Hierzulande gibt es für Pflanzenschutzmittel neben den Bäuerinnen und Bauern noch zwei weitere Anwender-Gruppen. Ein zugelassenes Pflanzenschutzmittel kann je nach Bewilligung auch von Privaten in einem Gartencenter gekauft werden und Angestellte von Gemeinden und Kantonen pflegen Grünflächen oder Parks damit.
Ein Garten funktioniert anders als ein Feld
Man kann argumentieren, ein Garten sei eine viel kleinere Fläche, die man mit Pflanzenschutzmittel behandeln kann, als ein ganzes Feld. Ein Hobby-Gärtner ist aber auch nicht darauf angewiesen, in seinem kleinen Reich ein vollständiges und funktionierendes Ökosystem zu erhalten; vom Garten nebenan können Insekten zufliegen, auch wenn sie auf einem englischen Rasen weder Nahrung noch Unterschlupf finden. So können die Kürbisse auf dem Balkon mit Aussicht auf das gezähmte Grün trotzdem bestäubt werden.
Im vergrösserten Massstab eines Kulturlands sind grosse Flächen mit geringer Artenvielfalt über lange Zeit ein Problem. In der Landwirtschaft sorgen Bauern daher mit einer vielfältigen Fruchtfolge, Blühstreifen, Hecken und anderen Elementen für genügend Lebensraum für Insekten und Kleintiere.
Wer wieviel, ist unklar
Aber wer spritz denn nun wieviel? Das weiss man in der Schweiz nicht. Die einzigen offiziellen Zahlen dazu sind die Verkaufsstatistiken des Bundesamts für Landwirtschaft. Diese zeigen für 2018, dass weniger Herbizide (unter anderem über die Hälfte weniger Glyphosat gegenüber 2008) und weniger Pflanzenschutzmittel für die konventionelle Landwirtschaft verkauft wurden.
Hingegen stiegen die verkauften Mengen an biologischen Mitteln um 41,6 Prozent. Dazu gehören als grösste Umsatzträger Kupfer und Schwefel, die in grossem Umfang auch von konventionellen Landwirtschaftsbetrieben eingesetzt werden.
Wer wieviel oder was gekauft hat, wird aber nicht erhoben.
Diese Zahlen gibt es
- Insgesamt wurden gemäss den Zahlen des BLWs 2018 2185,474 Tonnen Pflanzenschutzmittel verkauft.
- Für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ausserhalb der Landwirtschaft schätzen Fachleute etwa 100 bis 200 Tonnen pro Jahr, der Schweizer Bauernverband geht vom selben aus. Das sind 5 bis 10 Prozent der Verkaufsmenge.
- Die SBB nutzt laut eigenen Angaben etwa 2 Tonnen Glyphosat-Wirkstoff pro Jahr. Das sind 1,3 Prozent der Verkaufsmenge 2018 (152,993 Tonnen). Der Bundesrat schrieb 2017, man gehe je nach Witterung von 2,5 bis vier Tonne jährlich aus. Inzwischen versucht die SBB, die Gleise mit Alternativen (wie z.B. heissem Wasser) sauber zu halten.
- Ausser Glyphosat ist auf Gleisen kein anderes Pflanzenschutzmittel zugelassen. Auf Mauerwerk darf die SBB nur Triclopyr einsetzten (Verkaufsmenge 2018: 2,626 Tonnen)
- Seit 30 Jahren ist der Einsatz von Unkrautvernichtern (Herbiziden) auf öffentlichen Strassen, Trottoirs und Plätzen in der Schweiz verboten.
- Im Wald darf man nur in Ausnahmefällen Pflanzenschutzmittel nutzen.
Verkauft heisst nicht verspritzt
Es ist aber nicht so, dass alles was in einem Jahr gekauft wird, auch zum Einsatz kommt. Immer wieder werden Pflanzenschutzmittel verboten, was davon eingekauft wurde kann je nach Vorschriften noch aufgebraucht, oder in die Verkaufsstelle zurückgebracht werden. Nach Ablauf der Aufbrauchfrist dürfen Lagerbestände nicht mehr versprüht werden.
Die Menge sagt wenig über mögliche (Neben)Wirkungen
Je giftiger ein Pflanzenschutzmittel ist, desto weniger davon muss eingesetzt werden. Von biologischen Mitteln braucht es daher unter Umständen häufigere Anwendungen und damit eine grössere Menge. Da sie auch spezifischer wirken können, kommen gegen unterschiedliche Schädlinge auch verschiedene biologische Wirkstoffe zum Einsatz, was sich wiederum in den Verkaufsmengen niederschlagen kann.
Grüne Motion ist hängig
2018 gab es im Parlament eine Motion unter dem Titel «Chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel für nichtberufliche Verwendung verbieten». Dieser Vorstoss für ein Verbot gegen Pflanzenschutzmittel z. B. in Hausgärten kam von den grünen Nationalräten Maya Graf (BL) und Kilian Baumann (BE) und wurde im Parlament noch nicht behandelt.