«Farmers daughter», also «Bauerntochter», nennt sich Julia Schmid, wohl mit einem Augenzwinkern, auf WhatsApp. Es ist eine starke Vereinfachung für den recht speziellen Lebensentwurf der 30-Jährigen. Schmid arbeitet im Stundenlohn auf dem elterlichen Betrieb Widmer in Eschenbach LU mit. Zusammen mit Ehemann Basil, der sich als Zimmermann selbstständig machte und vor allem auf landwirtschaftliche Bauten spezialisiert ist, und den Kindern Sandro (2) und Petra (8 Monate), wohnt die junge Familie in einer Mietwohnung nur einen Steinwurf vom Stall entfernt.

Vielseitig ausgebildet

Julia ist gelernte Landwirtin, Besamungstechnikerin, absolvierte die Bäuerinnenschule und später die Agrotechnikerschule HF. Auf dem Betrieb ist sie vor allem für das Management der 70 Braunviehkühe zuständig, macht aber auch die Administration, besamt natürlich und hilft bei Arbeitsspitzen im auf dem Betrieb eingemieteten Lohnunternehmen ihres Onkels mit.

Nach der Geburt von Petra reduzierte sie ihr Engagement als Projektmitarbeiterin bei Barto, dem digitalen Hofmanager, auf noch 20 Prozent. «Nebenbei auf dem Betrieb mitgearbeitet habe ich eigentlich immer», berichtet Julia am Küchentisch, während sich die Jungmannschaft einen Mittagsschlaf gönnt. Mal mehr, mal weniger.

«So sehe ich, was auf dem Hof läuft.»

Julia Schmid wohnt in einer Mietwohnung in Stallnähe.

Sie spricht von «ihren» Kühen, kümmert sich um Paarungsplanung, Tiergesundheit und die Fütterung. Gehören tun die Kühe, die 250 Mastmunis und die 40 Mutterschafe mit rund 200 Weidelämmern noch ihren Eltern. In ein paar Jahren wird ihr jüngerer Bruder Simon den Betrieb übernehmen, so der Plan. Dieser arbeitet genauso wie ein Lernender auf dem tierintensiven Betrieb mit.

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Vortritt für den Bruder

Die Landwirtin wohnt mit ihrer jungen Familie beim Nachbarn zur Miete und ist so noch näher am Stall als Eltern und Bruder. Sie mag diese Nähe, das Wohnen auf dem Hof. «So sehe ich, was läuft, und kann auch mal nur kurz auf dem Hof arbeiten», sagt sie. Etwa, um eine Kuh zu besamen. Besamungskübel und Inhalt gehören dabei ihr, sie kauft die Genetik, besamt und stellt dann in Rechnung. War die Hofnachfolge nie ein Thema bei so viel Herzblut? «Eigentlich nicht», sagt sie entspannt. Sie habe ihrem Bruder schon früh gesagt, dass sie ihm den Vortritt lassen werde, falls er denn möchte. In dieser Beziehung sei sie halt ein wenig konservativ. In 13. Generation bereits führen Widmers den Betrieb Bründlen.

«Ein Betrieb in der Nähe wäre ein Traum.»

Schmids würden gerne einen Betrieb übernehmen.

Zusammen mit ihrem Mann hat sie andere Pläne. «Gerne hätten auch wir unseren eigenen Betrieb», sagt sie. Sie haben sich bei der Plattform «Hofübergabe» gemeldet und hoffen zusätzlich, dass sich über Mund zu Mund etwas ergibt. Allzu weit weg sollte der Betrieb aber nicht sein. Man nehme sich Zeit, aber «es wäre schön, wenn sich die nächsten Jahre etwas ergeben würde». Dass sie nicht die einzige junge Familie auf Betriebssuche seien, sei ihr durchaus bewusst. «Innerhalb von 15 Kilometern wäre ein Traum.» So könnte man mit dem Elternbetrieb zusammenarbeiten, beispielsweise in der Jungviehaufzucht. Die Zusammenarbeit mit ihrem Bruder funktioniere gut, sagt sie. Er sei thematisch noch ein wenig breiter interessiert als sie, etwa auch im Ackerbau.

Vom Umfeld unterstützt

Julia Schmid schätzt die Verwurzelung im Luzerner Seetal. Auch die Schwiegereltern und ihr Grosi wohnen in der Nähe. So könne sie die beiden Kinder auch mal abgeben, sei es, um zu melken oder wie früher als Maschinistin im Lohnunternehmen des Onkels zu arbeiten. Ihre Lieblingsarbeit ist das Melken. Meistens ein Mal pro Woche kommt sie dazu. Die zwei Stunden seien aber Entspannung pur, so ganz ohne Kinder. Obwohl diese recht «einfach» sind, schiebt sie nach. Zwei Stunden dauert das Melken, der Melkstand ist auf 35 Kühe ausgelegt. Widmers konnten in der Vergangenheit betrieblich wachsen.

Julia Schmid tanzt auf vielen Hochzeiten, so der Eindruck. Sie ist seit Frühling auch noch Vorstandsmitglied des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbands (LBV), wirkt dabei aber recht entspannt. In der Tat hätte sie schon wildere Zeiten gehabt als aktuell, sagt sie mit einem Schmunzeln. Etwa, als sie noch Vollzeit auf dem Betrieb und zusätzlich als Besamungstechnikerin unterwegs war und als Hobby an Viehschauen in der halben Schweiz Kühe stylte. Da waren die Nächte manchmal sehr kurz.

Durch die Zeit als Jungzüchterin sie war OK-Präsidentin der Luzerner Rinder-Nightshow und bei den Junglandwirten Zentralschweiz im Ressort Bildung sei sie auf den Geschmack gekommen und habe Freude an Vorstandsarbeit und Interessensvertretung bekommen. Ihr Vater sei gut vernetzt und engagiert. Irgendwann habe er dann Anfrage für Ämter jeweils an sie weitergegeben. Nachdem sie vom LBV kontaktiert worden sei, habe sie ihre Bewerbung quasi vom Spitalbett aus geschrieben. Es war kurz nach der Geburt von Petra. Sie fühle sich wohl in der Branche und gehe mit Freude an jede Vorstandssitzung. Man profitiere, lerne und treffe spannende Leute. Vieles sei auch mit Kleinkindern möglich, so ihre Erfahrung. Aber natürlich nicht alles. Büroarbeit gehe nur dann effizient, wenn die Kinder schlafen oder ausser Haus sind.

Entspannen beim Baden

Ferien und Freizeit sind bei Schmids – man ahnt es – knapp bemessen. Sie und ihr Mann seien ähnlich gestrickt und nicht die Globetrotter. Ferien in der Schweiz mit drei Übernachtungen schaffe man ab und zu.

Zuletzt waren sie in der Romandie, im Appenzellerland und kürzlich in Morschach SZ zum «Bädelen», der liebsten Freizeitbeschäftigung von Schmids. Sie lacht dabei herzhaft, wie so oft.
 

Fünf Fragen

Was macht Sie schlaflos?
Ich schlafe gut. Ins Grübeln komme ich manchmal, wenn ich mir die teils widersprüchlichen Vorstellungen und Wünsche vieler Konsumenten vor Augen führe.

Was würden Sie gerne besser können?
Fliessend Französisch zu sprechen wäre schön.

Ihr Rezept für Entspannung?
«Bädele» (lacht). Im Sommer stellen wir jeweils einen Pool auf.

Welche Arbeit liegt Ihnen gar nicht?
Schreiben ist nicht meine Stärke.

Welches Menü gelingt Ihnen immer?
Rührei mit Milch geht immer. Milch ist sowieso mein Hauptnahrungsmittel. Eine Starköchin bin ich nicht.