Es riecht nach Landwirtschaft. Nein, nicht nach Kühen, Schweinen und frischer Silage. Sondern nach Mischfutter und Dünger von der nahen Landi, nach Diesel vom nahen Fendt-Importeur GVS Agrar und nach Wein von der nahen GVS Schachenmann AG im Industriegebiet von Herblingen nahe Schaffhausen. Hier in der grossen Weinkellerei arbeitet der angehende Weintechnologe Tön Staubli. Den suchen wir. Vom Empfang werden wir in den grossen, kühlen, feuchten Weinkeller im Untergeschoss verwiesen. Voll mit mächtigen chromstählernen Tanks, im Gang und in einem weiteren Raum lagern Dutzende von Barriques und noch viel grössere Holzfässer. Pumpen laufen, Wasser plätschert, wir suchen Tön. Da steigt ein junger Mann aus einem grossen Metalltank.

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Traditionsreiche Kellerei

Der 19-jährige Zürcher aus Grafstal absolviert beim Ostschweizer Weinproduzenten sein drittes und letztes Lehrjahr. Die GVS Weinkellerei Schaffhausen wurde 1934 gegründet, 1997 erfolgte die Fusion mit der traditionsreichen Kellerei Schachenmann. 120 Weinbauern aus der Region verkaufen ihre Trauben an die Kellerei, welche daraus eine grosse Vielfalt an Weinen herstellt und an den Handel, die Gastronomie und in der eigenen Vinothek an Private vermarktet.

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Steckbrief
 
Name: Tön Staubli
Alter: 19 Jahre
Wohnort: Grafstal ZH
Lehrjahr: Im 3. Lehrjahr als Weintechnologe EFZ
Ausbildungsbetrieb: GVS Weinkellerei Schachenmann in Schaffhausen SH

Faszination Enzianwurzeln

DossierDossier«Lehrling des Jahres 2024»Freitag, 12. April 2024 Als Raum für das Interview wählt Tön Staubli den Weinkeller voller Holzfässer, setzt sich auf eines drauf und beginnt zu erzählen. Den Beruf habe er gewählt, weil ihn die Alkoholzubereitung schon immer fasziniert habe. Schon in der Kindheit habe er selber mitgeholfen, Enzianwurzeln auszugraben, und erlebte, wie daraus Schnaps bereitet wurde. Später hatte er Gelegenheit, in einer Gin-Destillerie zu schnuppern. So entschied er sich für Weintechnologe, um selber aus Trauben so ein schönes Genussmittel wie Wein herstellen zu können.

Aufgewachsen ist er zusammen mit drei Brüdern im Züribiet, in nichtbäuerlichen Verhältnissen. Als Kinder seien sie in den Ferien immer in Disentis gewesen und hätten dort auf einem Bauernhof mitgeholfen, erläutert Tön seinen Bezug zur Landwirtschaft.

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«Beim Lehrling des Jahres mache ich mit, weil mir mein Chef sagte, ich sei der beste Lehrling, den die Schweiz dieses Jahr hat, und ich doch da unbedingt mitmachen soll», sagt Tön selbstbewusst.

Selber Getränk herstellen

Die Berufsschule absolviert er zusammen mit allen Deutschschweizern im Weinbauzentrum in Wädenswil ZH, sein Lieblingsfach sei klar die Weinbereitung.

Den ersten Wein nach der langen Reifung aus einem Eichenfass entnehmen, im Glas begutachten und den ersten Schluck degustieren, das sei die schönste Arbeit. Und sich dann sagen zu können: «Hey, du hast diesen Wein gemacht, du kannst voller Stolz dahinterstehen.»

Seine Zukunft sieht er als Weintechnologe. Auch wenn der Weinkonsum rückläufig sei, seien innovative und qualitativ hochstehende Weine immer gefragt. «Mein persönliches Ziel ist es, den Jungen den Wein wieder näherzubringen.» Die Weinindustrie sollte revolutioniert werden, indem auch ganz andere und neue Geschmäcker gefördert und so neue Kundenkreise angesprochen werden.

5 Fragen an Tön
 
Welche Superkraft hättest du gerne? Selber fliegen können, um schnell von einem Ort zu einem anderen zu gelangen.
Welches sind deine Lieblingstiere? Der Löwe, weil er so mächtig und der König der Tiere ist.
Dein Lieblingsessen? Ich habe alles gerne; mir kann man alles auftischen.
Deine liebste Arbeit? Im Keller erstmals aus einem Holzfass den neuen Wein degustieren.
Was machst du weniger gern? Weine aus den Barriques «verschneiden» und daraus eine Assemblage machen.

Gegen «Fruit Waste»

Als Hobby nennt Staubli seine eigene junge Firma Pulpamulpa GmbH in seinem Wohnort Grafstal (weitere Infos: www.pulpamulpa.ch.) Das innovative Start-up stellt Getränke aus der Kakaofrucht her. «Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, Fruit Waste zu bekämpfen.» Heute würden nur 30 Prozent der Kakaofrucht in der Schokoladenindustrie verwendet. Der Rest, weltweit jährlich 10 Mio t, würden verschwendet, heisst es auf seiner Website. Pulpamulpa habe es sich zur Mission gemacht, diese Verschwendung zu beenden und 100 Prozent zu nutzen.

Auf die Idee sei er Ende 2022 bei einem Besuch im Museum «Lindt Home of Chocolate» in Kilchberg am Zürichsee gekommen. Dort wurde aufgezeigt, wie durch eine Fermentation die Bohne vom Fruchtfleisch getrennt wird und so Alkohol entsteht. Wieso daraus nicht gleich ein alkoholisches Getränk herstellen, dachte sich Tön. Schon im Januar 2023 begann er, mit dem Fruchtfleisch zu tüfteln, und im Frühjahr lancierte er «Cacoboa», einen Kakaofruchtwein, im Herbst 2023 bereits das zweite Produkt, «Pulpoca», ein mit fünf Prozent leicht alkoholhaltiges Erfrischungsgetränk aus der Dose. Kakaofruchtwein, Wasser und Zucker seien darin und verzaubern die Sinne, heisst es auf der Dose. Geschmacklich sei es eine Kombination von saftiger Grapefruit, zartem Honig und exotischer Litschi.

Jungunternehmer mit Plänen

Erst im Januar dieses Jahres gründete er mit einem Kollegen die Pulpamulpa GmbH. «Es macht doch Freude, etwas Eigenes zu kreieren, kein Massenprodukt, sondern etwas Einzigartiges, zum Geniessen», schwärmt Tön.

«Wählt deshalb mich als Lehrling des Jahres, wenn ihr am Wochenende an einer Party etwas Gutes zum Trinken haben wollt», empfiehlt sich Tön und verschwindet wieder hinter der Türe in den Weinkeller.

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[IMG 2]«Lehrling des Jahres 2024»
2021 hat die BauernZeitung erstmals einen Lehrling des Jahres gekürt. Die Auszeichnung stellt motivierten Berufsnachwuchs ins Zentrum. Zehn von Ihnen stellen wir Ihnen im Rahmen der Suche nach dem «Lehrling des Jahres 2024» vor. Wer den Titel schlussendlich tragen wird, bestimmen Sie in einer Leser-Abstimmung ab dem 13. Mai.
Weitere Informationen und alle Porträts finden Sie im Dossier.

[IMG 3]Unsere Sponsoren
Bei «Lehrling des Jahres 2024» dürfen wir auf die Unterstützung von verschiedenen Partnern zählen. Die Förderung von Lernenden ist für sie eine Herzensangelegenheit. Die Hauptsponsoren 2024 sind agrisano, Ceres Media und Kärcher. Patronatspartner ist agriprof und Urech Lyss ist als Sachsponsor dabei.                                           Mehr zu unseren Partnern