2020 fuhren die Getreideproduzenten zum vierten Mal in Folge zufriedenstellende Erträge ein – insbesondere beim Brotgetreide. Fast 439’000 Tonnen Brotgetreide aus der Ernte 2020 gelangten auf den Markt, was die herrschende Überschusssituation noch verstärkte, da auch in den drei vorausgegangenen Jahren gute Ernten erzielt wurden. Auch die Futtergetreideernte 2020 lieferte gute Erträge und erreichte mit 558’000 Tonnen fast einen Rekord. Bei der Ölsaatenernte konnte die Rapsproduktion gesteigert werden, verpasste die zugeteilte Vertragsmenge von 99’000 Tonnen aber trotzdem um 11’000 Tonnen. Bei den Sonnenblumen und bei der Soja wurden mit 12’300 respektive 5’250 Tonnen gute Ernte mengen erreicht.

Schlechte Ernte zerrt an Reserven

Die diesjährige Erntesituation bei Getreide und Ölsaaten ist hingegen geprägt von tiefen Erträgen und tiefen Erntemengen. «Wie wir dieses Jahr gesehen haben, kann die Natur manchmal launisch sein und die Ernten können in kurzer Zeit erhebliche Verluste erleiden», sagte Präsident Fritz Glauser anlässlich der Delegiertenversammlung des Schweizerischen Getreideproduzentenverbands (SGPV-FSPC). Gleichzeitig erfahre die hiesige Landwirtschaft mit der anhaltenden Gesundheitskrise eine erhöhte Nachfrage nach inländischen Produkten und habe den lokalen Handel wieder entdeckt – eine Entwicklung die auch die Getreidebranche gespürt habe. Grundsätzlich steige die Nachfrage nach Getreide und sie steige weiter.

Nach vier Jahren mit Überfluss an Brotgetreide, müsse der SGPV dieses Jahr hingegen mit einem Produktionsmangel umgehen, der glücklicherweise von den Reserven kompensiert werden könne. Laut der Erntebilanz 2021 des SGPV fehlen rund 46’000 Tonnen Getreide für die menschliche Ernährung, die mit der vor der Ernte 2021 geschätzten Lagermenge zwischen rund 80’000 und 100’000 Tonnen aber aufgefangen werden können. Aktuell sei die angespannte Situation auf dem Getreidemarkt, sowohl in der Schweiz als auch in der EU, eine grosse Herausforderung für die Branche. Unter anderem sei bereits eine Erhöhung des Mehlpreises angekündigt worden und der SGPV erwarte von den Branchenpartnern korrekte Preise für die Ernte 2021.

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Mehr Raps und mehr Sonnenblumen

Auch die Ölsaaten werfen dieses Jahr kleinere, aber trotzdem gute Ernten ab. Beim Raps haben sich die Auswirkungen der Witterung sowie zusätzlich der erhöhte Schädlingsdruck in einer etwas tieferen Erntemenge bemerkbar gemacht: Gesamtschweizerisch gibt es eine rund 12 Prozent kleinere Rapsernte als im Vorjahr. Die Nachfrage nach Schweizer Raps bleibe ausserdem konstant hoch, illustrierte Pierre-Yves Perrin, Geschäftsführer des SGPV. Das sei auch auf das Umsatteln verschiedener Verarbeiter vom umstrittenen Palmöl auf Rapsöl zurückzuführen. So übersteigt die Nachfrage nach inländischem Raps das Angebot deutlich und das seit mindestens 2017. Dieses Jahr fehlen laut Zahlen des SPGPV rund 30’000 Tonnen. Die Verarbeitungskapazitäten der Schweizer Ölwerke ist allerdings limitiert und in der Branche seien Überlegungen im Gang, wie diese Kapazität erhöht werden könne. Daneben sei auch beim Sonnenblumenöl die Nachfrage zu spüren, dort sei die Herkunft allerdings weniger entscheidend – für nächstes Jahr gebe es hier aber eine leichte Erhöhung der Vertragsmengen.

Herausforderungen meistern

Grundsätzlich sei mit Ernteschwankungen wie dieses Jahr in Zukunft mit grösster Wahrscheinlichkeit noch vermehrt zu rechnen und die heimische Produktion werde mehr und mehr an Wichtigkeit gewinnen. Unter diesen Voraussetzungen werde es folglich aber auch Zeit, damit aufzuhören, die Schweizer Landwirtschaft für alles Übel verantwortlich zu machen. «Es wird Zeit, unsere Landwirtschaft als Teil der Lösung zu sehen», führte Fritz Glauser weiter aus. Durch die systematische Kritik an der Art wie die hiesigen Bäuerinnen und Bauern produzierten, werde es immer schwieriger die Produzentinnen und Produzenten zu motivieren, neue Massnahmen zugunsten des Klimas, der Biodiversität, der CO2-Massnahmen oder der Energieproduktion zu ergreifen. Gleichzeitig müsse die Schweizer Landwirtschaft unbedingt ihre Kommunikation verbessern: die Abstimmung zu den beiden Agrarinitiativen im Juni hätten gezeigt, dass die Schweizer Bevölkerung zu wenig über die Arbeit der Bäuerinnen und Bauern wisse. Hier müsse der Kommunikation, insbesondere über soziale Netzwerke, mehr Nachdruck verliehen werden, um einfache und positive Botschaften zu vermitteln.

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