Bei Kontrollen seien immer wieder minimale Zäune festzustellen, meinte Pius Eggerschwiler, Vorstandsmitglied und Leiter der Regionaltagung Innerschweiz von Mutterkuh Schweiz. Das könne bei Unfällen unliebsame Folgen haben und er mahnte deshalb zu sicheren Einzäunungen, vor allem nahe Verkehrswegen, zum Schutz von Mensch und Tier. Darüber referierte Heinz Feldmann von der Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft (BUL). Er wies auf die Doppelfunktion von Zäunen hin. Die sollen die Weidetiere am Verlassen der Parzelle hindern und anderseits ungebetene Gäste wie beispielsweise Hunde, Wölfe oder Wanderer von den Tieren fernhalten.

Mit dem Wandel bei der Abgrenzung von Weiden und den Verkehrswegen hätten sich auch die Risiken erhöht. Feldmann nannte Stichworte wie ausgebrochene Rinder, welche auf Strassen oder Bahntrassees gelangen, oder Hunde auf Wanderwegen in Weiden.

Tierhalter in der Pflicht

Feldmann erinnerte an die Haftung der Tierhalter gemäss Art. 56 des Obligationenrechts, aber auch viele weitere Vorschriften wie das Wanderweg- oder Strassengesetz. Die Tier-halter müssten beweisen, dass sie alles richtig gemacht und ihre Sorgfaltspflichten eingehalten hätten, wenn es zu Schaden- und Versicherungsfällen komme. Das bedinge vorerst, mögliche Gefahren zu erkennen und aufgrund von Wissen und Erfahrung die richtigen Massnahmen zu treffen. «Das kann von einer Spaziergängerin nicht erwartet werden, der Tierhalter muss überlegen, was passieren kann.» Die BUL bietet dazu einen Ratgeber und auch der Schweizer Tierschutz habe Checklisten. «Haltet euch daran, denn bei Rechtsfällen werden diese Unterlagen konsultiert.» So sind Zäune der Tierart und den Risiken anzupassen. Wichtig sei auch regelmässiger Unterhalt der Zäune. «Wenn bei einem Schadenfall Fotos von defekten Isolatoren auftauchen, so wird der Unschuldsbeweis schon schwierig.» Bei Weidekontrollen sollte immer ein Messgerät mit dabei sein und auf genügende Spannung im Zaun geachtet werden.

Wanderwege müssten frei begangen werden können, Durchgänge und Übergänge seien gut sichtbar zu markieren. Das gilt auch für Elektrozäune. «Anzeigen wegen Stromschlägen haben so weniger Chancen.» Besondere Vorsicht gilt bei Kabeln über Verkehrswege. Gemäss Vorgaben von Elektrosuisse müssten solche eigentlich 60 cm im Boden oder 6 m über dem Boden gelegt werden, die Realität sei anders.

Besseres Gleichgewicht

Von einer guten Marktlage bei Natura-Beef und -Veal berichtete Daniel Flückiger, neuer Geschäftsführer von Mutterkuh Schweiz. Saisonal von Januar bis März sei das Angebot jeweils hoch, auch wegen vielen Frühjahrsabkalbungen. «Das hohe Angebot ist aber gut verkäuflich, der Absatz läuft vergleichsweise flüssiger, mit kürzeren Warte-Abholzeiten.» Einerseits wegen etwas weniger Tieren und früher Anmeldung, sodass sich die Wertschöpfungskette gut vorbereiten könne, auch mit Aktionen. Es werde aber weitere Massnahmen zu Glättung der Saisonalität brauchen, betonte Flückiger.

Fleisch aus Gras macht Sinn und ist nachhaltig
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Studien zur Nachhaltigkeit der Mutterkuhhaltung hätten gezeigt, dass diese Tiere doch nicht so schlecht für das Klima seien, meinte Daniel Flückiger. Der Verbrauch von fossilen Energien sei bei dieser Haltung gering, der Ausstoss von Methan-Gas naturbedingt. Wo Flächen nur mit Gras nutzbar seien, mache die Haltung von Wiederkäuern durchaus Sinn. Zudem sei bei der Beurteilung zu beachten, ob auf den Ausstoss von Treibhausgasen pro kg Fleisch oder pro ha fokussiert werde.  Jeder Betrieb sollte im Rahmen seiner Möglichkeiten Emissionen reduzieren, ob extensiv oder intensiv. Mutterkuh Schweiz will die Klimabilanz nun aber genauer berechnen, ein Projekt läuft dieses Jahr an und dauert bis 2027. Die Pilotbetriebe würden demnächst informiert.

Nachhaltigkeit bleibe eine Herausforderung, zumal immer mehr Unternehmen darauf setzen und das auch bei ihren Lieferanten voraussetzen. Über die Vorstellungen von Coop informierte Stefan Frehner, Leiter Klimastrategie. Der Grossverteiler sei seit Jahrzehnten Pionier für Nachhaltigkeit und heute wohl Leader bei den Ökoprogrammen und Beschaffungsrichtlinien. Man wolle auch bei den Lieferketten volle Transparenz und Rückverfolgbarkeit bei kritischen Rohstoffen. Biolandbau und Tierwohl stünden hoch im Kurs, auch wenn es teils Zielkonflikte zu Klimamassnahmen gebe.
Die grössten Emissionen entstünden bei den eingekauften Gütern, nur zu einem kleinen Teil in den eigenen Läden oder bei Transporten. «Der Hebel sind die Warenbezüge.» Es gelte auch, Food Waste zu vermeiden und beim Kaufverhalten der Konsumenten anzusetzen, meinte Frehner. Und für Nachhaltigkeit sei nicht nur auf den CO2-Ausstoss zu achten, sondern das Thema sei gerade in der Landwirtschaft sehr komplex. Frehner nannte Ziele wie Grasland, Tierwohl, Biodiversität oder Landschaftserhalt.

Die Komplexität zeigte sich in der Diskussion: Filets in Aktion aus Uruguay passten nicht zu Nachhaltigkeit, ebenso nicht die Senkung der Schlachtgewichte, damit könnten keine Emissionen eingespart werden, wurde kritisiert. «Die Coop-Einkäufer sollten mehr sensibilisiert werden.» Zudem könnten Grossverteiler mit angepassten Margen das Kaufverhalten durchaus steuern. Und Nachhaltigkeit umfasse das Zieldreieck Ökonomie, Ökologie und Soziales. Sobald ein Bereich übergewichtet werde, gehe das zu Lasten der anderen. Frehner äusserte Verständnis für die Kritik und wies darauf hin, dass es eben auch innerhalb des Konzerns viele Zielkonflikte gebe. Einig waren sich die Anwesenden, dass Fleischverzicht das Klima nicht rettet.

Futterhecken in Weiden

Agroforst habe positive Wirkungen für die Umwelt und den Betrieb, meinte Pirmin Adler aus Oberrüti AG. Der Mutterkuhhalter gewann letztes Jahr einen der Aargauer Förderpreise Agroforst für sein Projekt «Weide mit Nutzhecken».  Der Nutzen von Bäumen und Sträuchern in Feldern sei vielfältig. Produkte wie Früchte, Holz und Laub, Bodenverbesserung, Kohlenstoffbindung, besseres Mikroklima, vielfältiger Lebensraum.  Das früh geerntete Laub sei als Futtermittel nicht zu unterschätzen. So hätten die Blätter von Ulmen ähnliche Nährwerte wie Wiesenheu oder eine Luzernemischung, erklärte Adler. Er setze auf Futterhecken auch wegen den Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen mit gesundheits­fördernden Wirkungen. So hilft die Eberesche gegen Parasiten, die Weide wirkt entzündungshemmend. Ziel sei, dass dank den Futter­hecken auf dem Betrieb künftig ganz auf den Zukauf von Mineralstoffen verzichten werden kann. Die Hecken umfassen eine Vielfalt von Gehölzarten, und auch Obstsorten.  Insgesamt sind es inzwischen 1500 Gehölze, rund 1000 Meter Futterhecken, in Reihen in den Weideparzellen, alle 24 Meter, mit unterschiedlichen Bewirtschaftungstypen. Start der Pflanzung war im November 2022, jährlich sollen künftig mehr dazukommen.