiten gemacht. Also zum selbstständigen Nebenerwerb, der eng an die landwirtschaftliche Produktion gekoppelt ist. Das Ergebnis ist auf den ersten Blick erfreulich: Bei paralandwirtschaftlichen Tätigkeiten wie Lohnarbeiten, Direktvermarktung, Agro-Tourismus oder Dienstleistungen lassen sich oft höhere Stundenlöhne erzielen als in der Produktion selbst. Eine Chance also für uns Bauern.

Verglichen mit dem Durchschnittslohn in der Landwirtschaft schneidet auch ein Ferienjob gut ab


Ich würde die Studie nicht zu euphorisch interpretieren. So sind die Verdienstmöglichkeiten nämlich nur vergleichsweise gut. Wenn man von einem durchschnittlichen Stundenlohn in der Landwirtschaft von 16 Franken ausgeht, schneidet auch schon der Ferienjob eines Oberstufenschülers verhältnismässig gut ab. Die Schwelle ist tief angesetzt, und die Streuung bei den Stundenlöhnen reicht von minus 1 bis plus 89 Franken. Fraglich ist auch, ob beispielsweise in der Direktvermarktung alle Stunden ehrlich berechnet worden sind – also auch die der Eltern oder Grosseltern. Und es ist unschwer zu erraten, was mit den Stundenlöhnen in der Paralandwirtschaft passiert, wenn das Angebot und dadurch die Konkurrenz zunimmt.

Auch stellt sich mir die Frage nach dem Selbstverständnis der Landwirtschaft. Persönlich interessiere mich für die Paralandwirtschaft. Wir führen Lohnarbeiten aus, vermieten ein Gästezimmer und halten Pensionspferde. Ich schätze dabei zugegebenermassen den Verdienst, aber auch den Austausch mit anderen Menschen und das dadurch entstehende soziale Netzwerk. Auch, dass ich dabei nicht einfach Preisnehmer bin, passt mir. Das geht aber nicht allen so. Von einem reinen Profi-Produzenten zu verlangen, er müsse halt auch noch in den Agro-Tourismus einsteigen, ist in etwa so, als würde ich einem Schreiner sagen, er müsse nun noch ein Hotel führen, damit seine Schreinerei Überlebenschancen hat.


Eine Branche ist tatsächlich kaum gesund, wenn sie es nicht schafft, genügend Profit abzuwerfen, damit investiert und anständig gelebt werden kann. Ich bin nicht sicher, ob es der richtige Ansatz ist, einfach die Branche anders zu definieren. Irgendwann würde dann ein rein wirtschaftlich denkender Landwirt zum Schluss kommen, die Produktion bleiben zu lassen, nur noch Pensionspferde einzustellen und im Heustock ein Schlaflager einzurichten. Die Zutaten für das Buurezmorge kann man sich immer noch beim Nachbarn regional holen.

Paralandwirtschaft braucht klare gesetzliche Grundlagen für Investitionssicherheit 


Spätestens dann wird aus dem vermeintlich innovativen Landwirt ein Straftäter, vermutlich aber schon früher. 
Die rechtlichen Hürden auf dem Weg zu einem rentablen paralandwirtschaftlichen Betriebszweig können zermürbend sein. Hier braucht es eine klare Definition, was die Bevölkerung von der Landwirtschaft will. Dazu gehören dann auch die entsprechenden rechtlichen Grundlagen.


Beides – Produktion und Paralandwirtschaft – hat seinen Platz. Es muss aber auch möglich sein, ohne Querfinanzierung qualitativ hochwertige Lebensmittel zu produzieren. Wer eine gesellschaftlich so wichtige Arbeit gut und gewissenhaft leistet, der soll auch anständig davon leben können. Da muss ich meinem Cousin recht geben.