Eigentlich hätte es der Bundesrat begrüsst, wenn das Schleppschlauch-Obligatorium als Teil des landwirtschaftlichen Verordnungspaketes schon 2022 verbindlich geworden wäre. Während die Vorgaben bezüglich der Gülle-Lagerung termingerecht verbindlich wurden, schob man die Verpflichtung zu emissionsmindernden Ausbringverfahren um zwei Jahre bis 2024 auf.

Ab dann müssen Flächen, die unter das Obligatorium fallen, möglichst emissionsmindernd «bschüttet» werden. Bis es so weit ist, dauert es noch knapp vier Monate – höchste Zeit also, um letzte Lücken zu schliessen und sich für das Obligatorium fit zu machen.

Gibt es Ausnahmen?

AboSchleppschlauch-ObligatoriumBefristete Befreiung vom SchleppschlauchDienstag, 20. Juni 2023 Für alle begüllbaren Flächen im ÖLN bis und mit einer Hangneigung von 18 Prozent gilt ab 2024, dass sie nur noch emissionsmindernd – das heisst bodennah – gegüllt werden dürfen. Ausgenommen sind Flächen, die kleiner als 25 Aren sind, oder Betriebe, deren begüllbare Parzellen zusammengenommen weniger als 3 Hektaren ausmachen. Zur Berechnung dieser Flächen dienen die von den Kantonen erhobenen landwirtschaftlichen Geodaten.

In Einzelfällen obliegt es den kantonalen Fachstellen, auf ein schriftliches Gesuch hin Ausnahmen zu bewilligen. Folgende drei Gründe ermöglichen eine solche:

  • Sicherheit: Wenn die emissionsmindernde Ausbringung auf einer Fläche nicht möglich ist, weil etwa die Bodenstruktur zu schlecht ist.
  • Zufahrt: Wenn eine Fläche aufgrund der Zufahrt oder weil sie abgelegen ist, nicht erreichbar werden kann.
  • Platz: Wenn aufgrund der Platzverhältnisse nicht zu einer Fläche gefahren werden kann. Die Zufahrt kann etwa durch Bauten wie Mauern oder Masten verunmöglicht werden, oder aber durch eine knappe Bewirtschaftungsbreite oder fehlenden Wenderaum.

Viele Kulturen sind ausgenommen

Neben den oben genannten drei Gründen für Ausnahmen gibt es auch Kulturen, die grundsätzlich von der Pflicht zur emissionsmindernden Ausbringung befreit sind. Darunter fallen beispielsweise die Folgenden:

  • Einjährige Freilandgemüse oder Freiland-Konservengemüse
  • Einjährige Beeren (z.B. Erdbeeren) und Mehrjährige Beeren
  • Baumschulen von Obst und Beeren
  • Reben und Obstanlagen
  • Einjährige und mehrjährige Gewürz- und Medizinalpflanzen
  • Wurzeln der Triebzichorie
  • Hopfen
  • Christbäume

Die vollständige Liste der vom Obligatorium befreiten Kulturen ist umfangreich. Sie findet sich etwa auf dem Agridea-Merkblatt «Emissionsmindernde Ausbringverfahren».

Welche Geräte darf man einsetzen?

Durch die bodennahe Ausbringung gelangt die Gülle rasch ins Erdreich und weniger Ammoniak entweicht in die Luft. Zum Einsatz kommen müssen ab dem Jahreswechsel also Schleppschlauch- oder Schleppschuhverteiler oder aber das Schlitzdrillverfahren. Im offenen Ackerbau bleibt es zudem gestattet, Gülle und flüssige Vergärungsprodukte mit Breitverteilern auszubringen, wenn die Dünger innerhalb von weniger als vier Stunden und mindestens 5 cm tief in den Boden eingearbeitet werden.

Ein Schleppschlauchgerät muss gemäss dem «Factsheet Schleppschlauchobligatorium» des Schweizer Bauernverbandes folgende vier Kriterien erfüllen:

  • Gülle und flüssige Vergärungsprodukte werden direkt auf die Bodenoberfläche abgelegt.
  • Gülle und flüssige Vergärungsprodukte fliessen ohne Überdruck aus der Verteilleitung auf den Boden und es tritt kein Verspritzen am Boden auf, das zu einer erhöhten flächigen Verschmutzung führen würde.
  • Durch den direkten Ausfluss werden maximal 20 Prozent der Bodenoberfläche begüllt. Das heisst, dass Ausflussöffnungen maximal 20 Prozent der Ausbringbreite überdecken.

Die Verteilgenauigkeit soll innerhalb der begüllten Fläche einen Variationskoeffizienten von maximal 15 Prozent aufweisen.

Grundsätzlich ist beim Güllen das Risiko für Bodenverdichtungen mitzubedenken. Mit der Wahl der geeigneten Gerätschaften, der richtigen Bereifung und einer Anpassung des Reifendrucks kann diesem Risiko entgegengewirkt werden. So schützt besonders die Verschlauchung ab der Güllegrube oder ab dem Druckfass am Feldrand vor einem zu grossen Komprimieren des Bodens.

Die Technik ist bei den meisten Landwirten vorhanden

Wie es scheint, haben sich viele Landwirte in den letzten Monaten und Jahren mit der passenden Technik ausgerüstet, um rechtzeitig für das Obligatorium bereit zu sein. Diesen Eindruck bestätigt Michael Röthlisberger, Geschäftsführer von Hadorn Hofdünger-Technik im bernischen Leimiswil.

«Die Nachfragen sind in den letzten Monaten merklich zurückgegangen und es ist ruhiger als vor einem Jahr, als sehr viel los war in Sachen bodennahe Ausbringungsverfahren», gibt er zu Protokoll. Man bewege sich bei den Anfragen wieder auf einem normalen Standard wie 2018 – also vor der ganzen Diskussion um den Schleppschlauch.

«Der Bestellungsvorlauf besteht natürlich noch und die Lieferfristen normalisieren sich allmählich», ergänzt er. Ob damit das «Hoch» zu einem Ende gekommen ist, oder ob allenfalls die Nachfrage nach Technik zur bodennahen Ausbringung noch einmal stark ansteigen könnte, lasse sich aber nur schwer abschätzen, so Röthlisberger: «Mein Eindruck ist, dass schon noch nicht ganz alle ausgerüstet sind.»

Es sei deshalb gut möglich, dass nächstes Jahr vermehrt Mietfässer gesucht würden. Wer noch nicht über die nötige Ausbring-Technik verfüge, brauche sich jedoch nicht zu sorgen: «Über 140 Mietfässer sind schweizweit verfügbar, um eine allfällig noch steigende Nachfrage abfedern zu können», weiss der Fachmann.