Vom 26. April 1963 bis 11. Juli 1969 besuchte ich die Gesamtschule Ellbach in der Gemeinde Luthern im Kanton Luzern. Wie man anhand der Noten auf dem Foto sieht, war ich ein guter Schüler. In der fünften Klasse kassierte ich jedoch eine I–II beim «Betragen» anstatt der gewohnten Bestnote I.

Was war passiert?

Der Unterricht lief so: Der Lehrer Anton Schwegler unterrichtete alle Kinder von der ersten bis zur sechsten Klasse. Morgens um acht Uhr erklärte er den Mädchen und Buben der ersten Klasse die Rechenaufgaben, die sie zu erledigen hatten. Dann ging er weiter zur zweiten, dritten, vierten Klasse. In jeder Stufe gab es zwei bis sechs Kinder, in meiner Klasse waren wir damals zu fünft. Eines Tages arbeitete der Lehrer in seinem gewohnten Turnus bis zur vierten Klasse, wo er meinte: «Und jetzt kommen wir zur vierten Klasse, heute dividieren wir.» Es folgte grosses Gelächter, denn die beiden einzigen Schülerinnen der Vierten waren krank gemeldet. Der Lehrer meinte darauf: «Die vierte Klasse ist offensichtlich krank.» So ging es mit der fünften Klasse weiter.

Schwatzen statt zuhören kam nicht gut an

Durch den täglichen Ablauf der Schulstunden erfuhr ich, welche Aufgaben die anderen Schüler zu erledigen hatten. In den oberen Klassen langweilte ich mich, denn ich hatte den Stoff schon mehrfach gehört. Als Folge schwatzte ich mit meinem Banknachbarn Kurt, mit Monika und mit Annemarie, statt schweigsam dazusitzen. Unterbrochen wurde ich vom Lehrer Anton Schwegler, der vor mir stand und mir eine Ohrfeige verabreichen wollte, der ich aber blitzschnell auswich. Sofort schrie er mich an: «Du schreibst fünfzigmal den Satz: Ich darf während des Unterrichts nicht schwatzen.» Dann müsse ich das Blatt von meinen Eltern unterschreiben lassen, folgte der zweite Donnerschlag.

Die Mutter zu enttäuschen ist ausgeschlossen

Den Satz fünfzigmal zu schreiben, war kein Problem, doch die Strafaufgabe von Mutter unterschreiben lassen, das machte mir grosse Sorgen! Damals war sie für alle schulischen Sachen zuständig, denn mein Vater hatte schon genug zu tun mit den Kühen und Ärger mit dem Verpächter, der von Zeit zu Zeit mit der Kündigung unserer Pacht drohte. Meine Mutter hatte täglich viel Arbeit mit den Zuchtschweinen und dem Haushalt und sie war zudem der Ansicht, dass Hans ein Musterknabe in der Schule sei. Ich konnte sie also unmöglich enttäuschen!

Hänschen übt die Unterschrift anhand eine Vorlage

Am Abend half ich dem Vater im Stall. Bevor ich mit Ross und Wagen in die Käserei fuhr, schrieb ich in der Stube rasch fünfzigmal den verlangten Satz. Im Nussbaum-Büffet gab es einen kleinen Kalender, in welchen meine Mutter festhielt, wann unser Eber eine Sau der Nachbarn gedeckt hatte. Einmal Decken kostete 10 Franken, Ende Jahr wurde abgerechnet. Anhand dieses Kalenders übte ich Mutters Unterschrift und als ich sie flüssig schaffte, unterschrieb ich mit «Frau Rüssli». So blieb Mutter mein Schulärger erspart. Dafür steht in meinem Primarschulzeugnis 1967/1968 beim Betragen für alle Zeiten eine I–II statt eine I.[IMG 2]

Zur Person

Der Bauernbub Hans Rüssli wurde 1956 als drittältestes Kind geboren.