Eigentlich wollten Sepp und Anna Dissler aus Wolhusen ihr bisheriges Bauernhaus sanieren, zumal vor Jahren Fenster und Fassaden erneuert wurden. Im Verlaufe eines intensiven Prozesses entschieden sie sich, auch aufgrund der geringen Raumhöhen und der anstehenden Hofnachfolge, Ende 2017 aber für Abriss und einen Ersatzneubau. Anfang 2018 führten sie erste Gespräche mit Behörden und informierten sich auch über Holzbauweisen.

Gute Ausnutzung des Holzes

Nach vielen Projektideen und Abklärungen gaben sie schliesslich im Herbst 2018 das Baugesuch ein. Die Bewilligung traf zügig ein, im Frühjahr 2019 wurden zuerst die neue Remise und ein vorgeschriebenes Löschwasserbecken erstellt, danach im Sommer das alte Haus abgerissen und mit dem Neubau gestartet. Dieser war Ende 2019 aufgerichtet, und vor wenigen Wochen, im September 2020, bezugsbereit. «Wir sollten doch Baumaterial nutzen, das wir selber besitzen», begründet Sepp Dissler, selber Eigentümer von 9 ha Wald und Präsident der Waldorganisation RWG Fontannen, die Holzbauweise.

Er habe sich über viele Jahre in verschiedenen Tätigkeiten intensiv mit Wald und Holz auseinandergesetzt, schon als Präsident des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbands, und erlebte auch die Situation nach dem Sturm Lothar 1999. Auch gab er im kantonalen Parlament mit einer Motion den Anstoss zur Neuorganisation des Luzerner Waldes. Dank dieser Motion konnten die Regionalen Organisationen gegründet werden. Zudem wohnten Disslers schon vorher in einem Holzhaus und schätzen das Wohlbefinden.

Die Familie beschäftigte sich für ihr Bauprojekt lange mit Holz, informierten sich auch über Bauen mit Vollholz, was sie faszinierte. Denn so können gute und schlechtere Holzqualitäten verbaut werden, die nicht mehr sichtbar sind. So kam er auf die Firma Küng Holzbau in Alpnach OW, welche als eine von wenigen in der Schweiz auf dieses System setzt.

 

Betrieb Altmoos

Betriebsleiter: Sepp und Anna Dissler
Ort: Wolhusen 
Flächen: 47 ha auf zwei Betrieben, davon 13 ha Ackerbau, 9 ha Wald
Tierbestand: 70 GVE Rindvieh, davon 45 Milchkühe; 60 Zuchtschweine, 200 Mastschweine
Arbeitskräfte: Betriebsleiterpaar, Bruder angestellt, Sohn Lukas (50 % Nebenerwerb bei Landi). Stammbetrieb wird 2021 an Lukas übergeben, angrenzender Zweitbetrieb an Sohn Christoph.

 

Käferholz als Bauholz

Das Holz-Pur-System ermöglicht eine bessere Ausnutzung des Rohstoffes Holz. Konkret: keine verleimten Platten, sondern nur Holzbretter, mit Buchendübeln zu Platten verbunden. So wurde das Projekt mit dem Holzbauer zusammen entwickelt.

Holz stösst auf Sympathie

Der zonenkonforme Ersatzneubau wurde noch nach Art 24 c Raumplanungsgesetz bewilligt, musste mit gleichem Grundriss und Volumen erstellt werden. Zugestanden wurden die Betriebsleiterwohnung, ein Altenteil, den inzwischen Sepp und Anna Dissler ­bewohnen, sowie eine kleine Wohnung für einen Angestellten, insgesamt rund 400 m2. Bewilligt wurden aufgrund eines Businessplans auch ein Verarbeitungsraum und ein Hofladen im EG. Dissler hat im Umgang mit den Behörden festgestellt, dass ein Bau in Holz auf mehr Sympathien stösst und weniger Diskussionen auslöst.

Disslers nutzten viel eigenes Holz: Von den 800 m3 verbautem Rundholz stammen 600 m3 aus dem eigenen Wald. Zudem wurden 120 m3 Käferholz aus Romoos LU zugekauft. Zum richtigen Zeitpunkt gefällt, könne solches durchaus für Vollholzelemente verwendet werden. Das sei gerade in der jetzigen Zeit mit viel Käferholz ein grosser Vorteil des Systems.

«Ein Holzbau stösst bei den Bewilligungsbehörden auf mehr Sympathie.»

Sepp Dissler über seine Erfahrungen mit den Amtsstellen.

Mondholz ist widerstandsfähiger

Sepp Dissler informierte sich auch intensiv über das Thema Mondholz. Dieses soll weniger anfällig auf Schädlingsbefall sein und die Wohnqualität erhöhen. Gefällt wird solches Holz an sogenannten «Lostagen» über den Winter. Weil es aber nicht möglich war, so viel Holz ab November 2018 an diesen wenigen definierten «Lostagen» zu schlagen, wurde an diesen Tagen vorerst am Stamm die Rinde eingekerbt, um den Saftfluss zu stoppen. So konnte später flexibel gefällt werden. Erstaunlicherweise bestätigte ihm später die Sägerei Dahinden, dass sein Holz in der Tat viel zäher – weil trockener – zu sägen war.

Nur Holz in der Wand

Die Aussenwände des Hauses bestehen lediglich aus zwei Vollholzelementen von je 21 cm Dicke, zusammen somit 42 cm stark. Keine zusätzliche Isolation, keine zusätzliche Fassadenschalung. Lediglich das Treppenhaus ist gemauert, und die Kellerdecke besteht aus Beton. Wobei die entsprechende Platte nicht auf das Fundament gestellt, sondern dazwischen eingelegt ist, sie hängt somit zwischen den Kellerwänden. Das verhindere Kältebrücken, zumal keine Aussenisolation besteht.

Auch der Bodenaufbau ist beeindruckend. Auf die 21 cm dicke Grundplatte aus Vollholz ist eine Fermacellplatte verlegt, darauf eine Lattung und dazwischen rund 8 cm Agrokalk zur Schalldämmung. «Wir brachten rund 40 t im ganzen Haus ein.» Darauf folgt eine 3 cm dicke Holzfaserplatte, danach eine 2 cm dicke Trittschalmatte, dann kommen ausgefräste Buchenbretter, in welche die Bodenheizung eingelegt ist, und schliesslich ein Buchenriemenboden, so dass der gesamte Deckenaufbau über 40 cm ausmacht. Auch beim Ausbau legten Disslers Wert auf Qualität, so mit massiven Buchenböden und -türen. Auch die Schränke sind aus Buche.

 

Es braucht Überzeugung

Der einheimische und nachwachsende Rohstoff Holz hatte früher noch viel mehr Bedeutung, die Vorfahren bauten alle mit Holz. Später wurde Holz beim Bauen vernachlässigt, bekommt jetzt aber dank neuen Technologien wieder mehr Aufschwung. Dass lange nicht viel mit Holz gebaut wurde, hänge sicher mit der lange fehlenden Erfahrung vieler Architekten zusammen, meint Landwirt Sepp Dissler. Teils sei diese Bauweise je nach Region auch unterschiedlich traditionell.  Und moderne Holzmaterialien waren in der Schweiz lange gar nicht erhältlich, erst in den vergangenen Jahren entstanden entsprechende Werke in den Sägereien. «Es braucht von Bauherren bei der Planung früh ein klares Bekenntnis zum Bauen mit Schweizer Holz, sonst wird es schwierig», mahnt  Dissler. Er rät auch, als Bauherr wenn möglich zeitliche Ressourcen für das Projekt einzusetzen, Dissler hat die Bauleitung selbst übernommen und erbrachte auch viele Eigenleistungen. Häufige Präsenz auf der Baustelle ermögliche viele pragmatische Lösungen und schaffe Vertrauen zu den Handwerkern. So könnten auch Kosten eingespart werden.

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Architekten und Planer besichtigten das neue Plattenwerk bei Schilliger in Haltikon bei Küssnacht. (Bild Lignum)

 

Etwas teurer aber besser

Bauen mit Holz sei sicher etwas teurer, wobei Vergleiche schwierig sind, weil so auch andere Materialien wegfallen, und der Innenausbau günstiger gehalten werden kann. Zudem konnte Dissler eigenes Holz zu guten Preisen anrechnen lassen. Gleichwohl schätzte er Mehrkosten von rund 10 Prozent gegenüber herkömmlichen Bauten. Allerdings sei das Wohlbefinden in einem Holzhaus sicher besser, ganz zu schweigen von der Nachhaltigkeit.

 

Holz ist der Baustoff der Zukunft

Das Potenzial für Holz am Bau wurde kürzlich an einer Veranstaltung von Lignum Holzwirtschaft Zentralschweiz Ende September aufgezeigt. Der Netzwerkanlass richtete sich besonders an Planer und Architekten. Es brauche nämlich noch viel Aufklärungsarbeit. «Planer und Architekten müssen befähigt sein, mit Holz zu bauen und die Bauherren vom nachwachsenden Bau- und Werkstoff Holz zu begeistern«, heisst es in der Medienmitteilung dazu.

Dauerhaftes Material

Referent Andreas Stump, Holzbauingenieur und Partner bei der Holzprojekt GmbH, räumte mit Vorurteilen auf, die es gegenüber dem Holzbau immer noch gebe. Und er zog das Fazit, dass Holzbauten gleich teuer oder gar günstiger sein könnten, planungssicher seien, dazu günstig im Unterhalt, sehr attraktiv und aussergewöhnlich, im Brandfall sicher, und zudem eine gute Kapitalanlage. Allerdings brauche es eine frühzeitige Planung, und die Bauherrschaft müsse früh einbezogen werden.   

Innovative Architektur baue heute auf Holz. Technisch könne Holz mit allen anderen Baumaterialien mithalten. Zwar sei Holz biologisch abbaubar, zersetzende Organismen könnten aber nur in einem feuchten Milieu tätig werden, betont Lignum. Auch die Feuerwehr habe heute lieber Holz, das brenne zwar, aber berechenbar. Und im Brandfall bleibe Holz viel länger tragbar und druckfester als Stahl und Beton.

Das Bauen mit Holz habe sich in den letzten Jahren stark verändert. Weniger gefragt ist rohes Schnittholz, dafür werden mehr verleimte Binder und Platten oder Vollholzmodule verwendet. Das hat ermöglicht, dass selbst Hochhäuser heute aus Holz erstellt werden können. In modernen Fabrikationsanlagen würden ganze Hausteile vorproduziert, samt Wärmedämmung, Leitungen, Fenster und Türen. Diese Systembauweise erfordere zwar eine sehr sorgfältige Planung, verkürze aber die Bauzeit enorm und könne so auch Kosten sparen. Holzbauten seien im übrigen viel flexibler umbaubar, erweiterbar oder aufstockbar als massiv gebaute Häuser.

Der einheimische und nachwachsende Rohstoff Holz habe deshalb eine wahre Renaissance erlebt, erklärte Christoph Starck, Direktor Lignum. So habe  sich Holz sogar einen starken Platz in städtischen Gebieten beim Bau von Mehrfamilienhäusern erkämpft. Der Zuwachs im Schweizer Wald lasse es zu, dass noch deutlich mehr
Schweizer Holz verwendet werden könnte.

Mehr Schweizer Holzprodukte

Auf Schweizer Holz setzt auch die grösste Schweizer Sägerei Schilliger in Haltikon. Am Netzwerkanlass wurde das neue Leim- und Plattenwerk besichtigt. Geschäftsführer Ernesto Schilliger wies darauf hin, dass dank der Grossinvestition und starker Automatisierung der Produktionsprozesse die Sortimente heute international konkurrenzfähig seien.

Wichtig sei die Weiterverarbeitung der Schnittware zu höhermargigen Produkten für den Holzbau. So können im neuen Werk auch grossformatige Platten hergestellt werden. Schon heute würden 40 Prozent des gesamten Rundholzeinschnittes in Haltikon von 220 00 Festmetern anschliessend zu Leimprodukten und Platten weiterverarbeitet, Tendenz stark steigend, erklärte Schilliger in einem Interview in «Wald und Holz».

Heute liege der Anteil von Schweizer Holz bei Holzbauten erst bei rund 40 Prozent. Neue Werke wie bei Schilliger können deshalb dazu beitragen, dass dieser Anteil künftig steigt.