«Es gab doch schon früher eine Zeitung für die Bauern – haben Sie diese im Archiv für Agrargeschichte?» Diese Frage wird uns immer wieder gestellt.

Aber die Antwort lautet nicht Ja oder Nein, sondern: «Welchen Titel meinen Sie?», denn unsere Datenbank zu den Periodika im Agrarbereich enthält mittlerweile Angaben zu rund 700 Zeitungen und Zeitschriften.

Rund 200 Jahre landwirtschaftliche Presse

Periodisch erscheinende Publikationen, die sich vorwiegend mit landwirtschaftlichen Themen beschäftigten, gibt es in der Schweiz seit dem späten 18. Jahrhundert. Landwirtschaftliche Zeitschriften, die von Institutionen getragen wurden, die ein gesamtschweizerisches Publikum zu erreichen versuchten, entstanden allerdings erst nach der Gründung des Bundesstaates 1848.

Ein flüchtiger Revolutionär

Die erste Nummer der «Allgemeinen Schweizer-Bauernzeitung» erschien im Februar 1854, also vor genau 170 Jahren. Initiant, Herausgeber und Redaktor der ersten landwirtschaftlichen Zeitschrift, die den Namen «Bauernzeitung» im Titel trug, war Fritz Rödiger. Rödiger musste vier Jahre zuvor aus Deutschland fliehen, weil er dort im Zusammenhang mit seinem Engagement für die 1848er-Revolution zu einer 13-jährigen Zuchthausstrafe verurteilt worden war. Rödiger liess sich zuerst in Schaffhausen, ab 1856 im aargauischen Muri nieder. 1864 erwarb er den Weiherhof im solothurnischen Bellach, wo er fortan lebte.

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Rödiger war eine treibende Kraft

Fritz Rödiger gehörte in mehreren landwirtschaftlichen Vereinigungen zu den treibenden Kräften. So war er 1856 Initiant und Gründungsmitglied des Schweizerischen Bauernvereins, der sich 1863 mit den kantonalen landwirtschaftlichen Vereinen zum Schweizerischen Landwirtschaftlichen Verein (SLV) zusammenschloss.

Auch bei der im gleichen Jahr erfolgten Gründung des Schweizerischen Alpwirtschaftlichen Vereins und 1882 bei der Etablierung der Gesellschaft Schweizerischer Landwirte spielte der scharfsinnige Beobachter eine wichtige Rolle.

Neue Blätter sind gekommen

Die «Allgemeine Schweizer Bauernzeitung» bestand mit Unterbrüchen und unter variierenden Titeln bis 1880. Neben dem kampfeslustigen und belesenen Rödiger, der seine Gedanken elegant und präzise verschriftlichen konnte, spielte in der «Allgemeinen Schweizer Bauernzeitung» auch Albert von Fellen-berg-Ziegler eine wichtige Rolle. 1869 gründeten sie zusammen zudem den Schweizerischen Verein für Homöopathie.

Die «Allgemeine Schweizer Bauernzeitung» wurde ein Opfer ihrer eigenen Tätigkeit, erlebte das landwirtschaftliche Pressewesen in den 1860/70er-Jahren doch einen grossen Aufschwung. Dieser trug dazu bei, dass etablierte Blätter von neuen Publikationen verdrängt wurden. Und viele, die jetzt mit Erfolg eigene Organe herausgaben, hatten das publizistische Handwerk bei Rödiger gelernt, der 1909 vereinsamt in der Armenanstalt Worben bei Lyss verstarb.

Eine neue «Schweizerische Bauernzeitung» entstand 1901 als «offizielles Organ» des kurz zuvor gegründeten Schweizerischen Bauernverbandes. Es handelte sich um ein schlankes, aber während Jahrzehnten wichtiges Monatsblatt, das vielen bestehenden Publikationsorganen beigelegt wurde und so eine hohe Auflage erreichte, ohne dass es separat abonniert werden musste.

Prägende Köpfe hinter den Texten

Zu den prägendsten Redaktoren der deutschsprachigen Ausgabe gehörte Heinrich Abt, der vorher den «Genossenschafter», das Publikationsorgan des Volg, redigiert hatte. Abts Nachfolger als Redaktoren der «Schweizerischen Bauernzeitung» waren die ETH-Professoren Hans Moos und Oskar Howald, die dem Sprachrohr des SBV auch in wissenschaftlichen Kreisen zu einem Prestige verhalfen.

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Weil die «Schweizerische Bauernzeitung» in der Nachkriegszeit viel von ihrer einstigen Bedeutung verlor, wurde sie 1975 eingestellt.

«Unsere» heutige BauernZeitung 

Die heutige, je nach Kenntnisstand und Betrachtungsweise als dritte oder erste «BauernZeitung» wahrgenommene landwirtschaftliche Wochenzeitung erscheint seit 1994 im Verlag Schweizer Agrarmedien AG.

Sie entstand aus dem Zusammenschluss des Zentralblatts für Land- und Milchwirtschaft, dem Organ des damaligen Zentralverbandes Schweizerischer Milchproduzenten (heute SMP) und den Brugg-Informationen, die vom SBV ab 1975 als Ersatz für die «Schweizerische Bauernzeitung» verfasst worden waren.

In der jüngsten «BauernZeitung» aufgegangen sind auch kantonale Blätter wie der «Landwirt» oder regionale Publikationsorgane wie die «Innerschweizer Bauernzeitung». Ein Grund, weshalb die beiden ersten «Bauernzeitungen» sowohl innerhalb als auch ausserhalb der Landwirtschaft heute kaum mehr wahrgenommen werden, liegt darin, dass sie bislang nicht digitalisiert und online zugänglich gemacht worden sind.

Mehr Informationen zu den drei Bauernzeitungen und ihren Redaktoren unter www.histoirerurale.ch/pers