Traktoren sind im Lauf der Zeit immer schwerer geworden und durch den höheren Druck wird der Boden weiter verdichtet, was sich unvorteilhaft auf Bodenbeschaffenheit und Ertrag auswirkt. Die schweren Maschinen verunmöglichen es ausserdem, bei nassen Böden eingesetzt zu werden.

Ein weiterer Punkt: Bei jedem Wendemanöver am Ende eines Feldes gehen viel Zeit und Treibstoff verloren; zusätzliche Verluste an Arbeitszeit, Diesel, Saatgut und/oder Düngemittel entstehen, wenn bei den Fahrten die Überlappungen nicht auf ein Minimum begrenzt werden. Alles in allem also Gründe genug, einen fahrbaren Helfer zu entwickeln, der all diese Nachteile wettmacht, ohne gleichzeitig allzu hohe Kosten zu verursachen.

„Ihr spinnt“, mussten sich zwei Fachleute sagen lassen, als sie sich vor ein paar Jahren daran machten, ein solches Gerät zu entwerfen: Bernhard Streit, Dozent für Verfahrenstechnik im Pflanzenbau an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) in Zollikofen sowie Kurt Hug, bis vor kurzem Professor für Fahrzeugelektronik an der Berner Fachhochschule (BFH) in Biel. Was viele für eine technische Spielerei hielten – und vielleicht noch heute halten – hat für die beiden Forscher jedoch handfeste Gründe. Neben den bereits erwähnten Vorteilen (keine Bodenverdichtung, Einsparung an Zeit und Material) haben Streit und Hug beispielsweise die demografische Entwicklung im Auge: Mit den herkömmlichen Anbaumethoden nähert sich die Landwirtschaft langsam ihrer oberen Grenze, auch in Bezug auf Qualitätssicherung und Umweltschutz. Vor allem aber: Die technische Entwicklung bleibt nicht stehen, und wer nicht mitmacht, gerät unweigerlich ins Hintertreffen.

«Ins Bett - und fertig?»

Die „vierte industrielle Revolution“ mit dem Einzug der Robotik ist heute in aller Munde. Das Pendant dazu ist – mit den Worten von Kurt Hug – die „Landwirtschaft 4.0“, wobei diese charakterisiert werde durch Automatisierung und die Vernetzung der vorhandenen Daten. Dies bedeutet anderseits, dass der Mensch die Maschine nicht mehr selber steuern muss.

Konkret: Der „Feldroboter“ wird gefüttert mit Daten zur Grösse eines Feldes (oder eines Teils davon), mit Angaben zur Bodenbeschaffenheit usw., worauf die GPS-gesteuerte Maschine den Arbeitsgang (z.B. säen oder düngen) in optimaler Weise selbstständig ausführt. Ein Nachteil dabei: Der Mensch, in diesem Fall der Landwirt, wird abhängiger von Experten, die die entsprechende Software programmieren und das Gerät auf dem neusten Stand halten.

Auch im Nachteinsatz

Wieder anderseits, so Bernhard Streit, soll und wird diese Technik dem Nutzer das Leben erleichtern. Ein Feldroboter bedeute zwar nicht, so Jürg Minger, Präsident des Schweizerischen Landmaschinen-Verbands (SLV), dass der Bauer oder die Bäuerin bloss noch das Gefährt zu starten brauche, dann „ab ins Bett und fertig“. Schliesslich müsse der Feldroboter regelmässig mit Saatgut, Dünger oder Pflanzenschutzmittel gefüllt werden. Um viele Arbeitsgänge muss sich der Landwirt allerdings nicht mehr kümmern. Der Landwirt kann ein solches Gerät tatsächlich selbst in der Nacht für ihn arbeiten lassen – wobei es wegen seiner geringen Geräuschentwicklung gegen kein Nachtruhegesetz verstösst – und kann wegen seines leichten Gewichts selbst bei Regen und Nässe zum Einsatz kommen.

Für die heimische Landwirtschaft

Es gibt schon heute vernetzte Landmaschinen, die einzelne Aufgaben automatisch erledigen, zum Beispiel Mähdrescher, die fortlaufend den Ertrag berechnen. Solche Maschinen werden zunehmend grösser und breiter, um auf riesigen Anbauflächen möglichst effizient eingesetzt zu werden. In der Schweiz herrschen jedoch kleinere Flächen vor, zudem oft in hügeligem Gelände. Wer, wie Bernhard Streit und Kurt Hug, einen Roboter für die heimische Landwirtschaft konstruieren will, muss also auf diese Gegebenheiten Rücksicht nehmen. Damit verbunden ist jedoch die Frage, ob in der Schweiz die Nachfrage gross genug sein wird, damit sich die Produktion finanziell lohnt.

Streit und Hug gehen davon aus, dass der Einsatz ihres Feldroboters samt Zubehör dereinst nicht teurer zu stehen kommen wird als die Anschaffung eines grossen Traktors. Einsparungen könnten im Übrigen gemacht werden, wenn mehrere Landwirte ein solches Gerät gemeinsam anschaffen. Der SLV-Präsident Minger glaubt aus Erfahrung, dass die Kosten einer solchen Entwicklung erst ab einer gewissen Stückzahl gedeckt werden können. Grundsätzlich findet er aber sinnvoll, was in Zollikofen und Biel entwickelt wird. Zudem: Es gibt auf der Welt noch andere Länder, in denen Landwirte hügeliges Land bewirtschaften und nicht schier grenzenlose Felder wie beispielsweise in den USA oder Argentinien.

Überzeugungsarbeit nötig

Die Entwickler Streit und Hug sind von ihrer Arbeit überzeugt und können dabei auch auf finanzielle Drittmittel von Bund und Kanton zählen. Was die potenziellen Anwender betrifft, wird allerdings noch einige Überzeugungsarbeit nötig sein. So hat eine Umfrage des Verbands Schweizer Gemüseproduzenten unter seinen Mitgliedern ergeben, dass diese sich entweder „nichts unter einem Feldroboter vorstellen können oder keinen solchen möchten“. Bei den Kartoffelproduzenten will man zuerst wissen, wie sicher, zuverlässig und kostenintensiv das Endprodukt sein wird. Hannah Hutter vom Schweizerischen Getreideproduzentenverband sieht durchaus die Vorteile von wendigen, leichtgewichtigen und umweltfreundlichen Feldrobotern, glaubt aber, dass diese „aufgrund der hohen Investitionskosten in der Schweiz, mit den vielen kleinen und mittleren Betrieben, wahrscheinlich eher in Maschinengemeinschaften oder Nachbarschaftskooperationen eingesetzt werden. Zudem sehen wir seine Verwendung eher in Spezialkulturen.“

Martin Leutenegger, lid