Wer ohne Kühe reist, erreicht die Alp von Familie Schilter aus Gurtnellen ohne Anstrengung per Seilbahn. Nur wenige Minuten von der Station Intschi-Arnisee liegt die Sennhütte der Familie. Hier wird die Milch zu Käse, Joghurt, Rahm oder Butter verarbeitet. Vor dem umgebauten Kuhstall bietet die kleine Terrasse rund 30 Gästen Platz. Bei schönem Wetter wird die Sennhütte häufig besucht, ob ein Älplerkaffee, eine Käseplatte mit Hauswurst oder Meringue mit Nidlä, die kalte Küche ist beliebt. Wer eine warme Mahlzeit bevorzugt, wird in einem der zwei Restaurants fündig.

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Die 14-jährige Kuh ging voraus

Mit ihrem Vieh geht Barbara Schilter gut 80 Minuten vom Hof der Familie in Gurtnellen hinauf zum Arnisee. «Dieses Jahr habe ich nicht schlecht gestaunt, als unsere älteste, 14-jährige Kuh voller Elan vorausspazierte», erzählt die dreifache Mutter.

Auf der Alp betreut sie 17 Kühe, neun Rinder und acht Kälber, vor allem Grauvieh, dazu drei Schweine, zwei Esel sowie einige Hühner. Die 36 Ziegen der Familie geniessen oben im Leutschach ihre Freiheit. Unterstützung gibt es von der Familie, Bekannten, Zivis sowie Praktikant(innen) der Rudolf-Steiner-Schule.

«Als mein Mann und ich uns kennenlernten, haben wir mit 5 Hektaren angefangen. Wir hatten Glück und konnten immer wieder Land pachten», erzählt die Vollblutbäuerin. Als Nachteil empfindet sie, dass ihre Wiesen weit verstreut sind. «Man muss für die verschiedenen Arbeiten einigen Weg auf sich nehmen und kann nicht alles auf einem Blätz erledigen.»

Die geborene Bäuerin

Als Barbara Schilter fünf Jahre alt war, gab ihr Vater den landwirtschaftlichen Betrieb auf. Sie hingegen blieb der Landwirtschaft treu. «Als Kind habe ich oft den Nachbarn geholfen und ab der sechsten Klasse bin ich bereits z Alp.» Sie absolvierte die Bäuerinnenschule Gurtnellen, das Käsen erlernte sie von einem Käser auf der Gorneralp. Nachdem sie drei Sommer bei ihm gelernt hatte, verunglückte der Käsemeister auf tragische Weise. Daraufhin übernahm sie die Alpkäserei auf der Gorneralp, verbrachte nochmals drei Sommer dort und lernte in dieser Zeit ihren zukünftigen Mann kennen.

In Arni verbringt Familie Schilter nun den 24. Sommer. «Im Gegensatz zu den Genossenschaftsalpen ist die Sennhütte eher ein Maiensäss. Es ist kein Vergleich zu den höher gelegenen Alpen», meint die Bäuerin lachend.

Die Sennhütte am Arnisee sehe sie als Hobbyalp. Immerhin herrscht auf der Höhe des Arnisees Hochmoorgebiet, der sauerste Boden des Kantons. Keine idealen Voraussetzungen für die Milchproduktion der Kühe. Die werden während der Alpsaison zweimal täglich gemolken. Barbara Schilter verarbeitet die gesamte Milch vor Ort. Ein typischer Tag beginnt für sie um fünf Uhr morgens. Melken, Schweine füttern, Käse, Butter oder Joghurt machen, Käse pflegen, Leute bedienen, Rinder und Kälber kontrollieren, je nachdem heuen oder zäunen, dann wieder melken und den Tag mit dem Alpsegen abschliessen.

Grosse Wertschätzung

Der Tourismus am Arnisee hat in den vergangenen Jahren zu-genommen. Wichtig sei es ihr, Touristen zu sensibilisieren für die Landwirtschaft, sagt Barbara Schilter. Der Stall ist stets für alle offen und einige Kühe lassen sich ohne Probleme auch von Hand melken, ein Erlebnis für die Gäste. «Die Leute, die auf die Alp kommen, sind selten die richtigen Städter. Die bleiben unten», weiss die Bäuerin. Aber anhand gewisser Fragen merke man schnell, wer aus der Stadt komme.

Auch wenn Barbara Schilter den direkten Kontakt mit den Menschen schätzt, vermisst sie doch die Einsamkeit der abgelegenen Alpen. «In den höheren Gefilden zählen nur der Kontakt mit den Tieren und die Milchverarbeitung», sinniert die Bäuerin.

Erster Unfall seit Jahren

Der diesjährige Alpsommer startete leider mit einem Unfall. Ein Rind hatte auf der Weide eine Totgeburt, Schilter holte das tote Kalb mit dem Raupenfahrzeug, das Rind lief nebenher. Bei der Begegnung mit einer Frau und ihrem angeleinten Hund rannte das Rind auf den Hund los, riss die Frau um und trat dabei auf ihr Bein. «Es war klar mein Fehler. Ich hätte das Rind anbinden sollen oder die Wanderer anweisen sollen», kommentiert Schilter den Vorfall, der zu einem gebrochenen Bein der Touristin führte.

Für Schilter war es der erste Vorfall dieser Art und eine Lehre für die Zukunft. Mit der Verletzten steht sich noch immer in engem Kontakt, sie sei zum Glück ruhig geblieben und sei ihr nicht böse.

Jugendliche Dummheit

Ansonsten empfindet die Älplerin das Zusammentreffen von Tourismus und Landwirtschaft als angenehm. «Klar gibt es ab und zu unüberlegte Sachen», erklärt sie. Zum Beispiel, als eine Gruppe von Jugendlichen einer Kuh eine Bierflasche in den Mund steckte. «Glücklicherweise ist das wirklich nur ein kleiner Teil der Gesellschaft.»