Der Vorstand der Züchtergruppe St. Gallen hatte in den vergangenen Monaten ein Dokument mit Optimierungsansätzen für das Genetikprogramm der Rasse Brown Swiss ausgearbeitet, welches kürzlich an der eigenen Hauptversammlung von den Mitgliedern einstimmig genehmigt wurde. Darin werden mehrere Punkte aufgeführt, mit denen ein weiterer Rückgang der Herdebuchtierzahlen verhindert werden soll. «Wir werden unsere Vorschläge bald den anderen Züchtergruppen, den kantonalen Braunviehzuchtverbänden und den Jungzüchtervereinigungen in der Schweiz vorstellen. Dadurch hoffen wir, eine breite Diskussion an der Basis, beim Zuchtverband und bei den Genetikanbietern anstossen zu können», erklärt Roman Schirmer, der Präsident der Züchtergruppe St. Gallen.

Niederschmetternde Tendenz

Korrekturen seien dringend notwendig, denn die zahlenmässige Entwicklung der Braunviehtiere im Kanton St. Gallen und vor allem auch schweizweit der letzten 15 Jahre zeige mit minus 20 Prozent eine niederschmetternde Tendenz. In der gleichen Zeit hätten sich andere Rassen stark ausgebreitet. Ein Grund dafür sei, dass mehrere intensiv eingesetzte Jungstiere über ihre Töchter enttäuschten und dadurch unzufriedene Braunviehzüchter zu anderen Rassen wechselten. «Es gab Beispiele von stark eingesetzten Jungstieren, durch die vom Ersteinsatz bis zum Nachzuchtresultat bis zu 1000 kg Milch verloren gingen. Das hat für die Braunviehzucht grosse negative Auswirkungen», erklärt Schirmer weiter. Aktuell würden beim Brown Swiss nahezu 70 Prozent der Reinzuchtanpaarungen mit Jungstieren gemacht, was eindeutig zu hoch sei.

Risiko vermindern

«Wir Züchter selber haben mit unserer Stierenauswahl einen grossen Einfluss auf die Zucht», zeigt sich Schirmer auch selbstkritisch und ergänzt: «Wenn schon intensiv mit Optimis-Stieren gearbeitet wird, muss das Risiko durch den Einsatz von verschiedenen Jungstieren vermindert werden.» Aber auch beim Genetikprogramm der Rasse sieht die St. Galler Züchtergruppe Optimierungspotenzial. So wird vorgeschlagen, die Anzahl Erstbesamungen pro Jungstier beispielsweise auf 500 zu begrenzen. «Die Zahl 500 ist für uns nicht fix, sondern eine Richtzahl. Anschliessend soll der Stier nur noch in der Reservation erhältlich sein. Damit schränken wir die Züchter in der Auswahl nicht ein, durch die nötige Reservation müssen sie sich aber intensiver mit der Genetikauswahl auseinandersetzen. Wir wünschen uns, dass dadurch die Besamungszahlen der verschiedenen Jungstiere in Zukunft wieder ausgeglichener sind», begründet Roman Schirmer den Vorschlag. Für die Chancengleichheit sei es auch wichtig, dass möglichst alle Jungstiere im Prüfeinsatz gesext verfügbar seien. Das würde auch die Einsatzzahlen von weniger stark nachgefragten Jungstieren anheben. Weiter schlagen die St. Galler Züchter vor, dass nachzuchtgeprüfte Stiere und Optimis-Stiere sowohl auf Websites, in Genetikkatalogen wie auch auf Zuchtwertlisten getrennt publiziert werden. Damit soll eine Unterscheidung auch für weniger engagierte Züchter klar ersichtlich sein.

Blutbreite ist wichtig

Entscheidend für eine wieder positivere Entwicklung der Braunviehrasse sei auch die Blutbreite: Die KB-Jungstiere müssten möglichst viele verschiedene Stierenväter aufweisen und vermehrt auch wieder aus nachzuchtgeprüften Vätern stammen. Vielversprechende Jungstiere aus langlebigen und wirtschaftlichen Kuhfamilien hätten oftmals tiefere genomische Zuchtwerte und dadurch aktuell kaum eine Chance, von einer Genetikorganisation angekauft zu werden. Weiter regt die Züchtergruppe an, dass Braunvieh Schweiz nicht nur das Mitspracherecht bei der Klassierung der Stiere für den Zweiteinsatz, sondern auch beim Ankauf der KB-Jungstiere hat. Dazu schlägt sie vor, dass Braunvieh Schweiz Einsitz im Team Braunvieh der KB-Organisation Swissgenetics nimmt. «Wir von der Züchtergruppe St. Gallen wollen nicht nur immer diskutieren, sondern konstruktiv Lösungsansätze einbringen, wie die braune Kuh vorwärtsgebracht werden kann», betont Roman Schirmer.

Braunvieh Schweiz wertet es gemäss Direktor Martin Rust als positiv, wenn sich Züchter Überlegungen zu möglichen Optimierungen zum Zuchtprogramm machen würden. Wenn ein Antrag vorliege, werde Braunvieh Schweiz die Vorschläge analysieren und dazu Stellung nehmen.