Ende Mai 2024 werden auf der Hinteren Schmiedenmatt zum letzten Mal Fohlen zur Sömmerung aufgefahren. Die Betreiberin, die Aktiengesellschaft Alp Hintere Schmiedenmatt, hat entschieden, künftig statt auf Fohlen auf Rinder zu setzen.

Woher rührt der Sinneswandel?

Pferde, wie hier die beiden Warmblutpferde der Pächterfamilie, gehören zur Hinteren Schmiedenmatt, wo Remo, Nils, Ronny und Sybille Schmid (v. l. n. r.) leben. (Bilder Simone Barth)AlpwirtschaftSommerserie «z Alp»: Das Mittelland zu FüssenDonnerstag, 5. August 2021 Noch vor zehn Jahren tönte es etwas anders. Damals gab der immer noch aktive Präsident der Gesellschaft Rudolf Gygax zu Protokoll: «Fohlen gehören zur Geschichte der Schmiedenmatt und die Hirtenfamilie ist bereit, diese weiterhin zu halten.» 

Damals musste von Anbindehaltung auf Laufstall umgestellt werden, da das Anbinden von Pferden 2013 verboten wurde. Für den Umbau in einen Laufstall nahm die Gesellschaft eine Investition von rund 50'000 Franken in Kauf.

Die Hirtenfamilie bedauert den Enstcheid

Die Hirtenfamilie, welche die Hintere Schmiedenmatt als Ganzjahresbetrieb bewirtschaftet, bedauert diesen Entscheid. Wie Remo Schmid auf Anfrage der BauernZeitung erklärt, gehörten für ihn die Fohlen zur Sömmerung auf der Hinteren Schmiedenmatt einfach dazu. Er schätze die Zeit sehr, in der die Jungpferde dort seien.

Das einzigartige Bild im Solothurner Jura zieht auch Besucherschaft an. Das spüren Remo Schmid und seine Frau Sibylle auch in ihrem Alpbeizli, das zudem gerne von den Pferdebesitzern selbst aufgesucht wird.

Ein Video von der Hinteren Schmiedenmatt aus alter Zeit

Ziel: Mehr Rinder und keine Fohlen mehr

[IMG 2] Nun ist das aber vorüber. Wie Präsident Rudolf Gygax erklärt, ist der Entscheid nicht einfach gefallen. Obschon sich der schweizweite Pferdebestand in den letzten 40 Jahren verdoppelt hat (Grafik), kamen in der Tendenz immer weniger Fohlen zur Sömmerung nach Herbetswil. Hinzu kommt, dass die Gesellschaftsmitglieder selbst keine Fohlen mehr sömmern. Vereinzelt würden noch Pferde gehalten, die Zucht sei aber klar rückläufig.

«Mit jedem Traditionsbetrieb, der schliesst, geht etwas verloren. Das ist unbestritten.»

Rudolf Gygax, Gesellschafts-Präsident.

Es werden also in der Hauptsache Fohlen von «Auswärtigen» gesömmert. «Rinder müssen wir eher zurückstellen», sagt Gygax. Das habe ihn auch dazu bewogen, die Diskussion im Vorstand zu führen, auf die Fohlen künftig zu verzichten, um den Haltern von Rindvieh den Vorrang zu geben. Der Laufstall der Fohlen soll künftig also ebenfalls Rinder beherbergen. Dort wird auch ein Stier mitlaufen. Die angrenzenden Weiden hätten den Vorteil, dass dort kein Wanderweg durchführe, was eine Begegnung zwischen Wanderern und Stier ausschliesse. «Die Bauern haben immer weniger Zeit, auch für die Beobachtung der Tiere. Wenn Rinder vom Berg kommen, müssen sie tragen, sonst gehen wertvolle Monate verloren. Ein Stier, der in der Herde mitlaufen kann, ist die beste Lösung», ist Gygax sicher.

Mit der Aufgabe der Sömmerungsweide für rund 30 Fohlen geht der Region eine Tradition verloren. Das weiss auch Rudolf Gygax. «Mit jedem Traditionsbetrieb, der schliesst, geht etwas verloren – das ist unbestritten», sagt er.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Ein Blick zurück zeigt, dass die Pferdezucht in diesem Gebiet einen hohen Stellenwert hatte. Wie dem Jubiläumsbericht zum 100-jährigen Bestehen der Pferdezuchtgenossenschaft (PZG) Oberaargau zu entnehmen ist, war es bereits Anfang des 20. Jahrhunderts ein Wunsch der Bauern eine Alpweide zur Sömmerung von Fohlen zu erwerben. Diese Gelegenheit bot sich im Jahr 1912. Zur Kapitalbeschaffung wurden den Mitgliedern der PZG Anteilscheine zu 500 Franken angeboten. Die gesamthaft 99 ha konnten so zu einem Preis von 110 220 Franken erworben werden. Wie sich Pferdezüchter erinnern, hätten unklare Besitzverhältnisse und zum Teil auch Misswirtschaft dazu geführt, dass später eine Aktien-Gesellschaft Alp Hintere Schmiedenmatt gegründet wurde.