Erneuerbare Energien hätten sie schon immer fasziniert, sagen Beat und Ruth Bucher vom Buchschachen hoch über Marbach LU. Gerade auf Betrieben mit Tieren gebe es ein grosses Potenzial. Eigene Energie gewinnen sie schon aus der Wärmerückgewinnung bei der Milchkühlung, auf dem Hausdach ist seit fünf Jahren eine 12-kWp-Solaranlage installiert und in der nahen Schweinescheune stehen solarthermische Module auf dem Dach.

Hoher Wärmebedarf

Geheizt wird das Wohnhaus und ganzjährig die nahe Schweinescheune (ergänzend zum Warmwasser von der Sonne) mit der Stückholzheizung. 40 Ster Holz bräuchten sie jährlich, hätten aber selber wenig Wald, viel Holz musste bisher zugekauft werden. Für die Speicherung des Warmwassers steht im Haus ein 2000-Liter-Speicher, in der Scheune ein 6000-Liter-Speicher zur Verfügung.

Der Betrieb mit Milchwirtschaft und Schweinehaltung wird tierintensiv geführt, viel Gülle muss weggeführt werden, erklärt der gelernte Käser. Im Rahmen der Erweiterung der Güllelagerkapazität und Anbau einer Remise wurde nun die Gelegenheit genutzt für die Integration einer Biogasanlage. Statt 700 m3 steht nun 1100 m3 Gülleraum zur Verfügung.

Unabhängig beim Strom

Mit Biogas hätten sie schon seit einigen Jahren geliebäugelt, zumal die viele ganzjährige Abwärme mithelfe, Holz zu sparen. Zudem sei demnächst ein Heizungsersatz fällig. Und der Strom aus Biogas könne teuer zugekauften Fremdstrom ersetzen. Buchers verweisen auch auf das Risiko von Stromausfällen, die auf ihrem Betrieb ein grosses Problem wären. Dank dem Blockheizkraftwerk (BHKW) könnten sie auf einen Notstromgenerator verzichten und hätten ganzjährig eigenen Strom, könnten zudem einigen verkaufen. Für die Einspeisung ins Netz der CKW war allerdings eine Verstärkung bis zur Trafostation in der Nachbarschaft nötig.

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Erste Anlage in Luzern

Wichtig sei, dass eine Biogasanlage zum Betrieb passe, es brauche genügend Gülle, einen hohen Wärmebedarf und die Nutzung des Stromes. Mit ein Ansporn waren die neuen Förderbeiträge (siehe Kasten).

Im Sommer 2022 hätten sie mit der Planung begonnen, an der Suisse Tier in Luzern und an der Agri Messe Thun das System von Niklaus Hari aus Reichenbach BE studiert und im Bernbiet auch solche Anlagen besichtigt. Das ausgeklügelte und doch einfach bedienbare System habe ihn fasziniert, sagt Beat Bucher, sowie der viereckige Fermenter, wo die Gülle vom Einlauf mit Rührwerken über mehrere Kammern zum Auslauf geschoben wird und so besser vergärt als in runden Fermentern.

Weniger mit der Raumplanung, als mit der Gebäudeversicherung gab es während der Planung einige Hürden, zumal es eben hier wenig Erfahrung mit solchen Anlagen gebe. Jene nach dem System Hari ist die erste im Kanton Luzern. Die Luzerner Gebäudeversicherung machte denn auch einige zusätzliche Auflagen, wie sie sonst in andern Kantonen nicht gelten. So zum Beispiel die Einwandung und Überdachung des Gasballons als Brand- und Explosionsschutz. Das durchlässige Holzgebäude über dem Fermenter diene auch als Witterungsschutz, sieht Bucher als Vorteil.

Die Baubewilligung lag im Mai 2023 vor, mit dem Bau starteten sie auch wegen vollen Terminkalendern der Unternehmen und gestiegenen Baukosten aber erst nach dem Heuet Anfang August.

Betriebsspiegel

Name: Beat und Ruth Bucher
Ort: Buchschachen, Marbach LU
Fläche:  20 ha LN, wovon viel Pachtland und auswärts gelegene Flächen, Bergzone II (1000 m ü. M)
Tiere: 20 Fleckvieh-Kühe (Silo-Milch-Lieferrecht bei ZMP 150 000 kg), 20 Stück Jungvieh und die eigenen Mastkälber, 35 Zuchtsauenplätze und 40 Mastschweineplätze, einige Schafe.
Arbeitskräfte: Betriebsleiterfamilie, Angestellter 60 Prozent, Mithilfe drei Buben und Mutter.

Mit Holz aufgeheizt

Der vier Meter tiefe und 350 m3 fassende Fermenterraum mit vier Kammern ist mit 1800 m Heizungsrohren an den Wänden ausgelegt, welche sie in Eigenleistung montierten. In den ersten Kammern mit hohem Wärmebedarf sind die Rohre dicht belegt, in den weiteren Kammern immer weniger. Auch das Weisstannenholz für die Rührwerke stamme aus dem eigenen Wald.

In diesen Wochen wird die Anlage in Betrieb genommen. Ende Januar wurde erstmals Gülle in den Fermenter geleitet, der vorgängig während zwei Wochen mit Warmwasser von der Holzheizung beheizt wurde. Später erfolgt die Beheizung mit Abwärme vom Blockheizkraftwerk auf die nötige Temperatur von knapp 40 Grad. Das Gas steigt vom Fermenterraum in den darüberliegenden Gasballon. Sobald das Gas genügende Qualität hat, wird es in das Blockheizkraftwerk in der neuen Remise geleitet. Der umgebaute Dieselmotor der deutschen Firma Tuxhorn hat eine Leistung von 30 kW elektrisch und 62 kW thermisch.

Ganzjährig unabhängig

Die 60 GVE auf dem Betrieb Buchschachen ermöglichen bei optimaler Gülleeinspeisung eine Produktion von täglich je 2,5 m3 Biogas, das sind 840 kWh täglich. Der Betrieb des Fermenter benötigt 336 kWh thermische und elektrische Energie. So verbleiben 204 kWh thermische und 300 kWh elektrische Energie pro Tag für die eigene Nutzung und den Verkauf. «Wenn es rund läuft, können wir bald auf Fremdstrom verzichten, und zwar ganzjährig.»

Sehr grosse Nachfrage für Biogassystem Hari

Ende Januar konnte die Haral GmbH die 22. Anlage in Betrieb nehmen, doppelt so viele  seien in Planung. Anfragen habe er noch viel mehr, sagt Niklaus Hari, zusammen mit Pius Allenbach Mitbegründer der Haral GmbH in Reichenbach BE. Beschäftigt werden inzwischen bereits sieben Mitarbeitende, weitere werden dringend gesucht. Anlagen konnte Hari inzwischen auch in Deutschland, Österreich und in Norwegen realisieren.

Hari betrieb schon 1986 eine Kleinbiogasanlage auf seinem Landwirtschaftsbetrieb, tüftelte über Jahre an seinem System. Jahrelang seien die Bauern aber skeptisch gewesen, und auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen kamen hofdüngerbasierten Kleinbiogasanlagen nicht entgegen. Das habe sich nun in den letzten Jahren schlagartig geändert. Hari erwähnt Stichworte wie den Ukraine-Krieg, Angst vor Energiemangellage, steigende Energiekosten und schliesslich die neuen, erst seit ­Anfang 2023 geltenden Förderinstrumente mit Investitionsbeitrag und Betriebskostenbeitrag.  Zudem sei das System technisch einfach und anwenderfreundlich. Ab 30 GVE könnten ihre Anlagen heute wirtschaftlich betrieben werden. Wenn noch etwas Co-Substrate eingesetzt würden, sei es noch interessanter. Sein System und auch die Wirtschaftlichkeitsberechnungen seien aber auf Hofdünger ausgerichtet. Zu den Investitionskosten erklärt Hari, dass die ähnlich hoch seien, ob für 30 oder 80 GVE gebaut werde.  «Wer ab 80 GVE keine Biogasanlage baut, ist schlicht dumm», meint Hari. Die grösste Herausforderung sei die Bürokratie und die je nach Kanton unterschiedlichen Vorstellungen von Beamten.  «Das ist kos­tentreibend und sehr übel.» Weniger sind es raumplanerische Auflagen, sondern wegen dem Brandschutz, Landschaftsschutz und «erstaunlicherweise» wegen dem Umweltschutz, obwohl doch so nicht nur Energie produziert werde, sondern auch die Emissionen aus der Gülle reduziert würden, sagt Hari.

Weitere Informationen: quh-energie.ch 

Interessante Förderbeiträge

Seit 2023 gelten für Biogasanlagen neue Fördermassnahmen im Rahmen der Energieförderungsverordnung. So gibt es vom Bund einen Investitionsbeitrag von 50 Prozent der anrechenbaren Investitionskosten (inklusive für Planung und für Endlagerung der Gülle). Das Gesuch muss nach Erhalt der Baubewilligung und vor Beginn der Bauarbeiten beim Bundesamt für Energie eingereicht werden. Zudem gibt es einen produktionsabhängigen Betriebskostenbeitrag. Der Strom wird auf dem freien Markt verkauft, je eingespeiste kWh gibt es einen Beitrag von Pronovo (abzüglich des Referenzmarktpreises) je nach Leistung der Anlage von derzeit 28 bis 29 Rappen pro kWh (inklusive Bonus für rein hofdüngerbasierte Anlagen), zunächst befristet bis 2030. Im Juli 2024 tritt eine überarbeitete Energieverordnung in Kraft. Die Höchstbeträge des Bundes an die Investition werden dann gedeckelt, auf 17 500 Franken pro kW äq. Und für die Wärme-Kraft-Koppelung-Module gilt eine minimale Betriebsdauer von 5000 Stunden. Projekte, welche vor dem 1. Juli 2024 eingereicht werden, sind von diesen Änderungen aber noch nicht betroffen.