BauernZeitung: Paul Sommer, Wie beurteilen Sie die Lage auf dem Arbeitsmarkt?

Der Arbeitsmarkt ist sehr ausgetrocknet. Qualifizierte und einheimische Arbeitnehmer sind nur sehr schwer zu finden. Bei den Lehrlingen zeigt sich etwa, dass es im nächsten Jahr sehr wenige sein werden. Viele Lehrplätze sind noch offen. Es ist schwierig zu sagen, warum.

Was würde die Lage entschärfen?

Es ist sehr wichtig, dass die Arbeitszeiten unter 50 Stunden gebracht werden können. Ich sage immer: "Sie arbeiten ja auch nicht so lange", wenn ich mit Leuten von Verbänden rede. Auf dem Landwirtschaftsbetrieb muss gearbeitet werden, das ist klar. Aber man könnte die Arbeitsstunden sicher optimieren. Etwa mit Anpassungen in den Arbeitsabläufen. Zudem müsste man die Arbeitsstunden über das ganze Jahr hin betrachten. Die Spitzen der Hochsaison kann man in ruhigeren Zeiten wieder ausgleichen. Wir sind zur Zeit dran, bessere Arbeitszeiten zu verhandeln unter anderem mit dem Schweizer Bauernverband und dem Schweizer Bäuerinnen- und Landfrauenverband. 

Viele Arbeiter wandern in die Baubranche ab, sind dort die Bedingungen besser?

Man darf nicht vergessen, dass auf dem Bau die Lebensunterhaltungskosten meist teurer sind, aber der Lohn ist auch einiges besser und dazu werden nicht 55 Stunden gearbeitet.Eine Wohnung in der Schweiz ist nicht billig. Beim Lohn in der Landwirtschaft kommen oft noch Naturalleistungen dazu, wie etwa Obst und Gemüse Fleisch und Milch oder Kost und Logis, das kann in Abzug gebracht werden und der Barlohn wird so kleiner. Trotzdem ist es wichtig, die Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft zu verbessern. Dazu gehört zum Beispiel auch das Anstellungsverhältnis. Etwa ist Teilzeitarbeit ein Thema.

Sind die saisonalen Arbeitskräfte in der Schweiz genügend geschützt?

Eigentlich sind sie wenig geschützt. Missbräuche bei den Arbeitsverträgen, sprich von kantonalen NAV gibt es schon. Ich sage den Arbeitnehmern immer, sie sollen den Vertrag vor dem unterschreiben mit einer Fachperson anschauen oder mit jemandem der Ahnung hat. Besonders mittleren und kleinen Betriebe wissen oft nicht, was sie beachten müssen bei den Arbeitsverträgen.

Ihr Arbeitsgemeinschaft setzt sich für die Arbeitskräfte in der Schweiz ein. Jedoch fehlt es an neuen Mitglieder. Woran liegt es?

Oftmals arbeiten Bauernsöhne als Angestellte, die später den Hof zu Hause übernehmen und die haben gar kein Interesse. Dazu kommt das die ABLA gar nicht bekannt ist und uns fehlen dazu auch die finanziellen Möglichkeiten um Inserate oder dergleichen zu schalten. Im Gemüsebau gibt es zum Bespiel die IVAG als Arbeitnehmer Organisation. Es ist schade, dass sich die Jungen nicht mehr für die Gewerkschaften interessieren, oder sie wollen keine Zeit haben, denn es gib daneben sehr viele Freizeitbeschäftigungsmöglichkeiten. Eine Mitgliedschaft ist nicht teuer und so haben die Mitglieder die aktuellen Informationen über den Arbeitsmarkt und das Arbeitsrecht. Für den Bauernverband ist es wichtig, einen gut aufgestellten Sozialpartner, sprich ABLA, mit vielen Mitglieder zu haben.

Ausgetrockneter Arbeitsmarkt

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